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Die klassische Begriffsgeschichte hat als Historische Semantik eine Renaissance erfahren. Kathrin Kollmeier widmet sich zunächst der lexikografischen Begriffsgeschichte, insbesondere den „Geschichtlichen Grundbegriffen“ und ihren theoretischen und methodischen Voraussetzungen. Ansätze hingegen, die unter dem Oberbegriff Historische Semantik firmieren, beschränken sich nicht mehr allein auf die Analyse der Historizität von Begriffen, sondern untersuchen den Bedeutungsgehalt und -wandel von Worten, Begriffen, Sprachen und Diskursen sowie kultureller Codes wie Bilder, Rituale, Habitus und Performativa. Zudem verweist der Artikel darauf, dass eine Historische Semantik des 20. Jahrhunderts sich sowohl dem semantischen Wandel im Zuge von politischen, sozialen und kulturellen Brüchen und Diskontinuitäten als auch den relativ stabil bleibenden Bedeutungen „langer Dauer” im gesamten 20. Jahrhundert widmen sollte.
(Version 1.0, siehe auch Version 2.0)
Die klassische Begriffsgeschichte hat als Historische Semantik eine Renaissance erfahren. Kathrin Kollmeier widmet sich zunächst der lexikografischen Begriffsgeschichte, insbesondere den „Geschichtlichen Grundbegriffen“ und ihren theoretischen und methodischen Voraussetzungen. Ansätze hingegen, die unter dem Oberbegriff Historische Semantik firmieren, beschränken sich nicht mehr allein auf die Analyse der Historizität von Begriffen, sondern untersuchen den Bedeutungsgehalt und -wandel von Worten, Begriffen, Sprachen und Diskursen sowie kultureller Codes wie Bilder, Rituale, Habitus und Performativa. Zudem verweist der Artikel darauf, dass eine Historische Semantik des 20. Jahrhunderts sich sowohl dem semantischen Wandel im Zuge von politischen, sozialen und kulturellen Brüchen und Diskontinuitäten als auch den relativ stabil bleibenden Bedeutungen „langer Dauer” im gesamten 20. Jahrhundert widmen sollte.
Über Ereignisse, Folgen und Deutungen einer für Deutschland, Europa und die Welt bedeutsamen Zäsur reflektiert Christoph Kleßmann in seinem Beitrag über „1945“. Der Autor rekonstruiert zeitgenössische Interpretationen dieses Jahres als Niederlage, Befreiung oder Stunde Null und setzt sie ins Verhältnis zu historiografischen Deutungsmustern. Sein Beitrag für die Docupedia-Kategorie „Periodisierung“ vergleicht zudem „1945“ und „1989“ mit Blick auf das Spannungsverhältnis von gesellschaftsgeschichtlichen Brüchen und Kontinuitäten, das beide Chiffren aufrufen. Kleßmann diskutiert dabei auch, wie sich der Blick auf das Kriegsende durch den Fall der Mauer verändert hat.
Tamás Féner, der 75-jährige Fotograf und Träger des Kossuth-Preises, der höchsten ungarischen Auszeichnung in den Bereichen Kunst und Kultur, ist eine wirkliche Herausforderung. Wenn er erzählt, kommt man auch als Muttersprachler kaum hinterher. Féner verschluckt meist die letzten Silben der Wörter, die Geschwindigkeit seiner Sprache zwingt die Zuhörenden zur Konzentration. Er beginnt einen Satz, und noch bevor er diesen beendet, nuanciert er sogleich seine Aussage mit einem neu begonnenen Gedanken. Die Leidenschaft gegenüber der Fotografie, ihrer Entstehung, Präsentation, Geschichte und Theorie ist in seinen Antworten deutlich zu spüren. Die jiddischen Begriffe, die er in seine Erzählung mit einflechtet, der aufscheinende jüdische schwarze Humor, die Witze aus der Zeit des Sozialismus und die Zitate aus der Weltliteratur – gelegentlich in deutscher, mal in ungarischer Sprache – machen die Gespräche mit ihm zu einem dichten Geflecht. Das folgende Gespräch mit Féner über das neue Robert Capa Zentrum für zeitgenössische Fotografie, den ersten Fotowettbewerb des Zentrums und die großen ungarischen Fotografen ist ein Versuch, dieses dichte Geflecht zu entwirren.
