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Grenzgänger des Wissens. Zur Historizität und Aktualität von Hans Peter Duerrs »Traumzeit« (1978) (2025)
Widmer, Louis
»Innerhalb kürzester Zeit wurden 150.000 Exemplare verkauft, so etwas kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.« Mit diesen Worten blickte der Ethnologe Hans Peter Duerr im Jahr 2009 auf sein Werk »Traumzeit« zurück, dessen Strahlkraft sich an den unzähligen Besprechungen in Fachzeitschriften und Feuilletons ablesen lässt. Der 1978 im linken, westdeutschen Syndikat Verlag publizierten Erstausgabe folgten in wenigen Jahren fünf weitere Auflagen. 1985 erschien eine Neuausgabe bei Suhrkamp, die ihrerseits stetig nachgedruckt wurde (zuletzt 2021 bzw. seither als Print on Demand), und zudem eine Übersetzung ins Englische. Auf dem Rücken des roten Suhrkamp-Bandes prangt der Tribut der Schweizer Zeitung »Die Weltwoche« an ein »mittlerweile berühmt gewordenes Kultbuch«. Während der Paratext die »Traumzeit« diskursiv in die luftigen Höhen eines wie auch immer definierten Kanons erhebt, tat der Bergsteiger Reinhold Messner dies 1979 ebenso performativ wie wörtlich, indem er das Buch in seinem Rucksack zusammen mit Werken von Platon und Tolstoi auf den K2 trug. Auch wenn Duerr partout keinen »Klassiker« geschrieben haben will, muss er sich heute das Etikett des »meist gelesenen Ethnologen der deutschen Nachkriegszeit« gefallen lassen. Kurz: Bei der »Traumzeit« handelte es sich, um die Wortschöpfung eines Fachrezensenten zu gebrauchen, fraglos um einen »Ethno­bestseller«, der auch als solcher beworben wurde.
Games, Comics, Nazi-Verbrechen. Zur Funktion gezeichneter Bilder in historischen Serious Games (2025)
Grünkorn, Malte
Comic-Autor:innen haben einen produktiven Umgang mit medialen Eigenheiten gefunden, um Geschichte darzustellen, auch und gerade in Bezug auf traumatische Gewaltgeschichte und die NS-Massenverbrechen. Für Games hingegen kann dies eher noch nicht festgestellt werden. Dies gilt auch für solche Spiele, die dezidiert eine gedenkpädagogische oder geschichtsdidaktische Zielsetzung aufweisen, also historische Serious Games, die sich bisher noch stark an Comics zu orientieren scheinen. Diese mediale Form der sequenziellen gezeichneten Bilder weist einige spezifische Stärken als Form der populären Geschichtsdarstellung auf. In diesem Beitrag beschäftige ich mich daher mit der Frage, was passiert, wenn die gezeichneten Bilder eines Comics digital und interaktiv werden, das heißt die Repräsentation zu einem digitalen Spiel wird.
Von der Graphic Novel in den digitalen Raum (2025)
Loppe, Bettina
Comics oder Graphic Novels wurden in den letzten Jahren verstärkt in Erinnerungskultur und Geschichtsvermittlung zur NS-Zeit eingesetzt. Sie können das Unfassbare darstellen wie kaum ein anderes Medium. Da dieses Medium mit Abstraktionen auf der einen und Leerstellen auf der anderen Seite arbeitet, eignet es sich sehr gut dafür, sich traumatischen Erfahrungen nicht nur über die Textebene, sondern auch auf der visuellen Ebene anzunähern. Comics eignen sich zudem zur Darstellung in digitalen Medien. Doch was bedeutet das für die Erzählung von traumatischen Erfahrungen aus der NS-Zeit? Technische Möglichkeiten wie Augmented oder Virtual Reality können virtuelle Welten entstehen lassen oder die reale Welt durch virtuelle Elemente erweitern. Aber kann und darf man traumatische Erfahrungen mit diesen Möglichkeiten im digitalen Raum erzählen, wie es das interdisziplinäre Forschungslabor SPUR.lab erprobt hat?
