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Eine Bildgeschichte der „Flüchtlingskrise“ würde an der Komplexität dieser von Warburg ikonologisch verfolgten „Gegenwartsbedeutung der historischen Psychologie“ zu messen sein. Die Notwendigkeit dazu begründet sich nicht zuletzt durch die näher zu betrachtende, emotional enorm aufgeladene Befehdung der Willkommenskultur seit 2015 in der Bundesrepublik. Mit Warburg besteht für diese „hohe Emotionalität“ der Gegner der Willkommenskultur eine Zuständigkeit der Bildwissenschaft. Als „historische Psychologie“ ist sie zugleich eine Alternative zu national-völkischen Formen der Sozialpsychologie wie der Völkerpsychologie und anderen Vorstellungen des Identitären als Angriffe gegen die integrativen Vorstellungen der Willkommenskultur.
Wie der Marxismus-Leninismus die Ideengeschichte des Bildes prägte, ist in der Forschung bislang kaum gefragt worden. Auch oder gerade in den vergangenen zwanzig Jahren nach dem Mauerfall war für Probleme dieser Art nur sehr vereinzelt Platz.
Fehlte der nötige historische Abstand, um in den politisch sensiblen, stets xistentielle Fragen der Identität berührenden Debatten der deutschen Wiedervereinigung subtile Fragen dieser Art an den Kalten Krieg zu richten? Bedarf es überhaupt dieser Abstände und des Pathos der Distanz, um sich politischen Phänomenen und aktuellen Ereignissen als Historiker wissenschaftlich stellen zu können? Das vorläufige Ausbleiben des Interesses am politischen Bild nach 1990 ist wissenschaftsgeschichtlich aus mehrerer Hinsicht interessant und wirft ein Licht auf die asynchron verlaufende Entwicklung von
Bildpraktiken, Bildpolitiken und Forschungsparadigmen.