Transnationale Geschichte
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (29)
- Online Publication (5)
- Book (3)
- Part of a Book (2)
Has Fulltext
- yes (39) (remove)
Is part of the Bibliography
- yes (39) (remove)
Keywords
- Deutschland (DDR) (2)
- Amerikaner (1)
- Außenpolitik (1)
- Berlin (West) (1)
- Deutschland (Bundesrepublik) (1)
- Entwicklungsländer (1)
- Geschichte 1945-1955 (1)
- Geschichte 1945-1994 (1)
- Geschichte 1965-1990 (1)
- Internationale Kooperation (1)
Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland im Kalten Krieg.
Seit den späten 1960er Jahren entstanden in vielen westlichen Ländern zivilgesellschaftliche Initiativen, die Teile der »Dritten Welt« unterstützten. Auch in der Bundesrepublik engagierten sich zahlreiche Solidaritätsgruppen für politisch Verfolgte in lateinamerikanischen Diktaturen, gegen die rassistische Ordnung in Südafrika oder für den Aufbau sozialistischer Reformprojekte in Nicaragua. In der DDR entstand dagegen eine staatlich initiierte internationale Solidarität. Sie leistete ebenfalls Hilfe vor Ort und basierte auf einer massenhaften Unterstützung. Mitunter entstanden auch hier unabhängige Aktionen.
In diesem Buch untersucht eine internationale Autorengruppe die Ziele und Praktiken der internationalen Solidarität in Ost- und Westdeutschland zur Zeit des Systemkonflikts. Die Solidarität fassen sie als grenzübergreifende Praxis im Kalten Krieg und betrachten besonders Lateinamerika und das südliche Afrika. Deutlich werden dabei vielfältige transnationale Kooperationen, die über den Menschenrechtsdiskurs hinaus reichten. Ebenso werden die Grenzen vieler Initiativen erkennbar, deren Scheitern und die damit verbundene Enttäuschung.
Von Feinden zu Freunden? Eine Geschichte der US-Militärpräsenz in West-Berlin und der transatlantischen Beziehungen.
In den Nachkriegsjahren entstand eine Meistererzählung, die noch heute die Geschichte der Beziehungen zwischen West-Berlin und den USA prägt: Die sowjetische Blockade 1948/49 habe die USA zur wichtigsten »Schutzmacht« des bedrohten »Vorpostens der Freiheit« inmitten der DDR werden lassen. Aus den einstigen Feinden seien damals Freunde geworden, die erst abzogen, als ihre Mission 1989 /90 erfüllt war. Dieser linearen Erfolgsgeschichte stehen Bilder von Protesten gegen den Vietnamkrieg oder im Umfeld der Besuche des US-Präsidenten Ronald Reagan diametral entgegen.
Stefanie Eisenhuth fügt diese widersprüchlichen Elemente zu einer neuen Erzählung zusammen, die sowohl die Höhe- als auch die Tiefpunkte des transatlantischen Verhältnisses erörtert. Sie fragt nach der Wahrnehmung und Deutung der US-Militärpräsenz sowie nach den Bedingungen des deutsch-amerikanischen Zusammenlebens in einer Stadt, die eine räumliche Abgrenzung nur bedingt erlaubte und zudem von enormer symbolischer Bedeutung war. Sie analysiert Begegnungen auf offizieller und informeller Ebene, individuelle und inszenierte Freundschaftsbekundungen, organisierte Proteste und Konflikte in West- sowie in Ost-Berlin zwischen 1945 und 1994.
Im Bereich der Transformationsforschung wird bisweilen den Geschichtswissenschaften noch keine eigenständige Rolle zugedacht. So werden etwa in der Einleitung eines Handbuchs zur Transformationsforschung zwar „welthistorische“ Beispiele von gesellschaftlichen und politischen Transformationen zur, wie es heißt, „Horizonterweiterung“ dargestellt. Allerdings wird die Historiografie dort nicht zu dem breiten, von Politik- sowie Kultur- über Rechts- bis hin zu Sozial- und Wirtschaftswissenschaften reichenden Feld der mit Transformationsforschung befassten Disziplinen gezählt. Und gerade die quantifizierende Darstellung von gesellschaftlichem Wandel, also dessen eher zahlenmäßige und datenbasierte Beschreibung, wird immer noch vornehmlich als Domäne der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften betrachtet.
