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1981, kurz nach der Amtseinführung von Ronald Reagan als Präsident: Elizabeth und Philip Jennings sind eine Musterfamilie der weißen Mittelschicht in der Vereinigten Staaten. Mit ihrer 13-jährigen Tochter Paige und dem drei Jahre jüngeren Sohn Henry leben sie in einer Suburbia-Siedlung in Washington D.C. und betreiben in der Stadt ein Reisebüro. Als im Haus gegenüber die Beemans einziehen, eine Familie im gleichen Alter, tun sie das, was man dort in solchen Fällen tut: Sie erscheinen mit selbstgebackenen Brownies zum Antrittsbesuch. Doch die Idylle trügt: Elizabeth (Keri Russell) und Philip (Mathew Rhyes) sind sogenannte „Illegale“, vor vielen Jahren eingeschleuste und mit einer falschen Identität ausgestatte Agenten des sowjetischen Auslandsgeheimdienstes KGB. Familie und Beruf sind Teil ihrer perfekten Tarnung. Und die neuen Nachbarn sind für sie ein gewaltiges Problem, denn Stan Beeman (Noah Emmerich) arbeitet für die Spionageabwehr des Federal Bureau of Investigation (FBI), Abteilung Sowjetunion.
„It’s a Date” ist der erste Spielfilm der ukrainischen Regisseurin Nadia Parfan, die bereits durch ihre Dokumentarfilme bekannt geworden ist. Der fünfminütige Kurzfilm läuft auf der diesjährigen Berlinale in der Sektion Berlinale Shorts. It's a Date wurde aus der Perspektive eines/einer Autofahrer*in in einer einzigen Einstellung ohne Schnitt gedreht. Der Blick ist durch die Windschutzscheibe auf die Straßen von Kyjiw im Morgengrauen gerichtet, inmitten des Krieges. Wie Nadia Parfan selbst erklärt, wurde sie für diesen Film von Claude Lelouch inspiriert, der in seinem Kurzfilm aus dem Jahr 1976 „C’était un rendez-vous“ eine rasante Autofahrt durch das frühmorgendliche Paris zeigt. Nadia Parfan wollte einen ähnlichen Kurzfilm in Kyjiw drehen, noch vor dem russischen Angriffskrieg, konnte dies aber erst im Sommer 2022 machen.
Boulevard-Medien wie die SuperIllu sind noch immer ein blinder Fleck in der Zeitgeschichte der Medien. Zwar wird oft auf die hohen Auflagenzahlen von Publikationen wie der Tageszeitung Bild verwiesen, größere Aufmerksamkeit in der Analyse erhalten dann aber intellektuellere Medien wie die FAZ.Gerade eine erfolgreiche Zeitschrift wie die SuperIllu, die den lebensweltlichen Wandel in den Neuen Ländern seit 1990 begleitet und zu den einflussreichsten Medien für ostdeutsche (Pop‑)Kultur gehört, ist jedoch eine wahre Fundgrube für die Erforschung der Transformationsprozesse auf verschiedensten Ebenen, beispielsweise der regionalen Identität, der Sexualnormen oder der Aufarbeitung der Diktatur.
Die Kuratorin des Jüdischen Museums Berlin trägt Handschuhe, während sie die 31 Seiten des Fotoalbums umblättert. Sie hat das Album der Familie Lindenberger für unser Projekt im Rahmen des Public History-Studiengangs ausgewählt. Wir, Studierende und Dozentin, stehen im Kreis um sie herum und betrachten die 95 dort eingeklebten Fotografien. Eine Woche später sehen wir uns im Seminarraum der Freien Universität Berlin die Fotografien des Albums noch einmal an. Biografische Angaben zur Geschichte der Familie haben wir aus dem Jüdischen Museum erhalten. Sie ermöglichen die Identifikation und familiäre Zuordnung vieler Bilder. Langsam werden uns die auf den Fotografien dargestellten Menschen vertraut, und wir erkennen schließlich die engsten Familienmitglieder auf den ersten Blick.
