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Mariupol, Irpin, aktuell Butscha – der russische Überfall auf die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 führt zu immer neuen grauenvollen Bildern dieses völkerrechtswidrigen Krieges. Mit jedem Ortsnamen werden wir von nun an die verstörenden Fotografien von den Frauen aus der angegriffenen Geburtsklinik in Mariupol, die tote Mutter mit ihren beiden Kindern in Irpin und die ermordeten Zivilist:innen auf den Straßen von Butscha vor Augen haben.
Den visuellen Medien kommt bei der Berichterstattung über diesen Krieg, bei der Deutung wie auch bei der Dokumentation von Kriegsverbrechen eine zentrale Rolle zu. Die Macht der Bilder als gestaltende und mobilisierende Kraft im politischen Prozess wie auch als Fakten schaffender „Bildakt“ (Horst Bredekamp) war in Kriegszeiten schon immer groß.
As much as war is about armed military conflict, it is also fundamentally about mass displacement, broken lives, and lost futures. This simple truth has become way too obvious in large parts of Poland, where providing food, clothes and shelter to strangers, and collecting donations to help refugees from neighboring Ukraine have become common practices among “ordinary” people. Much of the efforts of this grassroots mass mobilization to help those escaping their war-torn country falls on the shoulders of various parts of society, including individual activists and non-activists as well as civil society organizations.
What is perhaps less visible in this civil society mobilization and its media coverage are the efforts of migrant and minority communities that do their share in offering relief to those fleeing from Ukraine.
Der Krieg in der Ukraine betrifft Deutschlands Einwohner:innen auf unterschiedliche Art und Weise. Er durchdringt die Stadt- und Privaträume anders, aktualisiert unterschiedliche Erinnerungen und ruft verschiedene (Re)aktionen hervor. Er beherrscht nun fast jedes Gespräch, das man zufällig auf der Straße, in einem Café oder Geschäft überhört. Aufgrund ihrer eigenen Herkunft fühlen sich die Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion in Deutschland – die postsowjetischen Migrant:innen – besonders von diesem Krieg betroffen, egal wie sie zu ihm stehen. Der Krieg hat direkte Auswirkungen auf ihre Lebenswelten, er betrifft Familienangehörige und Freunde sowohl in der Ukraine als auch in Russland, und er hinterlässt Spuren in den hiesigen Communities. Entsprechend wichtig ist eine differenzierte Betrachtung. Denn es gibt nicht die Einstellung der postsowjetischen Migrant*innen zum Krieg. Hier können wir nur ein paar Schlaglichter werfen.
Die Wirklichkeit ist angekommen … Ein Dossier aus Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine
(2024)
Dieser Band dokumentiert die Texte von deutschen, ukrainischen, polnischen, US-amerikanischen, belarussischen, georgischen und auch russischen Historiker:innen, die kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 entstanden sind. Sie behandeln ganz unterschiedliche Dimensionen einer geschichtlichen Diskussion, die durch die russische Großinvasion ausgelöst wurde. Denn auch zwei Jahre nach Kriegsbeginn ist die historische Kontextualisierung des aktuellen Geschehens wichtiger denn je.
Die Publikation basiert auf einem Dossier auf dem Online-Portal zeitgeschichte | online (zeitgeschichte-online.de) und wird durch einige Texte zum Thema "Bilder des Krieges in der Ukraine" des Online-Angebots Visual History (visual-history.de) ergänzt. Beide Angebote werden vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) Open Access im Internet zur Verfügung gestellt. Das Werk ist auch als Open Access-Publikation online abrufbar unter www.zdbooks.de.
»Es gibt ein Menschenrecht auf Bleiberecht!«, verkündete Sevim Dağdelen, damals Bundestagsabgeordnete für Die Linke, im März 2006. Dabei bezog sie sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall »Sisojeva u.a. gegen Lettland« vom Juni 2005. Es ging dabei um das Ehepaar Svetlana Sisojeva und Arkady Sisojev, die zur Zeit der Sowjetunion Ende der 1960er-Jahre nach Lettland gekommen waren und dort auch eine Tochter bekommen hatten. Ihr Aufenthaltsstatus blieb nach der Unabhängigkeit des baltischen Staates 1991 ungeklärt, da Lettland die Annexion des schon in der Zwischenkriegszeit unabhängigen Landes durch die Sowjetunion 1940 bzw. 1944 nicht anerkannte und die zur Sowjetzeit ins Land gekommenen Personen daher als Ausländer bzw. Staatenlose betrachtete, die gegebenenfalls das Land zu verlassen hätten. Aus einer Binnenmigration wurde somit quasi rückwirkend eine internationale Migration. In ihrer Beschwerde beim EGMR machte die Familie geltend, dass der lettische Staat durch seine Weigerung, ihren Aufenthaltsstatus zu regeln, ihr Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK) verletze. Der EGMR schloss sich mehrheitlich dieser Auffassung an, woraus die Bundestagsabgeordnete Dağdelen folgerte: »Es gibt – unter bestimmten Bedingungen – ein Menschenrecht auf Bleiberecht, das der ausländerrechtlichen Allmacht der Nationalstaaten Grenzen setzt. Dieses Recht steht auch nicht im ›humanitären Ermessen‹ der Behörden. Es gilt absolut!«
Der Aufsatz beleuchtet einen von der migrationsgeschichtlichen Forschung bisher vernachlässigten Raum und seine Akteure: den Flughafen. Der Frankfurter Flughafen ist von besonderem Interesse, weil er sich zum größten Transitdrehkreuz in der Bundesrepublik entwickelte und seit den 1980er-Jahren auch ein Experimentierfeld für den Umgang mit Asylbewerber:innen wurde. Im Zentrum stehen die Positionen und Konflikte von Akteur:innen, die in Asylfälle und Zurückweisungen am Flughafen involviert waren – allen voran der Bundesgrenzschutz, der Flughafensozialdienst und die Migrant:innen selbst. Gezeigt werden zum einen die Folgen übergeordneter Politiken im konkreten Raum. Zum anderen offenbart die lokale Konfliktgeschichte auch Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten im komplexen Grenzraum der Transitzone, die wiederum auf größere politische Zusammenhänge und Regulierungsversuche wie das Flughafenasylverfahren zurückwirkten. Deutlich wird außerdem, dass Zurückweisungen an der Grenze und Abschiebungen/Zurückschiebungen aus dem Inland nicht immer klar zu trennen sind.