Den Ostdeutschen wird oft vorgehalten, dank ihrer DDR-Vergangenheit nicht in der Demokratie angekommen zu sein. Die statistischen Daten scheinen eindeutig: So bewerten die Ostdeutschen die Demokratie kritischer, Minderheiten werden weniger akzeptiert und knapp ein Fünftel der Ostdeutschen nennt, unter bestimmten Umständen, eine Diktatur als beste Staatsform. Zudem ist die Wahlbeteiligung niedriger, während rechte Parteien stärker reüssieren. Ebenso sind Ostdeutsche seltener Mitglied in Parteien oder Vereinen.
Gerade weil derartige Zahlen so eindeutig wirken, sollten wir sie auch in der künftigen zeithistorischen Erforschung kritischer diskutieren. Denn erstens fällt auf, dass andere Statistiken, die mehr Ähnlichkeiten zwischen Ost und West aufzeigen, weniger Aufmerksamkeit finden.
Nach dem Ende der DDR in Ostdeutschland und im gegenwärtigen Großbritannien zeigt sich ein ähnliches Phänomen: In nicht geringem Umfang wurde das Eigentum an Häusern und Wohnungen vom Grundeigentum getrennt. Anders formuliert: Jemand war zwar Haus- oder Wohnungseigentümer*in, aber besaß nicht den Boden, auf dem das Haus stand. Manchmal wussten die Haus- oder Wohnungseigentümer*innen nicht einmal, wem das dazugehörige Grundstück gehört. Daraus entstanden Abhängigkeiten, Ungleichheiten und Konflikte. Wie aber konnte die privateigentumsfördernde britische Politik, vor allem unter Margaret Thatcher, und die privateigentumsstörende DDR-Politik zu ähnlichen Effekten führen? Und macht ein solcher, eher unkonventioneller Vergleich überhaupt Sinn?
Drei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung im Oktober 1990 rücken deren oft nur schwer überschaubare Nachgeschichten mit Macht wieder ins Blickfeld von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Fortbestehende Ost-West-Differenzen sowie populistische Wahlerfolge werden als Symptome einer noch immer nicht erreichten „Inneren Einheit“ gedeutet. Dementsprechend finden sich Behauptungen und Vermutungen über „Ostdeutsche“ derzeit wieder gehäuft – sei es in Talkshows, in Zeitungen, im Internet, auf Familienfesten oder auch am Stammtisch. Sehr schnell wird dabei die ostdeutsche Vergangenheit zur Erklärung gegenwärtiger Probleme sowie fortbestehender Differenzen herangezogen. Während ein Lager die mentalen Langzeitfolgen sowie das schwierige Erbe der repressiven SED-Diktatur hierfür verantwortlich macht, verweisen andere vehement auf die durch neoliberale Transformationsstrategien ausgelösten, schockartigen Umbruchserfahrungen nach 1990. Gerade jenseits dieser beiden geschichtspolitischen Pole lohnt ein differenzierter Blick auf die jüngste Vergangenheit. Die Frage steht im Raum, was die zeithistorische Forschung zu dem Thema Neues beitragen kann. In diesem Dossier wollen wir eine facettenreiche Bestandsaufnahme aktueller geschichtswissenschaftlicher Forschungen zu Beginn des erwartbaren Jubiläumsreigens 2019/20 wagen und eruieren, welche neuen Deutungsangebote es gibt. Zugleich geht der Blick über die eigene Disziplin hinaus, indem danach gefragt wird, was andere von der Geschichtswissenschaft erwarteten oder erhofften.