Doing Images – Doing Displays. Bilder in historischen Ausstellungen als mehrzeitige Praktiken sichtbar machen (2025)
Jung-Diestelmeier, Maren
Angesichts des exponentiell gewachsenen Bedeutungsgewinns von Bildlichkeit für Erinnerungseinrichtungen ist es sehr wichtig geworden, einen neuen Auftrag anzuerkennen: Neben der Vermittlung von Geschichte müssen Kurator:innen im digitalen und analogen Raum den Umgang mit Bildern, das Lesen visueller Informationen, das kritische Einordnen von historischen und zeitgenössischen Bildproduktionen als Bildungsauftrag annehmen. Bei der Vermittlung von „Visual Literacy“ können Comics und künstlerische Mittel helfen, um Perspektivwechsel und Erkenntnisgewinn zu ermöglichen.
Gewaltdarstellungen in Graphic Novels (2025)
Hugi, Sonja
Wie können Geschichten so erzählt werden, dass Leute sie hören wollen? Die Frage stellt sich allen, die ein Interesse daran haben, dass sich die Gesellschaft mit ihrer eigenen Geschichte auseinandersetzt. Vor allem, wenn diese Geschichte schmerzhaft ist oder so lange zurückliegt, dass scheinbar keine Berührungspunkte zum aktuellen Leben mehr vorhanden sind. Eine mögliche Antwort darauf ist, aus der Geschichte wieder Geschichten zu machen – also den Regeln des Storytellings zu folgen und eine Dramaturgie aufzubauen. Wenn historische Geschehnisse nach diesen Regeln aufbereitet werden, sei es etwa literarisch oder filmisch, ist dem fertigen Produkt in der Regel nicht anzusehen, wo Leerstellen gefüllt wurden, um die Geschichte rund und interessant zu machen. Wird Geschichte in einer Graphic Novel erzählt, stellt sich die Frage nach Realitätstreue nicht in gleicher Weise. Denn die Zeichnung ist immer als ein künstlerisches Produkt erkennbar. Sie ist nicht mit der Realität zu verwechseln - die Form macht deutlich, dass hier mindestens eine Übersetzung stattgefunden hat.
Zeichnen als Instrument (2025)
Köhler, Bettina
Durch Geschichts-Comics können Bilder zu einer Erzählung verbunden werden, ohne dass alles explizit beschrieben werden muss. Sie laden uns ein, tiefer in die visuelle Welt der Vergangenheit einzutauchen und über das nachzudenken, was wir sehen – und was wir nicht sehen. Gleichzeitig geben Comics uns die Freiheit, Geschichte visuell neu zu denken: Wie stellen wir uns eine Epoche vor? Wie sehen Frisuren, Häuser, Kleidung aus? Aber auch: Auf welchen Bildern basiert unser visuelles Verständnis der Vergangenheit, unsere Vorstellung von einem Ereignis? Comics können nicht nur Geschichte erzählen, sie hinterfragen auch, wie wir diese Geschichten erzählen. Und das Zeichnen zwingt uns dazu, genauer hinzusehen und uns bewusst zu machen, dass jede Linie, jede Figur und jedes Objekt eine Entscheidung ist – genau wie jede Formulierung in einem Text. Eine Zeichnung ist ist eine eigenständige Form der Überlieferung und eine Methode der Geschichtsschreibung.
