Fotografie
Refine
Year of publication
Document Type
- Online Publication (110)
- Journal Article (38)
- Part of a Book (1)
Is part of the Bibliography
- no (149) (remove)
Wir leben in einem Zeitalter, in dem das Visuelle über andere Kommunikationsformen dominiert. Daher ist es kaum überraschend, dass auch in der Geschichtsforschung die visuellen Quellen wie Fotografien derzeit Hochkonjunktur haben. Der Blick der militärgeschichtlichen Forschung wiederum ist heute auf die Perspektive und Erfahrung von Einzelpersonen fokussiert. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die persönlichen Fotografien und Fotoalben der Kriegsteilnehmer mittlerweile häufiger als Quelle für Forschungen sowie als Material für verschiedene Ausstellungen herangezogen werden.
Natürlich gibt es Bilder der Shoa, die voll des Grauens sind und auf den ersten Blick Einhalt gebieten. Die Gewalt, die in ihnen ist – die Gewalt, die die Bilder zeigen und/oder die das Machen der Bilder ausdrückt – springt sofort ins Auge. Der Fotograf oder (viel seltener) die Fotografin war Teil der Tat oder stand den Tätern nahe. Die Kamera war zur Waffe geworden, die die Betroffenen zusätzlich entwürdigte. Oft ist die abgebildete Gewalt solcherart, dass die Betroffenen sie nicht überlebt haben können. Sie können also ihre Zustimmung zum Zeigen der Fotos nicht mehr gegeben haben. Doch wurden auch jene, die überlebt haben, in der Regel nicht gefragt, was sie von einer Veröffentlichung der Fotos halten.
In einer Notiz von Joseph Goebbels findet sich der Hinweis auf eine Sentenz des Reichspresseleiters Max Amann, dass die Zeitschrift „Signal“ „wertvolle Blockadebrecherarbeit gegen den frühen beherrschenden antideutschen Zeitschrifteneinfluß in Europa geleistet“ habe – und das bereits im April 1940. Der Einfluss dieser Zeitschrift auf die offizielle Kriegspropaganda vieler Staaten kann kaum überschätzt werden. Denn im Vergleich selbst zu großen Magazinen wie „Life“, „Picture Post“ oder auch „USSR im Bau“ war „Signal“ einfach ein grafisch wie vom Bildmaterial her gut gemachtes Blatt, gerade in jenem vorsprachlichen Jargon der Designer, die zu jener Zeit für das Machen von Zeitschriften verantwortlich waren. Noch in den 1980er Jahren bekannte der Bildjournalist Robert Lebeck, in „Signal“ mehr gute Bilder gesehen zu haben als in „Life“ oder „Paris Match“ zur selben Zeit.
Der Zweite Weltkrieg ist bis heute in der deutschen und europäischen Erinnerungskultur präsent und wird auf individueller wie kollektiver, medialer Ebene mit ganz bestimmten Bildern assoziiert. Auf deutscher Seite waren vor allem die Propagandakompanien (PK) der Wehrmacht die wichtigsten Bildlieferanten zeitgenössischer Medien. Ihre Fotografien durchliefen eine doppelte Zensur: eine militärische sowie die durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP). Die PK-Fotografen waren aber zumeist aufgrund ihrer Ausbildung, oft auch ihrer ideologischen Prägung nach, in ihrer fotografischen Praxis darauf ausgerichtet, vom Regime gewünschte Bildvorstellungen umzusetzen.
As a photographer, artist and expert in geopolitics, Emeric Lhuisset has a remarkable understanding of human tragedies and areas of conflict. Through his projects in various areas of conflict he opposes the abridged representation of these tragedies; shows hidden aspects of wars; and invites us to re-think war through art. The work of Lhuisset takes up historical and political narratives in their context. The following two projects by Emeric Lhuisset recall tragedies and intervene in spaces where drastic events have taken place.
