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Die Deutschen tun sich schwer mit dem Kolonialismus. Lange Zeit an Universitäten wie im öffentlichen Bewusstsein ignoriert und vergessen, wird er seit einigen Jahren zwar erinnert, jedoch meist exotisiert und banalisiert. Hegels bekanntes Diktum, dass Afrika keine Geschichte habe, wird offenbar immer noch von vielen geglaubt, zumindest in der Form, dass, wenn es eine Geschichte hat, diese auf jeden Fall keinerlei Bedeutung für die eigene, sei es die europäische, sei es die deutsche, besitze.
Die Geschichtswissenschaft stellt sich auf der einen Seite als eine von vielen Disziplinen in einer Universitas litterarum dar, auf der anderen erhebt sie den Anspruch, „alles“ als ihren Gegenstand zu betrachten. War es bis 1945 üblich, in „Geschichte“ immer nur bestimmte Facetten des vergangenen Lebens von Völkern, Staaten, Gesellschaften zu sehen – die Schwerpunkte konnten wechseln, das unterlag einer Art „Mode“ – und diese dann wie in einem „Kanon“ aufzulisten, so ist dieser „Kanon“ seitdem immer fragwürdiger geworden. Zwar gibt es noch die konventionellen Einteilungen, etwa in politische, militärische, wirtschaftliche, kulturelle Geschichte, und die Strukturen traditionsreicher Universitäten werden oft durch althergebrachte Lehrstühle für verschiedene Teilgebiete der Geschichte bestimmt, aber das ist heute nicht mehr die Regel.
Im historischen Rückblick stellen sich viele Fragen über die DDR noch einmal. Die heutigen Antworten weichen aber mitunter nicht unerheblich von früheren Antworten ab. Dies ist nicht allein auf das Auffinden neuer Daten, Fakten und Quellen zurückzuführen, sondern vielfach auch auf veränderte Denkmuster und andere theoretische Analysemodelle. Die auf dieser Grundlage mögliche Neuinterpretation betrifft unter anderem den historischen Platz, den Charakter der Produktionsweise und die Definition der Wirtschaftsordnung der DDR, darüber hinaus aber auch ihr Verhältnis zur Bundesrepublik. Hier soll der Versuch unternommen werden, die Wirtschaft der DDR im Kontext der Debatte um den Fordismus als Produktions- und Sozialmodell der westlichen Welt zu analysieren und dabei auf einige, bisher in der komparativen DDR-Forschung wenig beachtete Aspekte aufmerksam zu machen.
Kritik der Sicherheit. Vom gouvernementalen Sicherheitsdenken zur Politik der ‚geteilten Sorge‘
(2009)
Sicherheit ist ein «essentially contested concept», ein politisch umkämpfter Begriff. Mit Sicherheit wird heute Politik gemacht, und um die Bedeutung von Sicherheit wird gestritten. Sicherheitsdiskurse bilden zentrale Einsatzstellen, an denen politische und soziale Verhältnisse verhandelt, strukturiert und machtpolitisch gestaltet werden. Vor diesem Hintergrund ist eine dringliche Frage, welche Sicherheitskonzepte derzeit die Macht haben, sich als hegemoniale Formen durchzusetzen und sich weltweit zu globalisieren. Den Konturen dieses Sicherheitsverständnisses denken vor allem kritische Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler nach: Sozialkontrolle, Gesundheitsprävention, privatisierte Kriegsführung, ethnisierende Terrorismusbekämpfung und individuelles Risikomanagement sind Analysefelder, die gegenwärtig im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen und das aktuelle Bezugsfeld des hegemonialen Sicherheitsdenkens umreissen.
Welchen Einfluss hatte die Dieselmotortechnologie auf die öffentliche Perzeption von Dieselfahrzeugen und damit auch auf ihre Absatzentwicklung in Deutschland und in den USA im Zeitraum von 1976 bis 1985? Dieser zentralen Frage geht folgender Beitrag nach und legt dar, dass Konsumenten ihre Kaufentscheidung für einen Diesel und gegen einen Benzin-Pkw nicht allein an rational-ökonomischen Gründen ausrichten, wie dies gängige Erklärungsmodelle betonen. Als alternatives Modell bieten sich so genannte Rationalitätsfiktionen an, die Konsumenten bei ihrer Kaufentscheidung als Rationalisierungsstrategie dienen. Anhand der drei Fallbeispiele Volkswagen Golf Diesel, Mercedes-Benz Diesel und Oldsmobile respektive GeneralMotors Diesel wird analysiert, wie die technischen Eigenschaften der Dieselautos mit ihrer Wahrnehmung korrelierten und wie sich dies in der Absatzentwicklung in beiden Ländern niederschlug. Entscheidend ist, dass sich in den USA bereits während der für die Marktdurchdringung wichtigen Phase um das Jahr 1981 eine überwiegend negative Sichtweise durchsetzte, die bis heute im Kern ihre Gültigkeit behielt. Seitdem gelten Diesel zum Beispiel als unzuverlässig und lahm. Diese dominierende, kulturspezifisch negative Wahrnehmung ließ das Interesse der Konsumenten an Dieselautos abflauen und verhinderte einen erneuten Dieselboom. In Deutschland bewahrten die Diesel demgegenüber ihre positiven Attribute wie Langlebigkeit und Zuverlässigkeit. Dort unterlagen der Kauf und der Besitz eines Diesels infolgedessen keinem sozialen Rechtfertigungsdruck, was maßgeblich zum Absatzboom Anfang der 1980er Jahre beigetragen hat.
