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Die Liste der Wohltaten, mit denen die Deutsche Arbeitsfront (DAF), die mitgliederstärkste und finanzkräftigste Massenorganisation des Dritten Reiches mitsamt ihrer wichtigsten Suborganisation, der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" (KdF) das deutsche Volk zu erfreuen gedachte, ist lang. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass die DAF mit KdF die größte massentouristische Organisation des Dritten Reiches besaß, außerdem wie eine riesige Theater-, Konzert- und Unterhaltungsagentur fungierte, sich in größeren Dimensionen dem sozialen Wohnungsbau widmete, einkommensschwächeren 'Volksgenossen' den Erwerb eines erschwinglichen PKW in absehbarer Zeit versprach usw. usf. Diese Wohltaten wurden natürlich nicht uneigennützig gewährt oder in Aussicht gestellt. Im Folgenden interessiert der hinter ihnen stehende Eigennutz. Oder, um es paradox und im NS-Jargon zu formulieren: deren nationalsozialistischer 'Gemeinnutz', das 'volksgemeinschaftliche Gemeinwohl'-Konzept, die Prämissen und Zielsetzungen, die die DAF mit ihrer 'Dienstleistungspolitik' verfolgte.
Das in seinen quantitativen wie qualitativen Dimensionen bereits von den Zeitgenossen oft unterschätzte Wirtschaftsimperium der "Deutschen Arbeitsfront" (DAF) ist als Untersuchungsgegenstand an den Schnittstellen von Wirtschafts-, Politik- und Sozialgeschichte angesiedelt. Der folgende Beitrag knüpft dabei an die nicht zuletzt von Hans Mommsen aufgeworfene Frage an, in welchem Verhältnis Nationalsozialismus und Modernität bzw. Modernisierung standen. Die gewerkschaftsnahen Genossenschaften und Unternehmen bildeten traditionell bis 1933 zentrale Klammern für den Zusammenhalt der sozialistischen Milieus. Von der DAF im Frühjahr 1933 geraubt und dann zu einem gigantischen Konzern ausgebaut, führt deren Indienstnahme auf ein weiteres Grundproblem der NS-Forschung, das Ausbleiben eines Massenwiderstands gegen die NS-Diktatur, hin, das neben Tim Mason, Detlev Peukert und anderen ebenfalls Hans Mommsen wiederholt diskutiert hat: Warum hat sich gegen die NS-Diktatur kein Massenwiderstand formiert?
Atomisierung, Entmündigung, Zwangsorganisation. Arbeitsrecht und Arbeitsverfassung im Dritten Reich
(2013)
Die Arbeitsverfassung des Dritten Reiches zielte in ihrem Kern auf die "vollkommene Atomisierung der deutschen Arbeiterklasse", so der sozialdemokratische Politikwissenschaftler Franz Leopold Neumann 1942 in seinem berühmten "Behemoth". Und in den Deutschland-Berichten der SOPADE hieß es bereits 1935: "Das Wesen der faschistischen Massenbeherrschung ist Zwangsorganisation auf der einen, Atomisierung auf der anderen Seite." Atomisierung und eine zugleich repressive wie sozialpaternalistische Integration der Arbeitnehmerschaft in eine rassistisch definierte "deutsche Volks- und Leistungsgemeinschaft" - in diese Formel lassen sich auch die Grundintentionen fassen, nach denen das NS-Regime die neue Arbeitsverfassung und ebenso das Arbeitsrecht zu strukturieren versuchte. Was aber heißt dies konkret? Wie erfolgreich waren das Hitler-Regime und die nationalsozialistischen Arbeitsrechtler bei der Verwirklichung dieser Ziele? Zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang außerdem, ob (und inwieweit) sich die Arbeitsmarktkonstellationen, (sonstige) Tarifverhältnisse und innerbetriebliche Sozialbeziehungen auf Dauer überhaupt autoritär-zentralistisch regulieren lassen.
Die Strukturen wie die Ressourcenkonstellationen in der Wissenschaftslandschaft 1930 bis 1945 sind wesentlich durch vier Aspekte charakterisiert: (1.) durch den Primat der Kriegsrelevanz, (2.) durch eine institutionelle, vorgeblich polykratische Zersplitterung, der reichsdeutschen Wissenschaftslandschaft - die ihrerseits den Hintergrund für das von der älteren Historiographie aufgestellte Diktum der vermeintlichen Ineffizienz der Forschung während des "Dritten Reiches" abgab - , (3.) durch eine doppelte Ressourcenverschiebung innerhalb des Gesamtkomplexes der Wissenschaften und (4.) durch die Expansion der reichsdeutschen Wissenschaften auf dem Rücken der Wehrmacht ab 1938.
