Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (735)
- Online Publication (480)
- Part of a Book (330)
- Book (8)
- Preprint (8)
Language
- German (1561) (remove)
Is part of the Bibliography
- no (1561) (remove)
Keywords
- Forschungsfelder (63)
- Begriffe (45)
- Methoden (13)
- Grundlagen (12)
- Länder (12)
- Klassiker (8)
- Prozesse (6)
- Debatten (5)
- Schnittmengen (5)
- Deutschland (4)
Eine Betrachtung von Berufungen unter der Kategorie Geschlecht eignet sich in besonderem Masse dazu, gleichsam wie in einem Vergrösserungsspiegel, die soziale Bedingtheit von Berufungen aufzuzeigen. Diese werden bis heute von den an Berufungsverfahren Beteiligten wenig oder gar nicht reflektiert, besteht doch die unhinterfragte illusio[1] des akademischen Feldes darin, nach dem vermeintlich harten Kriterium der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit ›die besten Köpfe‹ zu berufen. Bislang gibt es für das 19. und 20. Jahrhundert, d.h. die Phase der sogenannten modernen Universität, keine historische, quellenbasierte Untersuchung zur inhaltlichen Ausgestaltung und zum Wandel von Berufungskriterien. Bisher ist auch das Verhältnis von Berufung und Geschlecht in historischer Längsschnittperspektive nicht systematisch untersucht worden.
Der folgende Beitrag erschien erstmals im Jahr 2012 in der Publikation „Professorinnen und Professoren gewinnen. Zur Geschichte des Berufungswesens an den Universitäten Mitteleuropas“, die von Christian Hesse und Rainer Christoph Schwinges herausgegeben wurde. Mit freundlicher Erlaubnis der Autorin Sylvia Paletschek veröffentlicht zeitgeschichte|online die Einleitung des Aufsatzes. Eine vollständige Version findet sich auf dem freien Dokumentenserver FreiDoks plus, ein Angebot der Universitätsbibliothek der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und im Material zu diesem Beitrag.
Berufliches Selbstbild. Arbeitshabitus und Mentalitätsstrukturen von Software-Experten in der DDR
(1999)
Im kapitalistischen Westen gelten Software-Entwickler spätestens seit den achtziger Jahren als Innovatoren, die im Zuge der fünften Phase der Industriellen Revolution manche überkommene Autoritäts-, Wirtschafts- und Sozialstrukturen durchbrochen haben, um ihr innovatives Potential zu entfalten, allerdings mit schwacher emanzipatorischer Auswirkung, beispielsweise für Frauen. Bislang ist aber wenig über die Ingenieure und Ingenieurinnen, die Mathematiker und Mathematikerinnen bekannt, die in der DDR die Software-Entwicklung zu einem der erfolgreichsten Gebiete der Industrieforschung gemacht haben. Diese Experten, die als eine bedeutende Teilelite im Sinne einer „funktionalen Elite“ bzw. einer „Dienstklasse“ begriffen werden können, sind bisher kaum Untersuchungsgegenstand der sozial- bzw. kulturgeschichtlich orientierten Elitenforschung gewesen. Dieser Zustand ist in erster Linie auf die Quellenlage zurückzufuhren. Als wenig ergiebig für die Sozial- und Kulturgeschichte erwiesen sich die Akten relevanter Betriebs- und Parteiarchive aus der Ära Honecker. Für unsere Zwecke weit ergiebiger, obwohl mit quellenkritischen Problemen eigener Art behaftet, bleiben die Oral History-Methoden, die hier zur Anwendung kommen sollen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der amerikanischen Stiftung „National Science Foundation“ finanziert wird, sind Gespräche mit zwanzig Software-Ingenieuren der ehemaligen DDR geführt worden. Bei den Interviews, die im Schnitt eine bis zwei Stunden dauerten, wurde ein Fragenkatalog verwendet, der thematische Schwerpunkte setzte und Vergleichbarkeit gewähren sollte. Viel Wert wurde darauf gelegt, dem Gesprächspartner die Gelegenheit zu bieten, innerhalb des vorgegebenen Rahmens Gedanken selbst zu formulieren und einzuordnen, sowie assoziativ zu den Themen zu gelangen, die wichtige Momente der beruflichen Identität berühren. Bei diesen Tiefengesprächen sollten also keine quantitativ verwertbaren Daten gewonnen, sondern vielmehr individuell geprägte Mentalitätsstrukturen und Verhaltensweisen exemplarisch untersucht werden. Dabei war das Gruppenspezifische herauszuarbeiten.