Was man nicht sieht! Perspektivwechsel durch Comics. Einleitung zum Themendossier (2025)
Bartlitz, Christine ; Zündorf, Irmgard
Das Themendossier „Was man nicht sieht! Perspektivwechsel durch Comics“, dessen Beiträge auf Visual History veröffentlicht wurden, zeigt, wie anregend und methodisch innovativ es sein kann, sich mit dem Einsatz und der Funktion von Comics bei der Vermittlung von Geschichte zu beschäftigen. Wir dokumentieren mit dem Themendossier die Ergebnisse eines Workshops, der im Februar 2024 am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) stattgefunden hat. In drei Panels sowie einem World-Café mit Comic-Künstler:innen wurden Comics in Publikationen, Gedenkstätten-Ausstellungen, Filmen und digitalen Spielen sowie in VR-Anwendungen anhand konkreter Praxisbeispiele genauer in den Blick genommen. Dabei standen folgende Fragen im Vordergrund: Wie werden Comics in der Geschichts- und Erinnerungskultur genutzt, um marginalisierte Akteur:innen, aber auch Ereignisse sichtbar zu machen bzw. aus einer anderen Perspektive zu erzählen? Wie wird Gewalt thematisiert? Verändern die künstlerischen Darstellungen tradierte Bilder und Narrationen in Hinblick auf Konstruktion, Quellenkritik und Leerstellen von Geschichtserzählungen? Und ermöglichen die subjektiven Bildergeschichten eine stärkere Partizipation der Rezipient:innen?
Comics als Medium von Erinnerungskultur(en) verstehen (2025)
Gundermann, Christine
Vor fast 35 Jahren veröffentlichte der Historiker Michael F. Scholz den wohl ersten deutschsprachigen Aufsatz zu Comics als neue historische Quelle. Sein damals noch revolutionärer Zugang ist zunächst dank Geschichtsdidaktiker:innen und später auch durch Zeithistoriker:innen etabliert worden. In meinem Beitrag soll es vor allem um den Comic als Erinnerungsmedium gehen, also als Medium, in dem einerseits individuelle Erinnerungen visualisiert werden, das aber andererseits auch als Ausdruck von spezifischen (kollektiven) Erinnerungen verstanden werden kann. Als solches wird der Comic bereits verhandelt und im interdisziplinären und praxisorientierten Raum diskutiert und eingesetzt. Daher lohnt es sich, hier aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive den Comic als Erinnerungsmedium vorzustellen und nach seinen spezifischen Funktionen zu fragen.
Unsterbliche Werte. Über Historizität und Historisierung (2024)
Trüper, Henning
Was soll es bedeuten, dass etwas geschichtlich ist und nicht nur vergangen? Diese nur scheinbar harmlose Frage führt in ein Labyrinth verschiedener Antworten. Hier tut sich eine oft behauptete und ebenso oft bestrittene Beziehung von Geschichtlichkeit und Unsterblichkeit als Leitlinie auf. Im 18. und 19. Jahrhundert entsteht auf eher zufällige Weise eine Ideenkonstellation, in der die Unsterblichkeit der menschlichen Gattung und der einzelnen menschlichen Seele gegeneinander ausgespielt, kombiniert oder auch gemeinsam abgewiesen werden. Erschließbar durch Lektüren geschichtsphilosophischer Beiträge von Leibniz, Nietzsche, Benjamin und anderen, scheint sich für das 20. Jahrhundert zunächst abzuzeichnen, dass die Verschränkung von (Un-)Sterblichkeitsbehauptungen verschwunden ist. Doch tatsächlich hat sie sich vor allem verwandelt und verlagert. Insbesondere zeigt sich im modernen Verständnis von Normen als in die Unsterblichkeit überführten Werten ein unterschwelliger Fortbestand der älteren Konstellation. Die Studie erarbeitet eine neuartige Konzeption von Historizität, Historisierung und deren Zusammenhängen in kulturellen Erscheinungen wie der Totenfürsorge, des Humanitarismus und der Lebensrettung. Damit lassen sich zeitgenössische Welt- und Krisendeutungen bis hin zu derjenigen des Anthropozäns neu erklären.
