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Wer es wieder oder erstmals zur Hand nimmt, dem fällt sofort auf, wie flott sich das handliche Buch mit seinen 180 Seiten und weit über 50 Abbildungen und Tabellen lesen lässt. Kurz und bündig formuliert das Team um Dennis Meadows bereits in der Einführung seine Grundaussage: Rasches Handeln sei erforderlich, denn wenn „die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht“ (S. 17). Dieser Schlussfolgerung lagen etwa 18 Monate Forschung und ein computergestütztes Weltmodell zugrunde, mit dessen Hilfe Ursachen und Folgen exponentiellen Wachstums anhand der genannten fünf makroökonomischen Basistrends und ihrer Wechselwirkungen berechnet werden sollten.
Zu keinem Zeitpunkt wurde der „kurze Traum immerwährender Prosperität“1 intensiver und farbiger geträumt als zu Beginn der 1970er-Jahre. Mit Karl Schillers ökonomischer Globalsteuerung hatte die Große Koalition das Instrumentarium keynesianischer Konjunkturregulierung in ihre Wirtschaftspolitik integriert. Und als die Mini-Rezession von 1966/67 rasch überwunden werden konnte, schien es, als sei der kapitalistische Drache endgültig in Bande geschlagen und in einen Goldesel verwandelt. Ein langfristig stabilisiertes Wirtschaftswachstum würde steigende Einkünfte aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen bewirken und so die finanziellen Grundlagen sozialliberaler Reformpolitik dauerhaft sicherstellen. Das war die große Utopie.
Wenn man ein Buch nennen müsste, das am meisten zum Zerfall der Sowjetunion beigetragen hat, stünde Solženicyns „Archipel Gulag“ sicher an vorderer Stelle. Aleksandr Isaevič Solženicyn, Jahrgang 1918, war als Offizier wegen einiger abfälliger Briefzeilen über Stalin 1945 verhaftet worden und brachte acht Jahre in sowjetischen Lagern und Haftanstalten zu. Nach seiner Freilassung wurde er nach Kasachstan verbannt und 1956 rehabilitiert. Mit der Publikation der Erzählung „Ein Tag im Leben des Ivan Denisovič“ (1962) gelangte er rasch zu literarischem Ruhm, sah sich aber mit dem Ende des sowjetischen „Tauwetters“ seiner Publikationsmöglichkeiten zunehmend beraubt. Seit 1958 hatte er an dem monumentalen „Archipel Gulag“ gearbeitet, dies aber geheimgehalten. Als der KGB im August 1973 das Manuskript beschlagnahmte, ließ Solženicyn den ersten Band im Pariser Emigranten-Verlag YMCA-Press veröffentlichen. Der zweite und der dritte Band erschienen 1974 und 1976. Im Jahr 1985 folgte eine einbändige, gestraffte Fassung des Werks. In der Sowjetunion konnte der „Archipel Gulag“ erst 1989 veröffentlicht werden. Solženicyn war 1974 aus der Sowjetunion ausgewiesen worden und lebte im amerikanischen Exil, bis er 1994 nach Russland zurückkehrte.
„The values of Western publics have been shifting from an overwhelming emphasis on material well-being and physical security toward greater emphasis on the quality of life.“ Schon im ersten Satz proklamierte der amerikanische Politikwissenschaftler Ronald Inglehart die Essenz seiner Analyse der „stillen Revolution“ in den westlichen Industriegesellschaften. Dass sich sozialkulturell seit den 1960er-Jahren einiges verändert hatte, lag zwischen Kritik und Apologie der „68er“, den Debatten um Ostpolitik und Abtreibung und einem veritablen Kulturkampf um Bildungsreformen und Bildungsstandards gleichsam auf der Hand. Überlagert durch das Spannungsverhältnis zwischen der „Modernisierungsideologie“ der 1960er- und einer vielbeschworenen „Tendenzwende“ an den „Grenzen des Wachstums“ in den mittleren 1970er-Jahren, war die Hauptrichtung dieses Wandels indessen schwer erkennbar. Inglehart schlug eine Schneise durch dieses sozialkulturelle Dickicht: Nachdem er schon 1971 von einer Veränderung der Werteprioritäten in den westlichen Gesellschaften gesprochen hatte, legte er 1977 eine Monographie vor, die bald zu einem Klassiker der Soziologie avancierte.
„Die Kosten, die beim ‚Transfer‘ theoretisch fundierter Geschichtswissenschaft zum lesenden Publikum durch Fachjargon und Abstraktion entstehen könnten, dürfen zwar nicht übersehen werden; umgekehrt sind die Nachteile traditioneller Geschichtsschreibung, z.B. in Schnabels ‚Deutscher Geschichte im neunzehnten Jahrhundert‘, so deutlich zu erkennen, daß ich bei einer Güterabwägung die Vorzüge einer explizit theoretisch argumentierenden Geschichtswissenschaft für größer als eventuelle Verständigungsschwierigkeiten halte.“ (Hans-Ulrich Wehler, Diskussionsbeitrag, S. 170). Neuerliche Lektüre steckt nicht selten voller Überraschungen. Das ist auch bei der Wiederannäherung an die „Theorien in der Praxis des Historikers“ der Fall. Als junger Bielefelder Student hatte ich den Sammelband von 1977 neugierig verschlungen, ehe, gegen Ende der Studienzeit, das Unbehagen an gewissen Grenzen des Bielefelder Theoriebegriffs gewachsen war und die Suche nach befriedigenderen konzeptionellen Entwürfen losging.