Die "Arbeiterverbrüderung" war eine unter maßgeblicher Federführung des Buchdruckers Stephan Born und des Goldschmieds Ludwig Bisky im Hochsommer des europäischen Revolutionsjahres 1848 ins Leben gerufene Mischung aus Gewerkschaft und früher Arbeiterpartei. Förmlich gegründet wurde die Arbeiterverbrüderung von insgesamt 34 stimmberechtigten und fünf beratenden Delegierten während eines dem Anspruch nach nationalen, tatsächlich jedoch in erster Linie norddeutschen Kongresses, der vom 23. August bis zum 3. September 1848 in den Räumlichkeiten des Berliner Handwerkervereins tagte. Zweck und Ziel dieses Kongresses war es, die im Frühjahr und Sommer 1848 in zahlreichen deutschen Städten entstandenen Ansätze berufsübergreifender, quasi gewerkschaftlicher Arbeiterorganisationen zusammenzufassen und gleichzeitig den Forderungen der in den deutschen Staaten noch schwachen sozialistischen Bewegung einen möglichst repräsentativen Ausdruck zu verleihen.
»Staat« und »Wissenschaft«, die beiden Zentralkategorien des Titels dieses Aufsatzes, scheinen auf den ersten Blick eindeutig. Sie sind es jedoch keineswegs. Bevor auf die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) und ihre Geschichte während des »Dritten Reiches« eingegangen werden kann, soll deshalb zunächst in groben Zügen geklärt werden, was die Begriffe »Staat« und »Wissenschaft« während der NS-Zeit bedeuteten.
Das Revolutionsjahr 1848 markiert den Aufbruch in die Moderne. Nicht zuletzt Berlin wurde zum Schauplatz einer fundamentaldemokratischen Bewegung bis dahin unbekannten Ausmaßes, in Dimensionen, wie sie - so muß man leider ergänzen - in den folgenden eineinhalb Jahrhunderten in den an traditionsbildenden demokratischen Ereignissen armen deutschen Staaten eine seltene Ausnahme geblieben sind.
In der Forschung zum "Dritten Reich" wird häufig von "Verwaltungskonfusion", Zerrüttung und Zerfall des Staates gesprochen, von Chaos, allgemeinem Wirrwarr, "Desorganisation" oder "irrationalen Organisationsformen", so dass man sich verwundert die Augen reibt und fragt, wie dieser angebliche 'Nicht-Staat' innerhalb kurzer Zeit einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung induzieren und schließlich fast sechs Jahre lang einen Weltkrieg gegen mindestens ökonomisch weit überlegene Gegner führen konnte. Tatsächlich ist das Diktum von Zerfall des Staates zu kurz gegriffen. Was sich auflöste, war der klassisch-moderne Staat - der Staat mit mindestens im Groben verfassungsrechtlich wie politisch-praktisch abgeklärten, auf Dauer angelegten arbeitsteiligen Kompetenzen zwischen den Institutionen, mit rechtsförmig geregelten, überpersönlichen Verwaltungsgängen, mit eindeutigen und vergleichsweise festgefügten, also nur begrenzt fluiden Hierarchien. Diese Form der Staatlichkeit löste sich auf. Was in Deutschland 1936, 1939 oder 1941 existierte, waren jedoch nicht lediglich staatliche Trümmer. Es bildete sich vielmehr eine neue, ganz eigenartige politische Struktur heraus, eine neue Variante von Staatlichkeit, die nur sehr begrenzt Vorbilder kannte. Um diese neue Staatlichkeit geht es im folgenden.
Am 13. Mai 1939, also ein gutes Vierteljahr vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, ließ Robert Ley, Reichsorganisationsleiter der NSDAP und Chef der Massenorganisation Deutsche Arbeitsfront, unter dem Titel „Nachlese und Bilanz vom 1. Mai 1939", in der nationalsozialistischen Tageszeitung „Der Angriff' einen Leitartikel publizieren. ...