Vorhersagen und Kontrollieren. Verhaltenswissen und Verhaltenspolitik in der Zeitgeschichte (2024)
Graf, Rüdiger
Die Frage, wie menschliches Verhalten beeinflusst werden kann, ist in der jüngsten Zeitgeschichte virulenter geworden. Auf der Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse versprechen Expert:innen, Menschen durch subtile Interventionen glücklicher, gesünder und wohlhabender zu machen. Zugleich haben die Digitalisierung und Datafizierung unserer Welt Ängste vor einer umfassenden Verhaltensmanipulation und -kontrolle verschärft. Das Buch zeigt, dass es keineswegs selbstverständlich ist, Menschen nicht als handelnde Subjekte, sondern als sich verhaltende Organismen zu begreifen. Es untersucht, wie seit der Behavioral Revolution in der Mitte des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Wissensfeldern, von den Wirtschafts- über die Psychowissenschaften bis zur Kriminologie, ein spezifisches Verhaltenswissen entwickelt wurde. Davon ausgehend analysiert es dessen Bedeutung für den Wandel politischer Steuerungstechniken vor allem in Bezug auf das Umwelt-, Gesundheits- und Finanzverhalten seit den 1970er Jahren.
In this issue (2024)
Kirsch, Jan-Holger
As the sociologist Wolf Lepenies asserts in his ›Brief Cultural History of Re-reading‹, ›The second reading – not the first – determines the value of a book.‹ We have now published one hundred articles under the ›Literature Revisited‹ rubric. Nicolas Berg’s text in our previous issue, which re-examined Victor Klempererʼs The Language of the Third Reich. LTI: Lingua Tertii Imperii. A Philologist’s Notebook (first published in 1947), showed once again how fruitful it can be to take a closer look at the history of the creation, publication and reception of older works, and to view them anew from current vantage points. ›Literature Revisited‹ is not limited solely to the presentation and discussion of oft-cited classics; we also re-read books and essays that may have received less attention upon their original publication, yet, in light of current issues and questions, have earned more focused attention. For the authors of these contributions, ›Literature Revisited‹ can provide an opportunity for renewed engagement with works that the authors, in their early careers, may have already subjected to intense scrutiny; however, some authors are reflecting on publications that they are encountering for the first time. In any case, this format has proved so stimulating that we will of course continue it – with four articles in the current issue.
Zu diesem Heft (2024)
Kirsch, Jan-Holger
»Über den Wert eines Buches entscheidet nicht die erste, darüber entscheidet die zweite Lektüre«, betont der Soziologe Wolf Lepenies in einer »kleinen Kulturgeschichte der Relektüre«. In der Rubrik »Neu gelesen« haben wir mittlerweile 100 Beiträge veröffentlicht. Nicolas Bergs Text über Victor Klemperers »LTI. Notizbuch eines Philologen« (Erstausgabe 1947) hat im vorigen Heft erneut gezeigt, wie ergiebig es ist, der Entstehungs-, Publikations- und Rezeptionsgeschichte älterer Werke genauer nachzugehen und sie aus aktuellen Perspektiven neu zu betrachten. Nicht immer sind es solche vielzitierten »Klassiker«, die in dieser Rubrik vorgestellt und diskutiert werden. Eine Relektüre verdienen auch Bücher und Aufsätze, die bei ihrer Erstpublikation weniger beachtet wurden, aber im Lichte heutiger Fragen stärkere Aufmerksamkeit finden. Für die Autor:innen der Beiträge kann »Neu gelesen« eine Wiederbegegnung mit Werken bedeuten, die sie in einer früheren Lebensphase schon einmal intensiv studiert haben; es können jedoch auch Reflexionen über Publikationen sein, bei denen die Neulektüre eine persönliche Erstbegegnung ist. In jedem Fall hat sich die Rubrik als so anregend erwiesen, dass wir sie selbstverständlich fortsetzen werden – im aktuellen Heft nun gleich mit vier Beiträgen.