Bevor ich auf die Rolle und das Selbstverständnis der politisch aktiven Berliner Juden und die Frage eingehe, welche Stellung die nichtjüdische Bevölkerung ihren jüdischen Mitbürgern und der >Judenfrage< gegenüber einnahm, sollen die sozialökonomische Stellung der Berliner Juden während der vierziger Jahre sowie die politisch-rechtlichen Restriktionen skizziert werden, unter denen preußische Juden während des Vormärz zu leiden hatten. Danach läßt sich leichter nachvollziehen, warum den Juden in der preußischen Hauptstadt und andernorts nach den europäischen Februar- und Märzrevolutionen gleichsam eine Zentnerlast von der Seele fiel.
Anläßlich der Abschaffung der Lebensmittelkarten in der DDR, die von der sowjetischen Führung als Diskreditierung des Sozialismus empfunden worden waren, schrieb Ulbricht im Mai 1958 an Chruschtschow: „Eine besondere Komplikation besteht bei diesen Maßnahmen darin, daß wir unsere Entscheidung nicht von den inneren Möglichkeiten und Bedingungen unserer Republik treffen können. Wir müssen die Wirkung unserer Maßnahmen nach Westdeutschland und Westberlin und insbesondere auf die dortige Arbeiterklasse sorgfältig berücksichtigen und nach diesen Erfordernissen die Bedingungen festlegen.“
Die „Umwälzungen“ des Jahres 1848 waren nicht nur der "Anstrengung", sondern auch "dem Erfolge nach eine wirkliche Revolution". Obgleich nicht alle Zeitgenossen diese Ansicht Robert Springers teilten und manche Konservative und Liberale schon frühzeitig den revolutionären Charakter der Märzereignisse leugneten, sie zum bloßen "Ministerwechsel" zu degradieren suchten - daß im März 1848 Berlin nicht nur äußerlich zum revolutionären Schlachtfeld mit Hunderten von Toten und zahllosen Barrikaden wurde, sondern in ganz Preußen ein fundamentaler politischer Umbruch stattfand, läßt sich kaum bestreiten: Für acht Monate wurde dem Monarchen ein Parlament zur Seite gestellt, das mit diesem eine Verfassung "vereinbaren" sollte und überdies nicht unwesentlich die Politik des preußischen Staates mitbestimmte. (Aus der Einleitung)
Berlin
(1998)
»Der Riß, welcher durch alle unsere gesellschaftlichen Verhältnisse geht«, war in Berlin - so konstatierten kritische Zeitgenossen wie der Frühsozialist Ernst Dronke bereits zu Beginn der vierziger Jahre - viel tiefer, die soziale Polarisierung in der preußischen Hauptstadt weit stärker fortgeschritten als in allen anderen deutschen Städten, von Wien vielleicht abgesehen. Berlin war eine »zweifelhafte Schöne«, eine »Braut der Zukunft«, spöttelte ein anderer demokratischer Zeitgenosse, der Schriftsteller Heinrich Bettziech (der unter seinem Pseudonym >Beta< im Revolutionsjahr als Satiriker zu einigem Ruhm gelangen sollte) gleichfalls um 1845: »Ihr Kostüm ist schäbig-gentil, hier und da äußerst kostbar und glänzend, aber wenn sie den Fuß hebt, kann man die zerrissenen Sohlen bemerken, und der feine Strumpf könnte auch besser gestopft seyn.« Berlin, so Bettziech weiter, oszilliere zwischen zwei Polen, nämlich dem »der Vornehmheit und des Staatsglanzes um das Brandenburger und das Potsdamer Thor herum« und seinem Gegenstück: »Nach den vielen entgegengesetzten Thoren hin breitet sich der viel umfangreichere Pol des Proletariats, des Verbrechens und der Armuth aus, durchspickt von Industrie und Dampffabrikation.«
Es ist eine alte Frage, ob Berija, der nach Stalins Tod eine für sowjetische Begriffe ungewöhnliche Innen- und Außenpolitik einzuleiten sich bemühte, dabei auch eine Vereinigung Deutschlands auf demokratischer Basis ins Auge faßte. Entsprechende Mutmaßungen nahmen ihren Ausgang von dem Vorwurf der siegreichen Mehrheit der sowjetischen Führung an den gestürzten Berija, er habe den Sozialismus in der DDR „verraten“. Das war freilich eine Anklage, die deutlich rechtfertigende Funktion hatte, so daß ihr Wahrheitsgehalt zweifelhaft blieb. Als wichtiges Indiz für die Berija zugeschriebene Absicht gilt vielfach der von Moskau den SED-Führern Anfang Juni 1953 aufgenötigte „Neue Kurs“, der die harte Sowjetisierungspolitik vom Vorjahr teilweise revidierte. Als weitere Belege werden damalige Stellungnahmen angeführt, die deutsche Frage müsse auf die Tagesordnung gesetzt werden, sowie spätere öffentliche Anschuldigungen Chruschtschows und Ulbrichts. Der SED-Chef benutzte die Anklage im innerparteilichen Kampf gegen Kritiker und Rivalen. Bei den ostdeutschen Kadern fand sie allgemein Glauben, schien sie doch den alten Verdacht zu bestätigen, die UdSSR könnte die DDR um höherer politischer Zwecke willen fallenlassen.