Eine Grundfrage der von Péter Korniss erstellten fotografischen Arbeiten war stets die nach den Möglichkeiten der transgenerationalen Weitervermittlung von Werten innerhalb einer Gemeinschaft. Geht die „alte Welt“, gehen die ländlichen Traditionen in unserer modernen Zeit unwiederbringlich verloren? Werden die Bräuche vom Neuen überlagert? Oder gibt es Spuren des Vergangenen, die erfolgreich mit in die Zukunft übernommen werden können? Bei der Beschäftigung mit Korniss‘ fotografischem Werk fällt auf, dass er im Zuge seiner Arbeit eine Bindung, teilweise sogar Freundschaften, zu den fotografierten Menschen aufbaute und dass er sie über längere Zeiträume hinweg begleitete.
Auf den ersten Blick ist die Kombination der Werbebanner am imposanten Eingang des Ungarischen Nationalmuseums recht überraschend. Die Plakate machen auf die drei aktuellen Ausstellungen des Museums, die jeweils einen “Helden“ in den Mittelpunkt stellen, aufmerksam: Siebenbürgen-Fürst Gábor Bethlen, Nationaldichter Sándor Petőfi sowie Kriegsfotograf Robert Capa.Die Verbindung zwischen Capa und Budapest, seinem Lebenswerk und seiner Geburtsstadt scheint hergestellt. Aber Capa als der ungarische Nationalheld, als Teil des nationalen Erbes? Glücklicherweise gibt die Ausstellung keine oberflächliche und simple Antwort auf diese Frage. Im Gegenteil: Die Schau, konzipiert durch Èva Fisli, konzentriert sich vielmehr auf einzelne Kategorien, die die Figur “Robert Capa“ und sein Lebenswerk ausmachen. Ganz andere Schwerpunkte, als etwa die Nationalität, stehen dabei im Fokus.
Der Fotohistoriker und Museologe, Károly Kincses, widmet sich seit über dreißig Jahren der Erforschung der ungarischen Fotografie. Er ist Mitbegründer des Ungarischen Fotomuseums in Kecskemét sowie des Mai Manó-Hauses in Budapest, übernahm vielfältige Aufgaben als Universitätsdozent und Leiter von Fotoworkshops, als Autor sowie Kurator. Kincses berichtet im Interview, wie er die aktuelle Situation des Landes, den tobenden “Kulturkampf“, der auch die Fotografie erreicht, einschätzt. Eine offene Moment- wie auch Bestandsaufnahme aus Ungarn am 6. Dezember 2013.
„Wenn ich nicht Peter Panter wäre, möchte ich ein Buchumschlag im Malik-Verlag sein“, schrieb Kurt Tucholsky 1932. Dieses Zitat findet sich in der großen Ausstellung, mit der die Akademie der Künste am Pariser Platz in Berlin noch bis zum 23. August 2020 John Heartfield würdigt – unter anderem als kongenialen Gestalter von Buchumschlägen. Während diese Ausstellung geradezu ein Gesamtkunstwerk ist und Heartfield als Multimedia-Künstler hervortreten lässt, zeigt der Salon Berlin des Museums Frieder Burda vom 12. Mai bis zum 24. Oktober 2020 eine Fotokunstausstellung, die demgegenüber minimalistisch wirkt, aber ihren eigenen Reiz hat – und direkte Bezüge zur Heartfield-Ausstellung. Darauf wird noch einzugehen sein.
Der Dresdner Kunst- und Fotohistoriker Wolfgang Hesse forscht seit vielen Jahren zur proletarischen Amateurfotografie. Seine hier vorliegende Internet-Publikation befasst sich mit dem „Roten Abreißkalender“ der KPD der Weimarer Republik. Sowohl die Arbeiter- wie die Abreißkalender gehen in ihrer Tradition auf das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Die ersten Arbeiterkalender sind 1867 in Budapest und 1868 in Berlin nachweisbar. Die wichtigsten inhaltlichen Änderungen gegenüber dem traditionellen „Volkskalender“ bestanden darin, dass die geschichtlichen Teile statt der bisherigen „Heldengeschichtsschreibung“ Daten der allgemeinen Weltgeschichte, der demokratischen und der deutschen Arbeiterbewegung enthielten. Um 1880 tauchten in Deutschland die ersten (nicht-politischen) Abreißkalender auf, die, dem englischen Vorbild der date blocks folgend, literarische, religiöse oder Texte aus dem Alltagsleben auf den Kalenderblättern anboten. Sie inspirierten, unter neuem Vorzeichen, auch Unternehmungen wie das hier vorgestellte.
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Christoph Kalter bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.