Das westdeutsche Abschieberegime entstand im Kontext der Problematisierung von People of Color, die seit 1950 in die Bundesrepublik einreisten, um dort ein Studium oder eine Ausbildung aufzunehmen. Die junge Republik lud Menschen aus sich dekolonisierenden Ländern zunächst ein, um sich von der Rassenideologie des National- sozialismus zu distanzieren und sich gegenüber dem Sozialismus zu profilieren. Dabei bestand jedoch weiterhin die im Kern völkische Prämisse, dass People of Color nicht langfristig bleiben sollten. Die Herstellung ihrer Rückführbarkeit manifestierte sich in der Rechts-, Verwaltungs- und Betreuungspraxis lokaler Behörden und Wohlfahrtsverbände, wodurch diese Prämisse in das Ausländergesetz von 1965 einging. Das Gesetz machte insbesondere »außereuropäische« Migrant*innen abschiebbar, denen es pauschal kriminelle Täuschungsabsichten und extremistische Politisierung unterstellte. Es verrechtlichte zudem eine pseudomoralische Rückkehrpflicht von People of Color unter Verweis auf ihren Entwicklungsauftrag in den Herkunftsländern und auf tradierte Geschlechterrollen. Diese Normen waren in der Bundesrepublik permanent abrufbar und wurden sukzessive auf andere Migrant*innen angewandt.
Ausweisungen können weitere politische Funktionen einnehmen, die über die staatliche Steuerung von Migration hinausgehen. Wie wir in diesem Aufsatz anhand zweier Sondertypen von Ausweisungen zeigen, können solche Maßnahmen gerade in Phasen staatlicher Konsolidierung und bei der Überlappung von Souveränitätsansprüchen als politisches right-peopling auftreten. In diesem Kontext untersuchen wir die Rolle von Ausweisungen während der kritischen Phase der deutschen Nationalstaatsbildung nach dem Ersten Weltkrieg. Für die 1920er-Jahre analysieren wir einerseits Ausweisungen von Deutschen aus anderen Landesteilen durch deutsche Landesbehörden (etwa von Württembergern aus Baden), andererseits Ausweisungen von Deutschen aus dem besetzten Rheinland durch die alliierten Besatzungsbehörden. Mit Bezug auf aktuelle Debatten um Illegalisierung und deportability von Migrant*innen betrachten wir Beispiele aus regional- und rechtshistorischen Quellen der Weimarer Republik. So zeigen wir, wie Ausweisungen sozialpolitische und ethnisch-exklusive Ziele hatten, aber auch zu einer Stärkung staatlicher Institutionen und zu einer nationalistischen Identifikation mit dem Deutschen Reich nach dem verlorenen Krieg führten.
Cemal Kemal Altun nahm sich am 30. August 1983 durch einen Sprung aus dem sechsten Stock des Berliner Verwaltungsgerichts das Leben. Damit wollte er seiner Abschiebung in die Türkei und der dort drohenden Folter entgehen. Dreizehn Monate Auslieferungshaft und ein zermürbendes Rechtsverfahren machten den »Fall Altun« zum Symbol der Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit bundesdeutscher Ausweisungspraxis. Der Hohe Kommissar für Flüchtlingsfragen der Vereinten Nationen ermahnte die deutschen Behörden, ihre inhumane Behandlung von Migrant*innen zu beenden. Der Europarat protestierte, und die Europäische Kommission für Menschenrechte in Straßburg wurde hinzugezogen. In der Bundesrepublik traten Aktivist*innen in Hungerstreik, und etwa 10.000 Menschen setzten ein Zeichen, als sie Altuns Leichenzug durch West-Berlin in einen Protestmarsch verwandelten. Anti-Abschiebe-Proteste nahmen zu und institutionalisierten sich Mitte der 1980er-Jahre in Form von Kirchenasyl, Flüchtlingsräten, Pro Asyl, Fluchtburg-Bewegung, migrantischer Selbstorganisation und antirassistischen Initiativen.
Wir sind das Volk ist ein Strategie-Brettspiel, in dem der historische Verlauf der innerdeutschen Teilung spielerisch nacherzählt und erlebbar wird. Entwickelt von Peer Sylvester und Richard Sivélerschien es 2014 im Histogame Verlag. Motiviert wurde die Entwicklung durch das Interesse Sylvesters am Konzept „zwei[er] getrennte[r] Staaten, die sich nebeneinander entwickeln und miteinander konkurrieren.“ [1] Das Spiel ist nicht primär geschichtspolitisch motiviert, kann aber durch das kontrafaktische Spielprinzip einen besonderen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten. Das Spiel erhielt viel positive Resonanz und wurde insbesondere für seine Rahmenhandlung und die Spielmechanik gelobt.