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Hoffnung auf Erfolg. Akteurszentrierte Handlungskonzepte in der Migrations- und Flüchtlingsforschung
(2018)
Die Herausforderung besteht somit in einer reflektierten Verbindung von historischer Wissens- und Migrationsforschung.[37] Darin könnte die Chance liegen, die oftmals eindimensionale Wahrnehmung von Migrant/innen als Opfer restriktiver Grenzregime aufzubrechen, denn sie blockiert tendenziell eher Erkenntnismöglichkeiten, als dass sie neue eröffnet. Wenn ein Konzept wie Eigen-Sinn dazu beitragen würde, die verengten Perspektiven auf Migrationsregime zu erweitern, wäre das nur zu begrüßen. Allerdings spricht die bisherige Inanspruchnahme des Begriffes dafür, doch eher auf andere handlungstheoretische Konzepte wie die Analyse von individuellen und kollektiven Handlungsspielräumen zurückzugreifen oder einer an die Arbeiten von de Certeau angelehnten und auf globale Migrationsbewegungen zugeschriebenen »Rhetorik des Wanderns« zu folgen. Eines zeichnet sich indes jetzt schon ab: Ohne eine stärkere und theoretisch durchdachte Berücksichtigung akteurszentrierter Konzepte wird die Migrationsforschung zentrale Aspekte ihres Gegenstandes weiterhin nur oberflächlich erfassen können.
Hochgespannte Erwartung. H.G. Wells’ Utopie einer »befreiten Welt« am Vorabend des Großen Kriegs
(2014)
In der belletristischen Literatur spiegeln sich nicht nur die Vergangenheitsbilder einer Epoche, sondern ebenso ihre Vorstellungen von der Zukunft. Müsste man eine Rangliste der literarischen Propheten erstellen, welche als Seismographen die Erwartungen und Befürchtungen ihrer Zeit aufnahmen und verarbeiteten, so wäre dem britischen Autor Herbert George Wells (1866–1946) einer der obersten Plätze sicher. Wie kaum ein anderer Schriftsteller und Intellektueller der späten Viktorianischen Ära verknüpfte er in seinen Werken politische Zeitdiagnostik und phantastische Zukunftsvisionen, und dies nicht allein in den bekannten Klassikern der frühen Science-Fiction-Literatur »The Time Machine« (1895) und »The War of the Worlds« (1898). Wells war ein gleichermaßen populärer, produktiver wie politisch entschiedener Autor, der insgesamt mehr als 50 Romane und eine noch größere Zahl von Sachbüchern vorlegte, von zahllosen Erzählungen und journalistischen Gelegenheitsarbeiten ganz abgesehen.
Die Zeit des Nationalsozialismus, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen besitzen noch immer eine große Brisanz. Das gewaltige Medienecho und der große Besucherandrang während der Ausstellung „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) haben das bestätigt. Die Medien vermittelten teilweise den Eindruck, es handele sich dabei um die bundesweit erste Ausstellung über Adolf Hitler. Darum wurde die Ausstellung sehr bald – und nicht nur aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung – als „Hitler-Ausstellung“ bezeichnet. Die inhaltlich etwas irreführende Verkürzung ist ein Indiz der widrigen Faszinationskraft, die vor allem von der Person Hitlers weiterhin ausgeht.
This article analyses the emergence of European regimes of prevention by focussing on the history of knowledge-related practices as a distinctly modern form of social and political rationality in Western Europe. While the targets, means, logics and institutional forms of preventative interventions differ significantly in European national contexts, the authors also trace the elements of a convergent trajectory in the development of prevention regimes. Based on a case study on Cyprus, the article also highlights how European colonies provided a crucial “laboratory” for the development of innovative approaches to prevention, revealing a “histoire croisée” of prevention practices.
›1948‹ is a key concept in Israeli identity discourse. A signifier of the violent clashes that took place at the end of the British Mandate in Palestine (between the fall of 1947 and the spring of 1949), it encompasses both the foundation of a democratic Jewish nation-state and the destruction of numerous Palestinian communities during the Israeli ›War of Independence‹ and thereafter. The Nakba, the Palestinian catastrophe, could not be overlooked by Israel’s ›generation of 1948‹ and those that succeeded it: it was present in the deserted fields and houses now occupied by Israelis, in the names of the streams, hills and roads Israelis now visited during military drills or school field trips, and in the frequent encounters with Arab ›infiltrators‹ who sought to return to their abandoned homes and lands.1 The mass expulsion and the killings of Arab civilians by Jewish forces were regularly discussed and debated by Israeli politicians, intellectuals, journalists and artists in the ensuing decades.2 Yet with few exceptions, Israeli historians and politicians have seemingly effortlessly merged these atrocities with a commonly accepted ›narrative‹ by, for example, attributing them to rogue, marginal, right-wing militias; depicting cases of expulsion as sporadic and spontaneous events; or justifying them as ad hoc measures taken against the initiators of the violence during the war.
