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Rezension: Fokus Panofsky
(2019)
Der Literatur-, Kunst- und Frühneuzeithistoriker mit einem Schwerpunkt bei der Mittelalter- und Renaissanceforschung Dieter Wuttke (Jg. 1929), zuletzt von 1979 bis 1995 Inhaber des von ihm gegründeten Lehrstuhls für Deutsche Philologie des Mittelalters und der Frühen Neuzeit an der Universität Bamberg, ist den Lesern von IFB zuletzt mit der Rezension der dritten, ihm zum 80. Geburtstag gewidmeten Festschrift begegnet. Leser von IFB mit einem längeren Gedächtnis wissen freilich auch, dass er sich mit zentralen Figuren des Warburg-Kreises befasst hat, so insbesondere mit dem Gründer des Warburg-Instituts Aby M. Warburg (1866-1929), dessen Personalbibliographie er bearbeitet hat, sowie mit Erwin Panofsky (1892-1968), der nach Warburgs Tod zusammen mit Fritz Saxl eine der zentralen Figuren der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg in Hamburg war.
Sebastian Dobson, freier Wissenschaftler auf dem Gebiet der frühen Fotografiegeschichte Japans und Ostasiens, hat gemeinsam mit Sabine Arqué, Dokumentarin, Bildredakteurin und Autorin mit den Themenschwerpunkten Tourismus und Fotografie, eine umfangreiche Monografie zu Fotografien Japans um 1900 vorgelegt. Der mit mehr als 700 zu einem großen Teil kolorierten Fotografien reich bebilderte, mit englischen, deutschen und französischen Texten versehene Band „Japan 1900: A Portrait in Color“ lädt ein zu einer „Reise durch Japan um die Jahrhundertwende“.
Die Arbeit von Maren Jung-Diestelmeier, mit der sie 2016 an der Technischen Universität Berlin promoviert wurde und die im Jahr darauf im Göttinger Wallstein Verlag erschien, ist, soweit der Rezensent das mit seiner zugegebenermaßen beschränkten Expertise auf dem Feld zu beurteilen vermag, ein großartiger Beitrag zur Stereotypenforschung. Das verwundert nicht angesichts dessen, dass die Dissertation von Werner Bergmann, bis 2016 Professor für Soziologie am Zentrum für Antisemitismusforschung, betreut wurde. Der Band macht sicher nicht zu Unrecht den Auftakt der vom ZfA herausgegebenen Reihe „Studien zu Ressentiments in Geschichte und Gegenwart“.
Maria Schindelegger legt mit ihrem Buch „Die Armierung des Blickes. Margaret Bourke-Whites Fotografien aus dem Zweiten Weltkrieg“ ein umfassendes Werk zu einem spannenden Abschnitt in der ereignisreichen Karriere der US-amerikanischen Fotografin Margaret Bourke-White (1904-1971) vor. Bourke-White zählt nicht nur zu einer der Pionierinnen im Fotojournalismus des letzten Jahrhunderts, sondern stilisierte sich selbst auch zum schillernden Medienstar. Davon zeugt nicht zuletzt ihre 1963 erschienene Autobiografie, die wochenlang auf der Bestsellerliste der „New York Times“ rangierte. In der Fachliteratur wird Bourke-White gemeinhin als die Frau rezipiert, die Männer wie Winston Churchill vor ihre Kameralinse lockte und die Stalin beim Fotoshooting zum Lächeln brachte.
Rezension: Martina Winkler, Panzer in Prag. Der fotografische Blick auf die Invasion von 1968
(2018)
Das Protestjahr 1968 ist ohne die Fotografien, die damals in den Bildjournalen der westlichen Welt kursierten, heute nicht mehr zu denken. Längst hat sich ein visuelles Narrativ dieses annus mirabilis verfestigt, das als Chiffre stellvertretend für die politische und kulturelle Revolte der langen 1960er Jahre steht.In ihrem Essayband „Panzer in Prag“ unternimmt Martina Winkler es, diese bekannten Motive im Kontext des ungleich vielfältigeren Korpus an fotografischen Sujets der seinerzeit professionell wie privat tausendfach abgelichteten Geschehnisse historisch zu interpretieren. Sie leistet damit Pionierarbeit, denn obwohl Fotografien des Prager Frühlings und seiner Niederschlagung besonders nach 1989 vielfach veröffentlicht worden sind, waren sie bislang noch nicht Gegenstand einer kritischen Betrachtung.