Mit seinen Aufnahmen dokumentierte der Istanbuler Fotograf Ergun Çağatay (1937 – 2018) den Alltag zahlreicher türkeistämmiger Familien in fünf deutschen Städten im Frühjahr 1990. Çağatays Portraits aus Hamburg, Köln, Werl, Berlin und Duisburg bilden die bis heute umfangreichste Bildreportage zur türkeistämmigen Einwanderung in Deutschland.
Noch bis zum 10. April 2023 sind diese Fotografien im Rahmen der Ausstellung „Wir sind von hier. Türkisch-deutsches Leben 1990. Fotografien von Ergun Çağatay“ im Museum Europäischer Kulturen (MEK) in Berlin zu sehen. Vor der Station in Berlin wurde die Ausstellung in unterschiedlichen Formaten in Ankara, Çanakkale, Essen, Hamburg, Istanbul, İzmir und Zonguldak gezeigt.
Zum Kurator:innen-Team der Ausstellung gehören Stefanie Grebe, Meltem Kücükyilmaz, Alexandra Nocke und Peter Stepan. Für visual-history.de führte Historikerin Janaina Ferreira dos Santos am 17. Dezember 2022 im MEK ein Gespräch mit Meltem Kücükyilmaz.
Wo immer es um individuelle Verhaltensweisen und Handlungen in ihrer Bedeutung für Macht und Herrschaft, für Unterwerfung und Aufbegehren, für Mitmachen, Widerstehen oder Aussteigen gehen soll, bietet sich „Eigen-Sinn” als historiographisches Konzept an. „Eigen-Sinn” kann in Widerstand gegen Vereinnahmungen und Aktivierungsversuche „von oben” in den alltäglichen Beziehungen wie auch in der großen Politik münden. „Eigen-Sinn” ist jedoch auch, wie Thomas Lindenberger in seinem Beitrag aufzeigt, in der gezielten Nutzung und damit Reproduktion herrschaftskonformer Handlungsweisen zu beobachten.
Eigen-Sinn. This word – commonly rendered in English as "stubbornness" – has since become a key concept in German and even international scholarship for a specific approach referred to collectively as Alltagsgeschichte, the history of everyday life. Eigen-Sinn nowadays is a useful historiographic concept for understanding individual behaviors and actions that impact on the sphere of power and domination: submission and revolt, resistance and dropping-out. How this came about will be explained in this article by Thomas Lindenberger.
Anlässlich des 60. Jahrestags der Ungarischen Revolution brachte der Tyrolia-Verlag aus Innsbruck einen Band mit Bildern des Magnum-Fotografen Erich Lessing heraus. Die oben beschriebene Szenerie ist eine von 197 Fotografien, mit denen der gebürtige Wiener von den Ereignissen in Ungarn 1956 erzählt. Der Titel „Ungarn 1956“ steht bei dieser Publikation für mehr als das Synonym für die Revolution im Herbst 1956. Er steht für die Dokumentation des ganzen Jahres und beschäftigt sich auch mit dem gesellschaftlichen Leben vor und nach der Revolution.
Version 2.0: In der römischen Republik bezeichnete die Diktatur (lat. dictatura) eine Institution des Staatsrechts: Der Senat verlieh einem Diktator in Zeiten des Notstands temporär außerordentliche Autorität, um die staatliche Ordnung zu verteidigen und wiederherzustellen. Diese klassische Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert vielfach überformt; Diktatur wurde zu einem schillernden Begriff, dessen semantisches Feld sowohl positive Erwartungen als auch moralische Verdammung umfassen konnte.
(Version 1.0, siehe auch Version 2.0) Der Begriff Diktatur stammt aus dem römischen Staatsrecht, wo er die temporäre Herrschaft eines Diktators bezeichnete, der zur Verteidigung der Republik über dem Gesetz stand. Diese klassische Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert vielfach überformt; der moderne Diktaturbegriff entstand als Eigen- und Fremdbezeichnung für die kommunistische, faschistische und nationalsozialistische Herrschaft. Der Artikel unseres Autoren Jan C. Behrends rekonstruiert die Geschichte des Begriffs im 20. Jahrhundert mit einem Schwerpunkt auf den russischen und deutschen Fall und blickt abschließend auf die zeithistorische Forschung der Gegenwart.