Heiße Rhythmen im Kalten Krieg. Swing und Jazz hören in der SBZ/DDR und der VR Polen (1945–1970)
(2011)
Der Aufsatz geht der Frage nach, wie Hörerinnen und Hörer in der SBZ/DDR und in Polen über Radio, Schallplatten und Live-Musik Zugang zu Jazzmusik erhielten. In beiden Gesellschaften entwickelte sich die Jazzszene in einem charakteristischen Spannungsfeld: Einerseits bezeichneten die sozialistischen Regime Jazz mit Beginn des Kalten Kriegs als „amerikanisch-imperialistische Musik“ und versuchten den „Jazztumult“ aus dem öffentlichen Raum und dem Rundfunk zu verdrängen. Andererseits war es mit Hilfe persönlicher Kontakte zu Menschen im Westen sowie vermittelt über die Programme der US Information Agency weiterhin möglich, sich Zugang zu Jazzmusik zu verschaffen. Der Vergleich der DDR mit Polen zeigt dabei, dass sich die bis dahin ähnlichen Kulturpolitiken beider Staaten ab 1956 wesentlich unterschieden. Polen öffnete sich für Jazz und unterstützte zum Teil die Szene wie auch die Musiker; an den Konzerteinnahmen verdienten die Kulturfunktionäre mit. In der DDR agierte das Regime dem Jazz gegenüber zunächst weiter ablehnend, bis der Beat zum neuen musikalischen Feindbild avancierte.
Um 1980 avancierten in der Bundesrepublik und in West-Berlin Hausbesetzungen und die kollektive Instandsetzung verfallender Häuser zu einem sichtbaren und vieldiskutierten Mittel des Protests. Einer aus ihrer Perspektive verfehlten Wohnungspolitik, die intakte Häuser abriss, setzten unterschiedliche Akteure den Erhalt von Altbauten und damit auch von gewachsenen sozialen Strukturen der Stadtviertel entgegen. Mit der eigenhändigen Instandsetzung der Häuser war das Ziel verbunden, sie zu Orten für neue, alternative Formen des Zusammenlebens und Arbeitens umzugestalten. Instandsetzen hieß, den Beweis dafür anzutreten, dass Flächensanierung als »Kahlschlagsanierung« falsch sei, dass Altbauten erhaltenswert und menschengerechte Städte mit mehr Lebensqualität ohne große Kosten möglich seien.
In den Jahren vor dem Sechstagekrieg entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland eine palästinensische Diaspora, die nach 1967 einen wichtigen Einfluss auf die Palästina-Solidaritätsbewegung im Land erhielt. Arabischsprachige Quellen wie zeitgenössische Presseartikel oder spätere autobiographische Reflexionen werfen dabei nicht nur ein Licht auf das Entstehen dieser Diaspora. Sie zeigen auch, wie die Verbindungen zwischen palästinensischen Gruppen und der radikalen Linken in der Bundesrepublik zu vielfältigen Transferprozessen führten. Seit den späten 1960er-Jahren zirkulierten Argumente, Parolen und Symbole zwischen Orten wie Beirut und Heidelberg, die sich bald in antizionistischen, zum Teil auch antisemitischen Publikationen und Protesten wiederfanden. Vor diesem Hintergrund plädiert der Aufsatz dafür, Archive im Nahen Osten stärker als bisher einzubeziehen, um die transnationalen und globalen Bezüge der deutschen Zeitgeschichte besser zu verstehen.
Museumspolitik – hier das Handeln des österreichischen Staates, der Länder und Kommunen zum Erhalt und zur Förderung der Museen – hat als Teil der Kulturpolitik in der öffentlichen Wahrnehmung keinen herausragenden Stellenwert. Dabei gab es in den letzten Jahren selbstverständlich zahlreiche museumspolitische Entscheidungen, die der sich wandelnden institutionellen Bedeutung von Museen Rechnung getragen und internationale Tendenzen zu Fragen des Sammelns, Bewahrens und Vermittelns von Kultur, Kunst und Natur nachvollzogen haben. Ein Resultat jüngerer Museumspolitik ist beispielsweise die neugestaltete Ausstellung in Mauthausen, dem ehemals größten Konzentrationslager des nationalsozialistischen Regimes auf österreichischem Boden, inklusive der Etablierung eines zeitgemäßen Bildungsprogramms.
Wann ein Mensch als Flüchtling gilt, hängt maßgeblich von der juristischen Einordung des Aufnahmestaates ab. Wird vom Aufnahmestaat anerkannt, dass es sich um eine erzwungene Flucht handelt, beispielsweise durch Krieg oder Verfolgung, besitzt der Geflüchtete Anspruch auf Asyl. Wird dagegen festgestellt, dass ein mehr oder weniger freiwilliger Migrationsgrund vorliegt, besitzt der Staat das Recht auf Abweisung. Diese Unterscheidung ist höchst problematisch, da die Aufnahmestaaten politisch entscheiden, welcher Rechtsstatus an welche Person vergeben wird (Benhabib 2009; Krause 2016).