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Wolfgang Kaschuba zählt zu den bekanntesten empirisch forschenden Kulturwissenschaftlern in Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Anglistik sowie Kulturwissenschaft und Philosophie. 1982 wurde Kaschuba an der Universität Tübingen promoviert, 1987 habilitierte er sich dort im Fach Empirische Kulturwissenschaft/Volkskunde. Seit 1992 lehrt er an der Humboldt-Universität zu Berlin als Professor für Europäische Ethnologie. Kaschuba war stellvertretender Sprecher des transatlantischen DFG-Graduierten-Kollegs »Metropolenforschung Berlin – New York« und Geschäftsführender Direktor des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung. Zudem ist er Mitherausgeber mehrerer Buchreihen und Zeitschriften, darunter »Geschichte und Gesellschaft« sowie »WerkstattGeschichte«. Das Gespräch mit Wolfgang Kaschuba führte Hanno Hochmuth.
»Berlin war anders«, schrieb die Journalistin Susanne Kippenberger 2009 in treffender Hilflosigkeit über das eingemauerte Gebilde zwischen DDR und Bundesrepublik, dessen quecksilbrige Facettenvielfalt so eigentümlich mit seinen scharf markierten Grenzen kontrastiert. Das Berlin, das sie meinte, war West-Berlin – in ihrer Erinnerung einerseits wild und elektrisierend, andererseits übersichtlich und familiär, eigentlich riesengroß und doch eher ein Dorf. West-Berlin war anders – aber wie und was war West-Berlin?
Die „Dritte Welt“ hat es nur als abstraktes wirkmächtiges zeitgenössisches Ordnungsmuster der Welt gegeben. Der Begriff wurde von imaginären und tatsächlichen Entwicklungen in den Ländern Asiens und Afrikas sowie zum Teil auch Lateinamerikas geprägt. Jürgen Dinkel zeigt die entsprechende Aufladung des schillernden Begriffs ebenso wie das jeweils politische und wirtschaftliche Agieren dieser an sich sehr unterschiedlichen Länder auf, um mit der Historisierung von Geschichte und Semantiken der Dritten Welt zu beginnen.
Eine Grundfrage der von Péter Korniss erstellten fotografischen Arbeiten war stets die nach den Möglichkeiten der transgenerationalen Weitervermittlung von Werten innerhalb einer Gemeinschaft. Geht die „alte Welt“, gehen die ländlichen Traditionen in unserer modernen Zeit unwiederbringlich verloren? Werden die Bräuche vom Neuen überlagert? Oder gibt es Spuren des Vergangenen, die erfolgreich mit in die Zukunft übernommen werden können? Bei der Beschäftigung mit Korniss‘ fotografischem Werk fällt auf, dass er im Zuge seiner Arbeit eine Bindung, teilweise sogar Freundschaften, zu den fotografierten Menschen aufbaute und dass er sie über längere Zeiträume hinweg begleitete.
„Volksgemeinschaft”
(2014)
„Volksgemeinschaft”, wie sie vom NS-Regime propagiert worden ist, hat es als soziale Wirklichkeit nicht gegeben. Nicht in der Feststellung eines sozialen Ist-Zustandes, sondern vielmehr in der Verheißung, in der Mobilisierung lag die politische Kraft. Michael Wildt plädiert in seinem Beitrag dafür, den Begriff der „Volksgemeinschaft“ praxeologisch zu verstehen und nach den Praktiken ihrer Herstellung zu fragen. In dieser analytischen Perspektive bildet „Volksgemeinschaft” keine festgefügte soziale Formation, sondern wäre vielmehr als soziale Praxis zu untersuchen.