Die kultur-, technik- und fotogeschichtliche Ausstellung „Die Welt um 1914. Farbfotografien vor dem Großen Krieg“ präsentiert drei Fotokampagnen, die die Schönheit und Vielfalt der Welt vor dem Ersten Weltkrieg dokumentieren sollen. Gezeigt werden 200 Farbfotos des Fotochemikers Adolf Miethe, seines Assistenten und Fotodokumentars des Russischen Reiches Sergei M. Prokudin-Gorskii und Fotos aus der Sammlung „Archives de la planète“ des französischen Bankiers Albert Kahn. Neben Bildkarten, Feldpostkarten, den ersten Fotobüchern und den „Kaiserpanoramen“ des Berliner Unternehmers August Fuhrmann wird auch die Entwicklung der Farbfotografie allgemein vorgestellt. In den letzten beiden Räumen sind Farbfotos aus der Zeit des Ersten Weltkriegs zu sehen, die aus dem Bereich der Kriegspropaganda stammen.
Von einem ganz ähnlichen Verständnis visueller Zeugnisse ist auch die gegenwärtige Sonderausstellung der Stiftung Topographie des Terrors geleitet. Nur nimmt sie anstelle der weit häufiger fixierten osteuropäischen Perspektive auf den Holocaust erstmalig ein westeuropäisches Land in den Blick. „Fotografien der Verfolgung der Juden. Die Niederlande 1940-1945“ ist aus einer Kooperation mit dem Amsterdamer NIOD Instituut voor Oorlogs-, Holocaust- en Genocidestudies und dem Joods Cultureel Kwartier / Nationaal Holocaust Museum i.o. hervorgegangen, in dem die Ausstellung zuvor zu sehen war.
Der Dresdner Kunst- und Fotohistoriker Wolfgang Hesse forscht seit vielen Jahren zur proletarischen Amateurfotografie. Seine hier vorliegende Internet-Publikation befasst sich mit dem „Roten Abreißkalender“ der KPD der Weimarer Republik. Sowohl die Arbeiter- wie die Abreißkalender gehen in ihrer Tradition auf das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts zurück. Die ersten Arbeiterkalender sind 1867 in Budapest und 1868 in Berlin nachweisbar. Die wichtigsten inhaltlichen Änderungen gegenüber dem traditionellen „Volkskalender“ bestanden darin, dass die geschichtlichen Teile statt der bisherigen „Heldengeschichtsschreibung“ Daten der allgemeinen Weltgeschichte, der demokratischen und der deutschen Arbeiterbewegung enthielten. Um 1880 tauchten in Deutschland die ersten (nicht-politischen) Abreißkalender auf, die, dem englischen Vorbild der date blocks folgend, literarische, religiöse oder Texte aus dem Alltagsleben auf den Kalenderblättern anboten. Sie inspirierten, unter neuem Vorzeichen, auch Unternehmungen wie das hier vorgestellte.
Das Thema Vereinbarkeit von Mutterschaft und wissenschaftlicher Karriere wird seit einigen Jahren sehr intensiv diskutiert. Die Publikation von Sarah Czerney, Silke Martin und Lena Eckert geht einen neuen Weg, in dem nicht nur auf das Thema Elternschaft rekurriert, sondern auf ein allgemeines, in der Gesellschaft fest verankertes Bild der Frau als potenzielle Mutter. Es werden Erfahrungen von Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Fachgebieten in unterschiedlichen Funktionen gesammelt um ein diverses Bild der Problematik zu zeichnen. Die Unvereinbarkeit sei, so die Herausgeber:innen, den „symbolischen, psychischen, historischen, ökonomischen und politischen Koordinaten geschuldet“. In dieser thematischen Fokussierung wird nichts beschönigt, es werden keine Held:innengeschichten erzählt. Die Publikation ist vielmehr eine Bestandanalyse, die zu dem Schluss kommt: es braucht nicht nur eine Schärfung des Diskurses, sondern konsequente Veränderungen der wissenschaftlichen Praxis.
