Zeithistorische Forschungen
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(2018)
»Hitler has won another victory at Bermuda […].« So kommentierte die Zeitung der zionistischen Arbeiterbewegung in den USA, »The Jewish Frontier«, die Bermuda-Konferenz vom April 1943. Was war passiert? Nach der Konferenz von Evian im Juli 1938 (und ihrem ernüchternden Ergebnis) war dies der zweite Versuch, mit einer internationalen Konferenz die Frage der jüdischen Flüchtlinge zu klären. Doch wie bereits 1938 am Genfer See, als sich außer der Dominikanischen Republik alle Teilnehmerstaaten weigerten, jüdische Flüchtlinge aufzunehmen, kam auch auf Bermuda keine Lösung zustande, obwohl an den mörderischen Absichten und Praktiken Nazi-Deutschlands 1943 kein Zweifel mehr bestand. Der World Jewish Congress (WJC) hatte für die Gesandten eine Informationsmappe zusammengestellt, die die nationalsozialistische Vernichtungspolitik darlegte und zum entschlossenen Handeln aufrief. Doch die Gesandten der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, die auf der britischen Inselgruppe im Nordatlantik zusammenkamen, um über die Aufnahme europäischer Juden zu verhandeln, begruben die Idee einer groß angelegten Rettungsaktion rasch. Beide Staaten begnügten sich mit Symbolpolitik und kleinteiligen Maßnahmen. Zwar wurde das Intergovernmental Committee on Refugees (ICR) reaktiviert, welches nach der Evian-Konferenz gegründet worden war und sich größtenteils als ineffektiv herausgestellt hatte. Doch blieb das ICR auch für den Rest des Krieges unbedeutend.
Wolfgang Knöbl zählt zu den Protagonisten der soziologischen Gewaltforschung in Deutschland. Im April 2015 übernahm er die Leitung des Hamburger Instituts für Sozialforschung von dessen Gründer Jan Philipp Reemtsma, der das HIS seit 1984 als international renommiertes Zentrum der Gewaltforschung, Gesellschaftsbeobachtung und Sozialtheorie etabliert hatte. Nach Stationen an der Freien Universität Berlin, in New York City, Toronto und Göttingen lehrt Wolfgang Knöbl neben seiner Hamburger Tätigkeit nun Politische Soziologie und Gewaltforschung an der Leuphana Universität Lüneburg. Seine Arbeiten verbinden historische Forschungsinteressen (Polizei und Herrschaft im Modernisierungsprozeß. Staatsbildung und innere Sicherheit in Preußen, England und Amerika 1700–1914, Frankfurt a.M. 1998) mit sozialtheoretischen Leitfragen (Spielräume der Modernisierung. Das Ende der Eindeutigkeit, Weilerswist 2001; zusammen mit Hans Joas: Kriegsverdrängung. Ein Problem in der Geschichte der Sozialtheorie, Frankfurt a.M. 2008). Das Gespräch führten Thomas Schaarschmidt, Winfried Süß, Peter Ulrich Weiß und Jan-Holger Kirsch am 21. Juni 2018 im Hamburger Institut für Sozialforschung.