Eine Woche, bevor der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019 an den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado verliehen wurde, lud das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion ein, um Salgados fotografische Praxis zu diskutieren. Das Podium besetzten die Organisator*innen und Moderator*innen Matthias Gründig, Folkwang Universität Essen, und Dr. Anja Schürmann, KWI Essen, sowie als eingeladene Diskutierende Prof. Elisabeth Neudörfl, Folkwang Universität Essen, Prof. Dr. Elke Grittmann, Hochschule Magdeburg-Stendal, und ich, Dr. Evelyn Runge, CAIS Center for Advanced Internet Studies Bochum.
Als bekannt wurde, dass Sebastião Salgado als erster Fotograf den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019 bekommt, hatte ich das Gefühl, dass er medial vor allem durchgewinkt wurde, obwohl seine Art zu fotografieren innerhalb der Fotografie und Fototheorie stark polarisiert, weil er wie kaum ein zweiter Künstler die Fotografie mit ihren Dichotomien konfrontiert. Er ist Amateur und Profi, Fotojournalist und Kunstfotograf; er produziert nicht nur Fotografie, er vertreibt und kuratiert sie auch; er ist – zusammen mit seiner Frau – seine eigene Agentur und thematisch sowohl konservativ und religiös, als auch an zeitgenössischen Diskursen interessiert. Andere Dualismen sind die zwischen barock und schwarz-weiß, zwischen emotional und ästhetisch distanziert. Sie zeigen sich auch in der Rezeption, je nachdem, von welcher Seite er betrachtet wird. Denn dokumentarische Praktiken werden im Fotojournalismus anders diskutiert als im Kunstbetrieb.
„Ich war damals in Marburg nicht ganz unbekannt durch 24 Farbfotografien, die ich als Postkarten veröffentlicht hatte“ (S. 21). Schlicht und bedeutungsvoll zugleich sind die Worte, die der Apotheker und Drogerie-Fabrikant Georg Heinrich Mylius (1884-1979) in einem der letzten Briefe 1978 seinen 1911 entstandenen Aufnahmen widmete. Als erste fotografische Darstellungen Marburgs in Farbe und als solche seinerzeit ein öffentlich stark beachtetes technisches Novum können diese sogenannten Autochrome (S. 18) nach wie vor einiges Interesse für sich beanspruchen.
Mit dem Erwerb von rund 20.000 Negativen aus dem Nachlass des tschechischen Fotografen Ivan Kyncl (1953–2004) hat die Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen einen bedeutenden Grundstock für eine fotografische Sammlung zur tschechoslowakischen Bürgerrechtsbewegung der 1970er-Jahre gelegt.1 Das Archiv der Forschungsstelle beherbergt die europaweit umfangreichste Sammlung von so genanntem Samizdat, d.h. von Schriftstücken, die jenseits der staatlichen Zensur im ‚Selbstverlag‘ publiziert worden sind.2 Den Hunderttausenden von schriftlichen Dokumenten steht eine kaum geringere Zahl von Fotografien gegenüber. Diese gelangten eher zufällig zusammen mit den schriftlichen Quellen oder mit gesamten Nachlässen von Dissidenten aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn in das Archiv.
Kollegen bei der Arbeit. Die Fotografien von Günter Franzkowiak zwischen Schilderung und Portrait
(2019)
Innerhalb des weit gefächerten Feldes der auf sozialdokumentarische Inhalte ausgerichteten Fotografie nimmt der Bereich der Arbeiterfotografie einen umfangreichen, häufig politisch und sozialkritisch motivierten eigenen Bereich ein. Vor allem im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung und der Wirtschaftskrise zwischen den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert entwickelte sich die authentisch von Arbeitern fotografierte Arbeitswelt mit ihren Schilderungen von Produktions- und Arbeitsbedingungen zu einem auch agitatorisch eingesetzten eigenen Bereich der Fotografie. Von der beschreibenden Darstellung bis hin zu über Missstände aufklärenden Gesichtspunkten gehört die Arbeiterfotografie bis heute zu wichtigen bildjournalistischen Inhalten.