Seit 1. August 2013 ist Dr. Miriam Halwani Leiterin der fotografischen Sammlung des Museum Ludwig in Köln. 1977 gegründet, ist die Sammlung eine der größten ihrer Art in Europa. Sie umfasst Bestände von frühen Daguerreotypien aus den Sammlungen Agfa und Lebeck über Reisefotografien, Werken der russischen Avantgarde bis hin zu zeitgenössischen Fotografien. Zeit für ein Gespräch mit der Kunsthistorikerin, die bereits für ihre Dissertation zur „Geschichte der Fotogeschichte 1839-1939“ intensiv in den Kölner Beständen recherchierte.
Im Jahr 2010 entzündete sich am Abschlussbericht einer vom Auswärtigen Amt eingesetzten Historikerkommission zur Geschichte des Ministeriums vor und nach 1945 eine außergewöhnlich heftige fachliche und öffentliche Debatte. Indem die Vorgeschichte der Einsetzung der Kommission, die grundlegende Struktur sowie Ablauf und Themen der Debatte skizziert werden, wird zunächst ein Überblick der Auseinandersetzung ermöglicht. Es entsteht das Bild einer von unterschiedlichen Faktoren bestimmten vielschichtigen Debatte, in der sich wissenschaftliche und (geschichts)politische Argumente in unterschiedlichen Anteilen mischten.
Version 2.0: In the Roman Republic, a dictatorship (dictatura in Latin) referred to an institution of constitutional law. In times of emergency the senate would temporarily grant a dictator extraordinary powers to defend and restore state order. This classic meaning was reshaped in various ways during the twentieth century. Dictatorship became an ambiguous term whose range of meanings could encompass positive expectations as well as moral condemnation. The modern concept of dictatorship has been used as both a self-descriptor as well as a label employed by others to describe communist, fascist and Nazi rule.
Nach kurzer Recherche wird deutlich, dass die Konflikte zwischen Aserbaidschan und Armenien bereits nach der Oktoberrevolution im Jahr 1917 ausbrachen. Kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion indes eskalierte der Konflikt (1988), als beide Länder noch Teilrepubliken der SU waren. Damals forderte die mehrheitlich armenische Bevölkerung Karabachs den Anschluss des völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Gebietes. Darauf reagierte Aserbaidschan mit Pogromen in Sumgait und Baku, gefolgt von der Vertreibung der Armenier*innen aus Aserbaidschan. Karabach-Armenien gewann diesen Krieg. Die in Bergkarabach lebenden Aserbaidschaner*innen flohen oder wurden vertrieben. Im Jahr 2020 eroberte Aserbaidschan die Gebiete zurück und besetzte Teile Bergkarabachs. Der Krieg sollte 44 Tage andauern und wurde am 9. November 2020 durch einen gemeinsamen Vertrag beider Länder beendet. Die Waffenruhe wird durch Russland überwacht. Der im September 2022 wieder aufgeflammte Krieg/Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien taucht in den Institutionen, die sich mit der jährlichen Registrierung der Konflikte und Kriege beschäftigen (AKUF, BpB), derzeit nicht auf. Überhaupt sind die Kenntnisse über die Geschichte und Gegenwart dieser Region selbst unter Historiker*innen sehr gering.
Der Band, mit dem Titel „Evelyn Richter“, um den es in diesem Text gehen soll, ist kein Katalog, selbst wenn er im Impressum so bezeichnet wird. Vielmehr ist er ein Glücksfall für alle Bücherliebhaber:innen. Für Visual Historians wird dieser exzellente Band ein Standardwerk zur Fotografie-Geschichte der DDR werden. Und für all jene, die sich für das Leben der großen Fotografin Evelyn Richter in der DDR interessieren, ist es ein Pageturner und eben keines der oft üblichen Coffee Table Books mit der Bezeichnung Katalog, die sich hochglänzend und schwer eher zum Pressen von Pflanzen eignen, als dass sie einen Mehrwert jenseits der Finissage der jeweiligen Ausstellung hätten.
Herausgegeben wurde das Buch „Evelyn Richter“ von der Historikerin und Kuratorin Linda Conze und der Kunstwissenschaftlerin Jeannette Stoschek, im Auftrag des Evelyn Richter & Ursula Arnold Archivs der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Es erschien im Verlag Spector Books (Leipzig).