Geht es um die Kunst des Nationalsozialismus, geht es in der Regel auch um Arno Breker. Hitlers Lieblingsbildhauer ist der wohl bekannteste Vertreter der offiziell anerkannten deutschen Kunst zwischen 1933 und 1945 und auch dank seiner langen Nachkriegskarriere eigentlich immer noch für einen Skandal gut, wie die Schweriner Ausstellung im Jahr 2006 zeigte. Braucht es da wirklich noch eine weitere Publikation, die sich mit diesem Künstler beschäftigt? Nach Lektüre der überarbeiteten und erweiterten Fassung der von Patrick Neuhaus bei Michael Wildt an der Humboldt-Universität Berlin vorgelegten Magisterarbeit muss diese Frage eindeutig bejaht werden. Es handelt sich um eine Spezialuntersuchung zur Breker-Ausstellung im Musée de l’Orangerie im besetzten Paris 1942, die einer der prominentesten Aspekte von Brekers Biografie ist.
Der Kunsthistoriker Peter Geimer zeichnet in seinem jüngsten Buch mit dem griffigen Titel „Die Farben der Vergangenheit“ die Entwicklungen und Veränderungen der „visuellen Repräsentation von Geschichte“ seit dem 19. Jahrhundert nach. Eröffnet wird die Darstellung mit kenntnisreich und flüssig geschriebenen Kapiteln zur Historienmalerei, die zeigen, wie sich die Malerei im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Idee, Wirklichkeit abzubilden, veränderte. Fortan galt es, detailliert und so genau wie möglich, Ereignisse wiederzugeben, die sich im besten Falle durch Zeitzeugen bzw. Augenzeugen oder originale Objekte belegen ließen. Anja Tack rezensiert im Visual-History-Beitrag das neu erschienene Werk.
Das bislang unveröffentlichte Manuskript von Soupaults Reportage „über Westdeutschlands Vertriebenen- und Flüchtlingsproblem“ aus dem Jahr 1950, an deren Abdruck damals weder US-amerikanische noch französische und schweizerische Zeitungen interessiert waren, und die zugehörigen Fotoaufnahmen sind nun erstmals in einem sehr ansprechend gestalteten Band im Heidelberger Verlag Das Wunderhorn publiziert worden. Herausgeber ist Manfred Metzner, der Nachlassverwalter der 1996 in Versailles verstorbenen Soupault, deren Bilder zuletzt in der Ausstellung „Das Auge der Avantgarde“ im Zeppelin Museum Friedrichshafen gezeigt wurden.
Das Titelbild, ein Standfoto aus dem Film Mooi Holland von 1915, zeigt eine junge Frau in Tracht mit der weißen Haube, die bei Leser*innen in Deutschland wahrscheinlich Assoziationen an die Werbefigur Frau Antje und deren Karikatur wachrufen. Auf welchen historischen Grundlagen solche Klischees basieren, hat Sarah Dellmann auf der Basis von (Bewegt-)Bildern aus dem langen 19. Jahrhundert untersucht.
In den vergangenen Jahren hat das Thema der Translokation von Objekten, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Verlagerung von Kunstwerken, und der Frage ihrer Restitution eine stärkere Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung erhalten. Mit „Beute. Ein Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe“ gesellt sich nun eine Übersicht der visuellen Repräsentation von Kulturgutverlagerungen unter asymmetrischen Machtverhältnissen und deren Folgen zum größer werdenden Reigen von Publikationen zu diesem Themenkomplex hinzu. Der „Bildatlas“, zusammen mit einer Anthologie von Texten zum Thema, ist die erste Publikation der Ergebnisse des von 2017 bis 2020 von Bénédicte Savoy an der Technischen Universität in Berlin geleiteten Forschungsclusters translocations – Historical Enquiries into the Displacement of Cultural Assets.