Grenzpfähle der Tabuzone. Vom schwierigen Umgang mit Krieg, Gewalt und toten Körpern im Museum
(2010)
Zum Krieg gehört der Tod: Für den Historiker Michael Geyer sind „die willentliche, kalkulierte, menschliche Planung des Massen-Todes, sein öffentlicher Gebrauch im Gefecht und die Erfahrung der Überlebenden mit dem Massentod“ Grundlage des kriegerischen Handelns. Diese Praxis zu rekonstruieren sei Aufgabe der Kriegsgeschichte. Nicht das Gefecht allein, sondern das Töten im Gefecht gehöre ins Zentrum der Analyse, denn „Kriegsgeschichte ist Geschichte organisierter Tötungsgewalt.“ Mit Blick auf Carl von Clausewitz’ Beschreibung der Atmosphäre des Krieges zwischen Gefahr, körperlicher Anstrengung, Ungewissheit und Zufall formulierte Geyer: „Kein Zweifel, Krieg als physische Gewalt spielt sich in Form widerstrebender Gemütsbewegungen in den Köpfen und Leibern der Soldaten ab. Die Arbeit am Tode ist, als Arbeit am Leib, eine Arbeit in Metaphern. Sie kommt zu keinem Ende, da das Zerbrechen der Körper sich der Darstellung entzieht.“
»Haben Sie ganz persönlich das Gefühl sozialer Sicherheit für sich und ihre Familie? Ja? Mehr ja als nein? Mehr nein als ja?«, oder: »Ich weiß nicht?«. Mit dieser Frage begann das Institut für Soziologie und Sozialpolitik der Akademie der Wissenschaften 1983 eine Umfrage zum Einfluss der Sozialpolitik auf die Gewährleistung sozialer Sicherheit in der DDR. Die 1.261 befragten Männer und Frauen sollten sich dazu äußern, was soziale Sicherheit für sie persönlich bedeutete, und erklären, ob sie den einzelnen Bürger, den Staat, die eigenen Kinder, die Sozialversicherung oder die Betriebe für die Gewährung derartiger Sicherheiten in der Verantwortung sahen. Sie waren aufgerufen, das soziale Sicherungssystem der DDR mit dem der Bundesrepublik zu vergleichen, und wurden daraufhin befragt, welche sozialen Gruppen künftig besonders gefördert werden sollten. Schließlich sollten sie erklären, ob sie Aussagen zustimmten wie »Es gibt zu viele Leute, die unsere sozialpolitischen Maßnahmen ausnutzen, um sich Vorteile zu verschaffen« oder »Da jeder seinen Arbeitsplatz sicher weiß, lässt die Arbeitsdisziplin zu wünschen übrig«.
Jenseits der Liberalisierungsthese. Individualität in Westberlin zwischen Kriegsende und Mauerbau
(2010)
Die Konzepte der Individualität und Individualisierung nehmen in der deutschen Zeitgeschichtsforschung eine wichtige, doch wenig reflektierte Stellung ein. Eine Reihe von Autoren sieht die Hinwendung zum Individuum als zentralen Aspekt der Abwendung vom nationalsozialistischen Autoritäts- und Kollektivitätsdenken, sei es in der letzten Kriegsphase, als die Deutschen „Autonomie, Eigeninteresse und Überlebenswillen“ entdeckten, oder erst in den 1950er-Jahren, als sich das Verständnis von Vaterschaft demokratisierte, Gymnasiasten und Studenten für Jazz schwärmten und sich Wünsche auf den Konsum von Waren statt auf die Eroberung anderer Länder richteten.
Early twentieth-century managers identified the human factor in industry as one of the crucial problems of their time. This article reviews recent research on the development from unsystematic labour management to human resources management. Current studies transcend the well-known labour process debate, which focussed on management’s intent to control workers.Growing concern is laid on the fact that some early twentieth-century employers already practised strategies, which are characteristic of post-Fordism, e. g. that it would be more important to utilise individuals than control them with discipline. Studies on scientific management, social engineering, and the human relations approach are reviewed. Furthermore, I shall discuss the question which ones of these concepts were in fact adapted on work floor level. However, it has been proved that regimes of workforce government due to the power of foremen and supervisors were partly independent of higher management’s strategies.