Endzeitstimmungsbild. Günther Anders’ Thesen (nicht nur) zur nuklearen Apokalypse (2024)
Dries, Christian ; Walker, Sara
Als Günther Anders’ gesammelte »Gedanken über die atomare Situation« – zehn Aufsätze, Manifeste, Vorträge und eine Fabel – 1972 erstmals erschienen, kamen sie zu spät. Im politischen Klima nach 1968 konnte ihr Autor noch so sehr auf anhaltende Aktualität pochen, längst war die von Anders mitgeprägte Anti-Atom-Bewegung der 1950er- und 1960er-Jahre »eingegangen« (S. XII), und andere Themen wie der Vietnamkrieg hatten sich vor die immer noch »drohende Atomgefahr« (S. XI) geschoben. Hinzu kam die wachsende »Angst vor der vielfältigen und gleichfalls apokalyptische Ausmaße annehmenden Umweltverseuchung« (S. XII). Mit einer invertierten Feuerbachthese hatte Anders außerdem die Zustimmung der akademischen Jugend riskiert: Was heute »fällig« sei, forderte er im annus mirabilis der Studierendenbewegung, »mindestens ebenso fällig wie die Veränderung der Welt, ist die wirkliche Interpretation jener Veränderungen, die malgré nous, auch im Lager unserer Gegner, vor sich gegangen sind und vor sich gehen«. Gemeint war das revolutionäre Potential moderner Technik, die Anders im ersten Band seines Hauptwerks »Die Antiquiertheit des Menschen« (1956) als planetare Übermacht porträtiert hatte, als neues »Subjekt der Geschichte«. In »Endzeit und Zeitenende« spricht er der Technik echte Handlungsmacht zu (wir würden heute »Agency« sagen), nennt die uns umgebenden Artefakte gar »Pseudo-Personen« mit handlungsleitenden »stummen Prinzipien und Maximen« (S. 103), deren gleichsam politisches Endziel eine Welt sei, in der Menschen überflüssig werden (vgl. S. 199). Die Hermeneutik ihres »Totalitarismus« (S. 17) war Andersʼ Antwort auf den technikblinden Fleck linker Theoriebildung. Dass er im Gegensatz zu seinem Freund Herbert Marcuse damit in die Rolle eines Epimetheus der 68er-Bewegung geriet, dürfte ebenso wie der sperrige Titel und der pessimistische Grundton seiner Textsammlung dazu beigetragen haben, den publizistischen Erfolg des Bandes im ersten Anlauf auszubremsen. Das änderte sich erst, als das Buch zwei Jahre nach dem NATO-Doppelbeschluss in einer um ein Vorwort erweiterten, ansonsten aber identischen Ausgabe unter dem griffigeren Titel »Die atomare Drohung« erschien und bis 1986 vier weitere Auflagen erlebte (die aktuelle 8. stammt von 2023).
Mobilities and the History of Mobility (2024)
Liebisch-Gümüş, Carolin
Movement-oriented topics are in vogue. Under the term mobilities, researchers are investigating the connections between various forms of spatial movement (from alpine tourism to forced migration) as well as between movement and standstill. The article presents the history of mobility as a heterogeneous cross-sectional area. This encompasses several fields of research such as transportation, environmental, migration, tourism and global history. The article recapitulates theoretical and methodological considerations from interdisciplinary mobility studies and highlights current research topics, potentials and limitations of mobility history.
Mobilität/en und Mobilitätsgeschichte (2024)
Liebisch-Gümüş, Carolin
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: Bewegungsorientierte Themen liegen im Trend. Unter dem Begriff Mobilitäten/mobilities untersuchen Forscher:innen die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Formen räumlicher Bewegung (von Alpintourismus bis Zwangsmigration) sowie zwischen Bewegung und Stillstand. Das Unterwegssein samt seinen Bedingungen und Folgen avanciert zum eigenständigen historischen Forschungsgegenstand. Der Beitrag stellt Mobilitätsgeschichte als heterogenen Querschnittsbereich vor. Dieser erfasst mehrere Forschungsfelder wie die Verkehrs-, Umwelt-, Migrations-, Tourismus- und Globalgeschichte. Im Beitrag werden theoretisch-methodische Überlegungen aus den interdisziplinären Mobility Studies rekapituliert und Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen, Potenziale und Grenzen der Mobilitätsgeschichte geworfen.