»Die deutschen Juden, denen die neue Wendung nicht unerwartet kommen kann, haben ihre innere Ruhe und Würde zu wahren. Es ist selbstverständlich, daß das deutsche Judentum sich gegen jeden Versuch der formalen und tatsächlichen Entrechtung und Depossedierung mit allen Mitteln und aller Energie zur Wehr setzen wird. Diesen Kampf kann nur ein Judentum führen, das von unbeugsamem Stolz auf sein Volkstum erfüllt ist. Mit Versuchen der Anpassung und Selbstverleugnung ist es vorbei.«
Destination Vergangenheit. David Lowenthals Panorama geschichtskultureller Aneignungen (1985/2015)
(2021)
»The Past is a Foreign Country« ist ein Zentralmassiv der Heritage Studies, der Cultural and Historical Geography und der Public History. Das 1985 erschienene Buch nimmt populäre Zugänge und Formen der Bewahrung und Repräsentation der Vergangenheit in den Blick; dabei spannt es den Bogen von der Gegenwart bis zurück in die Renaissance. Lowenthal zitiert mit seinem Titel den britischen Schriftsteller Leslie Poles (L.P.) Hartley (1895–1972), der seinen Roman »The Go-Between« (1953) mit den Worten begann: »The past is a foreign country; they do things differently there.« Schon die Umschlagbilder legen eine Reise in ferne Vergangenheiten nahe und wecken zugleich den mit dem (Geschichts-)Tourismus verbundenen Exotismus, der aus dem Fremden ebenso wie aus dem Vergangenen das unberührt-unverfälscht Natürliche und Authentische macht. Die Destinationen, die Lowenthal bei seiner Reise in vergangene Geschichtskulturen aufsuchte, lagen vor allem im Vereinigten Königreich, in Nordamerika und im westlichen Europa. Das Buch durchzieht die These, dass alle populären Versuche, die Vergangenheit möglichst authentisch zu bewahren, zu rekonstruieren, darzustellen oder wahrzunehmen, auf die eine oder andere Weise zum Scheitern verurteilt sind, dass sich aber gerade aus der Formbarkeit der Vergangenheit ihre identitätsbildende Kraft erschließt.
Zeit seines Lebens hat sich Stanisław Lem (1921–2006) dagegen verwehrt, Science-Fiction-Autor genannt zu werden. Natürlich war er selbst an dieser Etikettierung nicht ganz schuldlos, denn wer einen Großteil seiner literarischen Sujets in außerirdische Welten verlagert, von denen »Robotermärchen« und »Sterntagebücher« künden, dem mag es leicht passieren, dass er im Regal des Buchladens neben Perry Rhodan landet. Doch hat Lem nicht allein futuristische Szenerien entworfen. Sein erster Roman »Das Hospital der Verklärung« war ein überaus realistisches Werk, noch dazu mit dem Blick in einen historischen Abgrund: Beschrieben wird die Konfrontation eines jungen polnischen Arztes mit dem Patientenmord an den Bewohner*innen einer Nervenheilanstalt während des Zweiten Weltkrieges durch die deutschen Besatzungstruppen. Dieser Erstling ist hinter den Spiralnebeln der späteren Bestseller des Autors lange Zeit weitgehend verborgen geblieben. Doch ist die Darstellung nicht allein aufgrund ihrer literarischen Qualität bedeutsam, sondern stellt, 1948 geschrieben, eine der ersten intellektuellen Reflexionen des nationalsozialistischen Krankenmordes dar. Vor allem trägt der Text zur Erhellung einer wesentlichen biographischen Dimension von Stanisław Lem bei: seiner eigenen und familiären Erfahrung von Gewaltherrschaft und Besatzungszeit.
Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Im Jahr 2019, 30 Jahre nach der deutschen Einheit, wird er in Berlin, an der Schnittstelle von Ost und West, zum ersten Mal als gesetzlicher Feiertag begangen. Zur Zeit der deutschen Teilung feierte man in der Bundesrepublik den Mutter- und in der DDR den Frauentag. Ohne hier auf ihre ursprünglichen Motivationen und Entwicklungen eingehen zu können, drängen sich hinsichtlich der beiden unterschiedlichen Bezeichnungen Assoziationen zu den Frauenbildern in beiden deutschen Staaten auf, die ihre Auswirkungen bis heute zeigen.
„Die Geschichte kehrt an ihre Schauplätze zurück, wird anschaulich und lebendig - und rückt wieder in die Nachbarschaft großer Literatur“, heißt es im Klappentext von Karl Schlögels Buch „Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik“. Dies ist konventionelle Verlagswerbung, charakterisiert die Arbeiten des 1948 geborenen Historikers aber sehr treffend. Schlögel, der seit 1994 den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) innehat, bemüht sich seit langem darum, die Städte und Regionen des östlichen Europas wieder ins westliche Bewusstsein zu bringen, und er tut dies auf eine Weise, die nicht nur für das Fachpublikum interessant ist.1 Für seine Bücher hat Schlögel diverse Auszeichnungen erhalten; in diesem Herbst werden ihm der Georg-Dehio-Preis des Deutschen Kulturforums östliches Europa sowie der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen.
