Zeitgeschichte neurodivers? Standpunktepistemologie und (geschichts-)wissenschaftliche Kommunikation
- In der akademischen wie der breiteren Öffentlichkeit ist der Begriff der Diversität gegenwärtig nahezu universal anschlussfähig. Der Gründungsdirektor des Göttinger Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften Steven Vertovec stimmt gar Loretta Lees zu, die schon 2003 bemerkte, mit Diversität verhalte es sich wie mit Mutterschaft oder Apfelkuchen: Man könne nur mit größeren Schwierigkeiten dagegen sein. In den letzten dreißig Jahren ist Diversität zunächst in den USA und dann auch in Westeuropa sowohl als sozialwissenschaftliche Analysekategorie wie auch als gesellschaftliche Selbstbeschreibung und zur Aushandlung von Teilhabeansprüchen immer bedeutsamer geworden. Diversität ist das normative Leitbild staatlicher und internationaler Antidiskriminierungsprogramme, die, wie etwa das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von 2006 in der Bundesrepublik, »Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität […] verhindern oder […] beseitigen« sollen (§ 1). Das öffentliche Bekenntnis zu Diversität ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit in Unternehmen und Organisationen, die oft Strategien des Diversitätsmanagements entwickeln. Der Ursprung dieser gesellschaftlichen Diversitätsbejahung liegt in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre, der zweiten Frauenbewegung, aber auch der Gay-, Lesbian- und Transgender-Bewegung sowie der Behindertenrechtsbewegung, die vor allem seit den 1970er-Jahren in den USA und in Westeuropa für die Anerkennung ihrer marginalisierten und diskriminierten Subjektpositionen stritten.
Verfasserangaben: | Rüdiger GrafGND |
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URL: | https://zeithistorische-forschungen.de/1-2022/6021 |
DOI: | https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2406 |
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch): | Zeithistorische Forschungen – Studies in Contemporary History |
Verlag: | ZZF – Centre for Contemporary History: Zeithistorische Forschungen |
Verlagsort: | Potsdam |
Dokumentart: | Wissenschaftlicher Artikel (Zeitschrift) |
Sprache: | Deutsch |
Datum der Veröffentlichung (online): | 19.09.2022 |
Datum der Erstveröffentlichung: | 19.09.2022 |
Datum der Freischaltung: | 15.09.2022 |
Jahrgang: | 19 |
Ausgabe / Heft: | 1 |
Erste Seite: | 109 |
Letzte Seite: | 127 |
ZZF-Zeitklassifikation: | 20. Jahrhundert |
21. Jahrhundert | |
ZZF-Regionalklassifikation: | ohne regionalen Schwerpunkt |
ZZF-Themenklassifikation: | Körper |
Kommunikation | |
Medizin | |
Gesundheit | |
Wissenschaft | |
Wissen | |
Online-Portale: | Zeithistorische Forschungen |
Zeithistorische Forschungen: Originalbeiträge: | 1 / 2022 Offenes Heft |
Lizenz (Englisch): | Creative Commons - Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0) |