In der langen Geschichte technomorpher Modellierungen des Politischen markiert „The Nerves of Government“ einen Paradigmenwechsel. Hatte Thomas Hobbes rund 300 Jahre zuvor das moderne politische Denken mit einer geometrisch-mechanischen Staatsphilosophie begründet, so durfte Karl W. Deutschs umfassende Modellstudie als erster ernstzunehmender Versuch gelten, die in den 1940er-Jahren angestoßene informationstechnische Revolution in ein politisches Vokabular zu übersetzen. Tatsächlich konnte (und wollte) das Ensemble von Begrifflichkeiten, das auf diese Weise Einzug in die politische Rationalität des 20. Jahrhunderts hielt, seine Wurzeln im Feld der Nachrichten- und Regelungstechnik nicht verbergen. Vielmehr bestand Deutschs Grundannahme gerade darin, „daß Regierungsapparate und politische Parteien nichts anderes als Netzwerke zur Entscheidung und Steuerung sind, daß sie auf Kommunikationsprozessen beruhen und daß in gewisser Hinsicht ihre Ähnlichkeit mit der Technologie der Nachrichtenübertragung groß genug ist, um unser Interesse zu erregen“ (S. 211).
Eine Geschichte der genetischen Beratung in der Bundesrepublik ist noch nicht geschrieben. Dies ist erstaunlich, lassen sich in der Verbindung von Beratungspraxis und Behinderung, Konzepten und Kritik an der Humangenetik doch grundsätzliche Fragen zum Wandel von Normalitätsvorstellungen, Geschlechterrollen und Gesellschaftsbildern verfolgen. Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht ein brisantes Thema: Sterilisationsempfehlungen für geistig behinderte Frauen und Mädchen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren ausgestellt wurden. Am Beispiel einer Hamburger humangenetischen Beratungsstelle betrachtet der Aufsatz das damalige Verhältnis von Genetik, Behinderung, Geschlecht und Vorsorgekonzepten. Die Kritik an der Sterilisationspraxis bildet einen weiteren Schwerpunkt des Beitrags. In den frühen 1980er-Jahren trugen Gegner und Befürworter geschichtspolitisch aufgeladene Kontroversen aus, die neue Blicke auf Behinderung hervorbrachten, zugleich aber auch Ambivalenzen gesellschaftlicher Liberalisierungsprozesse erkennen lassen.
Der Untergang des Kommunismus war vor allem ein ökonomischer Vorgang; in gewisser Hinsicht kann man auch sagen, die Geschichte habe die Unmöglichkeit eines ökonomischen Experimentes gezeigt. Aber er wurde und wird auf sehr eigentümliche Weise erinnert. Ein großer Teil der öffentlichen Erinnerung bezieht sich vor allem auf die Gerontokratie der Parteiherrschaft und klammert eine Auseinandersetzung mit der Frage weitgehend aus, ob es nicht doch sehr viel grundsätzlichere Punkte waren, die das kommunistische Experiment haben scheitern lassen. Diese Schieflage der Erinnerung ist nicht zufällig: Nur so kann der Untergang des Sozialismus erklärt, aber zugleich die Utopie einer nichtkapitalistischen Alternative aufrechterhalten werden. Und das ist gerade gegenwärtig sehr populär!