Den Grundton setzt ein Paukenschlag: Für den Philosophen und Theologen Ivan Illich (1926–2002) war die »Zunft der Ärzte [...] zu einer Hauptgefahr für die Gesundheit geworden« (S. 9). Polemisch, metaphernreich, in einer polarisierenden und mitunter auch prophetischen Sprache trug Illich Mitte der 1970er-Jahre die These vor, dass der medizinische Fortschritt in seiner Gesamtbilanz nicht zu besseren Gesundheitsverhältnissen geführt habe. Vor allem das Krankenhaus erschien ihm als Verkörperung mannigfacher Fehlentwicklungen moderner Industriegesellschaften und ihrer Heilsversprechen. Illichs sprachgewaltige Kritik richtete sich gegen eine medikale Kultur, die durch die Macht staatlich privilegierter professioneller Experten und ihrer Versuche bestimmt sei, »alle Krankheiten mithilfe von technischen Erfindungen in den Griff zu bekommen« (S. 56). Strenger als Illich, so bilanzierte der »Spiegel«, habe »noch keiner den Medizinmännern die Leviten gelesen«.
Kürzlich hat Hans Günter Hockerts darauf verwiesen, dass in der sich diversifizierenden „jüngeren“ Zeitgeschichte Fragen nach Migration neben Geschlecht, Generation oder Konsum einen Aufschwung nehmen - womit die zeithistorische Forschung allgemeinen historiographischen Trends folgt. Dies ist ganz wesentlich Klaus J. Bade zu verdanken, der seit den späten 1970er-Jahren auf die Bedeutung der Migration von Polen und polnisch-russischen Juden nach Preußen und später in das Deutsche Reich für die Konstituierung der deutschen Nation hingewiesen und daraus allgemeinere Überlegungen zur Migration als Thema der Sozialgeschichte entwickelt hat. Auch durch das von ihm geleitete Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) wurde der Stellenwert der historischen Migrationsforschung in der deutschen Geschichtswissenschaft erhöht. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass Migration in der deutschen Zeitgeschichte eher als Spezialfeld bzw. als randständiges Phänomen der Sozial(staats)geschichte angesehen wird.
Herfried Münkler, seit 1992 Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin, betrachtet Imperien als „eine Form von Problembearbeitung neben der des Staates und anderen Organisationsformen des Politischen“. Idealtypisch unterscheidet er zwischen dem „pluriversen Ordnungsmodell der Politik“, d.h. einer von mehr oder weniger gleichberechtigten Staaten ausgehandelten Weltordnung, und dem imperialen, d.h. von einer klaren Vormacht bestimmten Ordnungskonzept. Dieser Gegensatz könne auch und gerade viele Konfliktlagen des 20. Jahrhunderts erklären. Anders als die Imperialismustheoretiker, die imperiale Herrschaftsformen seit Ende des 19. Jahrhunderts auf unterschiedliche Weise kritisiert haben, fragt Münkler zunächst einmal wertfrei nach den Merkmalen von Imperien, den Quellen ihrer Macht, ihren Stabilitätsbedingungen und Techniken der Krisenbewältigung sowie nach den Ursachen ihres Scheiterns. Sein universalhistorischer Blick reicht vom Imperium Romanum über das Mongolenreich, die frühneuzeitlichen See-Imperien und das russische Zarenreich bis zum heutigen Europa und den USA.