Tagungsbericht: „Was man nicht sieht! Perspektivwechsel durch Comics“. Workshop am ZZF in Potsdam, 1.-2. Februar 2024 (2024)
Schöttler, Sarah
„Geschichte ist oft bilderlos.“ – Damit stellt sich die Frage, wie man in der Präsentation und Vermittlung von Geschichte mit bildlichen Überlieferungslücken umgeht? Es stellt sich aber auch die Frage nach dem Umgang mit überlieferten Bildern, die aus rassistischen, diskriminierenden oder ethischen Gründen nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen gezeigt werden sollten. Wie visualisiert man also Ereignisse, die nicht oder nur bedingt bildlich darstellbar sind? Diesen und weiteren Fragen ging ein dezidiert interdisziplinär ausgerichteter Workshop am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung unter dem Titel „Was man nicht sieht! Perspektivwechsel durch Comics“, geleitet von Christine Bartlitz (Potsdam) und Irmgard Zündorf (Potsdam) nach.
Orientalismus und Okzidentalismus in Plakaten (1945-2001). Die Migration visueller Stereotype von Ost nach West und von West nach Ost (2017)
Chahine, Rima
In meinem Forschungsprojekt geht es um Plakate als eine spezielle Form der Gebrauchsgrafik. Gegenübergestellt und gleichzeitig miteinander in Beziehung gebracht werden „okzidentale“ und „orientalische“ Plakate, vornehmlich Werbeplakate, die auf der „westlichen“ Seite orientalistische Motive und auf der „orientalischen“ Seite okzidentalistische Formsprache und Informationsgehalte verwenden. Der Untersuchungszeitraum ist die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ab 1945 bis zum September 2001, also bis zu der Zeit, bevor der sunnitisch geprägte Fundamentalismus für die Kunst relevant wurde. Dabei werden die künstlerischen Verbindungen und Wege von Motiven zwischen West und Ost verfolgt und somit die komplexen Beziehungen zwischen der Plakatproduktion zweier sich selbst jeweils als „anders“ wahrnehmender Kulturen untersucht. Es geht nicht nur um Unterschiede, sondern gleichermaßen um Gemeinsamkeiten, Übernahmen, Verwandlungen, wechselseitige Stereotypisierungen und um möglicherweise parallele Entwicklungen, also um transkulturelle Prozesse, die an konkreten und in den jeweiligen Gesellschaften sichtbaren Kunstprodukten ablesbar sind.
„The Family of Man“: Zur Bildsprache der Internationalen Organisationen im Mid-Century (2018)
Moisel, Claudia
Ausgehend von der These, dass die Internationalen Organisationen im Zeitalter der Dekolonisation nach 1945 auf die Erfindung einer neuen Bildsprache angewiesen waren, die uns bis heute zutiefst vertraut ist und inzwischen selbstverständlich anmutet, fragt das Projekt nach Akteuren, Politik und Praxis des Fotojournalismus im Mid-Century. Die Geschichte der Internationalen Organisationen ohne ihr Bildprogramm erklären zu wollen, läuft daher zumindest für die nach unserem heutigen Verständnis naiv-optimistischen 1950er Jahre ins Leere: Bilder waren die Sprache, welche weltweit verstanden werden konnte, und sie waren – vieles weist darauf hin – anders als die „Weltsprachen“ Englisch oder Französisch zumindest zeitgenössisch als herrschaftsfreie Ausdrucksformen weitgehend akzeptiert.
Anthropocene (2024)
Tanner, Ariane
The “Anthropocene” has garnered much attention since the turn of the millennium, being widely and controversially discussed in the natural sciences and the humanities as well as in the media and the arts. Ariane Tanner explains the history of the term and shows how the concept enables contemporary historians to rethink temporality and agency in history, allowing them to expand their research questions, methods and narratives.