In der Forschung zum "Dritten Reich" wird häufig von "Verwaltungskonfusion", Zerrüttung und Zerfall des Staates gesprochen, von Chaos, allgemeinem Wirrwarr, "Desorganisation" oder "irrationalen Organisationsformen", so dass man sich verwundert die Augen reibt und fragt, wie dieser angebliche 'Nicht-Staat' innerhalb kurzer Zeit einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung induzieren und schließlich fast sechs Jahre lang einen Weltkrieg gegen mindestens ökonomisch weit überlegene Gegner führen konnte. Tatsächlich ist das Diktum von Zerfall des Staates zu kurz gegriffen. Was sich auflöste, war der klassisch-moderne Staat - der Staat mit mindestens im Groben verfassungsrechtlich wie politisch-praktisch abgeklärten, auf Dauer angelegten arbeitsteiligen Kompetenzen zwischen den Institutionen, mit rechtsförmig geregelten, überpersönlichen Verwaltungsgängen, mit eindeutigen und vergleichsweise festgefügten, also nur begrenzt fluiden Hierarchien. Diese Form der Staatlichkeit löste sich auf. Was in Deutschland 1936, 1939 oder 1941 existierte, waren jedoch nicht lediglich staatliche Trümmer. Es bildete sich vielmehr eine neue, ganz eigenartige politische Struktur heraus, eine neue Variante von Staatlichkeit, die nur sehr begrenzt Vorbilder kannte. Um diese neue Staatlichkeit geht es im folgenden.
Warum ist der keine fünf Jahre nach dem Ende des SED-Regimes erschienene Aufsatzband „Sozialgeschichte der DDR" ein Meilenstein der historischen Forschung zum untergegangenen ostdeutschen Staat? Vor allem deshalb, weil dort differenzierte Fragestellungen und Arbeitshypothesen formuliert wurden, die die Forschung zur DDR bis heute prägen. Die einzelnen Beiträge vereint die Frage, wie sich die Geschichte der DDR in die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts einordnen lässt, ob die Brüche oder doch eher die Kontinuitäten überwogen und wie sich die historischen Vörprägungen durch die NS-Diktatur auf den verschiedenen Ebenen von Staat und Gesellschaft bemerkbar machten. Der Gesichtspunkt der nationalen Pfadabhängigkeit wird in immer wieder neuer Perspektive aufgegriffen: Die Autoren diskutieren neben den Ähnlichkeiten mit der NS-Diktatur Aspekte des Systemvergleichs und der Systemkonkurrenz der DDR mit der Bundesrepublik; aber auch die Weimarer Republik und selbst das Kaiserreich werden keineswegs ausgeblendet. Kursorische Vergleiche mit anderen ost- und westeuropäischen Ländern erlauben schließlich wichtige Thesen über das spezifisch „Deutsche" in der DDR-Geschichte.
Thomas Klein untersucht die Politisierung der Geschichte der „Unabhängigen Friedensbewegung" und der politisch-alternativen Gruppen in Ost-Berlin während der 80er Jahre. In diesem Zeitraum entwickelten pazifistische Gruppierungen innerhalb der evangelischen Kirche und Teile der in den 70er Jahren entstandenen politischen Opposition neue Formen der Zusammenarbeit, die in der „Unabhängigen Friedensbewegung" wirksam wurden. Der Autor untersucht die Inhalte des oppositionellen Handelns und das veränderte Selbstverständnis der Gruppen. Er zeigt auf, wie sich dieses Geflecht politisch alternativer Gruppen der unabhängigen Friedens-, Ökologie- und Menschenrechtsbewegung zum bedeutendsten Segment im oppositionellen Spektrum in der DDR entwickelte.
Weitere Untersuchungsschwerpunkte sind der Wandel der staatlichen Repressions- und Herrschaftstechniken sowie die Ausnutzung der divergierenden Interessen der oppositionellen Akteure durch die Sicherheitsorgane oder andere Instanzen der Staatsmacht. (Klappentext, siehe: https://zzf-potsdam.de/de/publikationen/frieden-gerechtigkeit)
Verlagtext Böhlau, siehe: http://www.boehlau-verlag.com/978-3-412-14206-3.html: "Ossip K. Flechtheim (1909–1998) war Politologe, Rechtssoziologe, Historiker und Mitbegründer der Zukunftsforschung. Der in der Ukraine geborene Forscher und Universitätslehrer wirkte in Deutschland, der Schweiz und den USA. Sein Leben wurde durch die Brüche und Katastrophen des 20. Jahrhunderts geprägt.
Flechtheim schrieb über Kardinalprobleme seiner Zeit: Krieg und Frieden, Demokratie und Diktatur, Faschismus und Antifaschismus, Kommunismus und Nord-Süd-Konflikt. Er war ein Wegbereiter des Faches Politische Wissenschaft in Deutschland und befasste sich schon früh mit dem Verhältnis von Ökonomie und Ökologie."
Vernetzung um jeden Preis. Zum politischen Alltagshandeln der Generalverwaltung im "Dritten Reich"
(2007)
Wie stand die Generalverwaltung der KWG zum NS-Regime? Welches Verhältnis entwickelte umgekehrt das NS-Regime, genauer: entwickelten die wissenschaftspolitisch einflußreichen Institutionen der Diktatur zur KWG? Diese Fragen lassen sich nur beantworten, wenn man die Netzwerke der zentralen Akteure der Wissenschaftsgesellschaft und ihrer Generalverwaltung als politischem Kern der KWG genauer unter die Lupe nimmt.