Für den „Kalten Krieg“ gibt es eine Vielzahl von Definitionen und historiographischen Zugängen. In der Regel ist die Epoche zwischen 1947 und 1989/91 gemeint, wobei die Zeit ab 1917 als Vorspann oder auch die Transformationsphase nach 1991 mitunter in die Betrachtung einbezogen werden. Der Kalte Krieg wird häufig als ein „Weltanschauungskrieg“ charakterisiert, der durch die Bipolarität der Supermächte und ihrer jeweiligen politischen Allianzen, die atomare Aufrüstung und den stets angedrohten, aber in Europa nie offen ausgetragenen militärischen Konflikt gekennzeichnet war, während gleichzeitig Stellvertreterkriege in der so genannten Dritten Welt entfacht wurden. Die Zeit des Kalten Krieges bzw. des Ost-West-Konflikts und der Teilung Europas ist inzwischen gut erforscht, wegen des wachsenden Zeitabstands in der breiteren Öffentlichkeit aber nicht mehr allgemein präsent. Deshalb hat eine international zusammengesetzte Gruppe von Politikern und Wissenschaftlern im Juni 2008 den Aufruf zur Gründung eines „Museums des Kalten Krieges - Teilung und Befreiung Europas“ formuliert, das am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie eingerichtet werden soll. Auch unabhängig von der Frage, ob dieser Plan letztlich Erfolg haben wird, ist eine Debatte lohnend, wie sich die Epoche des Kalten Krieges museal präsentieren und verständlich machen lässt.
Um Genaueres über die friedliche Revolution in der DDR zu erfahren, muss man nicht lange in Büchern suchen; für viele Fragen reicht der schnelle Klick ins Internet. Sofort stößt man auf eine Reihe deutschsprachiger Themenportale, die auf hohem Niveau Auskunft geben – sowohl über die Chronologie der Ereignisse vom Herbst 1989 in der DDR als auch über die Faktoren, die zum Umbruch führten. Einige dieser Portale bieten sogar eine große Fülle an Bildern und Dokumenten. Hier zusätzlich fremdsprachige Internetportale zu bemühen ist nicht unbedingt erforderlich.
Mit dem Übergang zum 21. Jahrhundert stellt sich die Frage nach den spezifischen Konturen des vergangenen 20. Jahrhunderts. Je nach Perspektive lassen sich unterschiedliche Aspekte herausarbeiten, die das letzte Jahrhundert über die Epochengrenzen hinweg entscheidend geprägt haben. Wenn Zeithistoriker versuchten, das – „kurze“ oder „lange“ – 20. Jahrhundert auf einen Begriff zu bringen, nannten sie es beispielsweise das „Zeitalter der Extreme“, „A Century of Genocide“, das „Jahrhundert des Industrialismus“ oder auch das „Zeitalter der (Hoch-)Moderne“, welches sich durch umfassendes technokratisches Ordnungs- und Planungsdenken ausgezeichnet habe. Unumstritten dürfte sein, dass der Fordismus und die damit verbundenen betrieblichen Rationalisierungsbewegungen ebenso zu den markanten Signaturen des vergangenen Jahrhunderts gehören wie die mit dem Fordismus verknüpfte Vision, gesellschaftliche Interessenkonflikte sozialtechnisch regulieren zu können. Darüber hinaus sollten die Volkswirtschaften, die Gesellschaften, die Städte und die Menschen analog zu den maschinengesteuerten Prozessen in den Fabriken rationalisiert werden, um eine größtmögliche Effizienz zu erzielen. Viele dieser technischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Bestrebungen verbanden sich bereits für die Zeitgenossen mit dem Namen des US-amerikanischen „Automobilkönigs“ Henry Ford.
Der Aufsatz leistet anhand des deutschen Beispiels einen Beitrag zur historischen Analyse von Ordnungsmodellen des 20. Jahrhunderts. Dem Schlagwort „Fordismus“ sollen mit Blick auf den Produktionsbereich schärfere Konturen gegeben werden. Zugleich wird der Akzent jedoch darauf gelegt, den Fordismus als Herrschaftstechnik in einem breiteren Sinne zu verstehen. Zunächst geht es um die Anfänge von Taylorismus und Fordismus sowie die Auswirkungen auf die Zusammensetzung der betroffenen Belegschaften, sodann um die Verbindungen des Fordismus mit unterschiedlichen politischen Systemen. Fordistische Elemente finden sich sowohl in demokratischen als auch in diktatorischen Kontexten. Diskutiert wird deshalb, wie fordistische, auf Rationalisierung und Effizienzsteigerung ausgerichtete Arbeitszusammenhänge die Macht- und Herrschaftsverhältnisse beeinflussten und welche Widerstandsformen sich entwickelten. Ein Ausblick richtet sich auf den so genannten Postfordismus, die „neuen Produktionskonzepte“ und die Frage nach der Zukunft des Fordismus.