Hydroelektrische Projektionen. Imaginationen der Wasserkraft im Industriefilm (2019)
Zimmer, Fabian
Die Wasserkraft ist umstritten. Aktuelle Proteste zeigen das Konfliktpotential von geplanten wie von bereits gebauten Wasserkraftwerken. Die Bauten bedeuten empfindliche Eingriffe in Landschaften und Lebensweisen. Entsprechend haben Konflikte zwischen Wasserkraftunternehmen und ihren Unterstützern auf der einen und betroffenen Anrainern und Natur- und Heimatschützern auf der anderen Seite eine lange Geschichte. Mein Dissertationsprojekt rückt die 1950er-Jahre in den Mittelpunkt. In diesem Jahrzehnt trafen drei Entwicklungen zusammen: Einerseits boomte der Bau von Staudämmen und Wasserkraftwerken in ganz Europa mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der zunehmenden Verfügbarkeit von Ressourcen nach dem Zweiten Weltkrieg, noch bevor die Energiegewinnung aus Öl und später die Atomenergie den europäischen Elektrizitätsmarkt und die imaginierten Technikzukünfte dominieren sollten. Andererseits kam in diesem Jahrzehnt auch erstmals ein durchsetzungsfähiger Protest gegen den Bau von Wasserkraftwerken auf. In diesem Spannungsfeld schließlich ließen Wasserkraftunternehmen unzählige Filme produzieren.
Oral History (english version) (2024)
Althaus, Andrea ; Apel, Linde
Oral history has been enriching the theoretical and methodological debates of German-language contemporary history research for over forty years. While early skepticism towards oral history has long since given way to its broad (and sometimes uncritical) acceptance and application, there is still much debate about what exactly it is as both a method and a research field, and what value for historiography – and as source material – it has. In our contribution to the debate, we explore how oral history has developed over time, which international and interdisciplinary influences have proven significant, its underlying theoretical and methodological concepts, and which factors might shape its future.
Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst. Künstlerische Strategien zur Befragung von Geschichtsbildern seit den 1990er Jahren (2020)
Franke, Melanie
In dem Forschungsprojekt „Künstlerische Strategien zur Befragung von Geschichtsbildern seit den 1990er Jahren“ geht es um den Erkenntnisbereich der Geschichte in der Kunst nach dem Ende des Kalten Kriegs. Es knüpft damit an die Tradition des Historienbildes an, das im 20. Jahrhundert seinen Niedergang erfuhr. Doch nach seinem Ende beschäftigen sich Künstler*innen in ihren Arbeiten weiterhin mit geschichtlichen Ereignissen aus Vergangenheit und Gegenwart – das Historienbild ist von noch genauer zu definierenden Geschichtsbildern abgelöst worden.
In Search of the Drowned: Testimonies and Testimonial Fragments of the Holocaust. An interdisciplinary digital monograph (2022)
Toth, Gabor
During the Holocaust 5.8 million people were killed; most of the victims did not leave behind any record that could help reconstruct their experience. While survivor history has been well studied in the last decades, how millions of voiceless victims experienced their persecutions has remained a terra incognita. Generally, while perpetrator history is well-documented, the voiceless victims’ perspective has resisted any form of documentation; their emotional and mental experiences conveyed through novels and memoirs have remained fragmented and they have often been dismissed as subjective and unreliable. Today Digital History and Digital Humanities offer new forms of inquiry and representations; they can unlock the emotional, mental, and physical realities which voiceless victims of the Holocaust or other genocides were forced to live in.
Klimagipfelkunst. Kunst und politisches Event, 1972-2022 (2022)
Burchert, Linn
Das Projekt untersucht erstmals die „Klimagipfelkunst“ als einen Korpus, um daran exemplarisch Spezifika und Entwicklungen im Verhältnis von Kunst zu Politik, Gesellschaft und Wirtschaft seit den 1970er Jahren zu eruieren. Es macht sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe, Positionierungen und Institutionalisierungen der Kunst im Rahmen politischer Gipfel zu untersuchen. Durch Workshops und Kooperationen soll die Thematik zudem auf weitere Anlässe erweitert werden, beispielsweise auf Kunstprojekte anlässlich von G8- oder G20-Gipfeln, Weltwirtschaftsforen oder auch von politischen und institutionellen Jahrestagen.
Eine Bootstour in die Vergangenheit (2024)
Bartlitz, Christine
Die Kuratorin des Jüdischen Museums Berlin trägt Handschuhe, während sie die 31 Seiten des Fotoalbums umblättert. Sie hat das Album der Familie Lindenberger für unser Projekt im Rahmen des Public History-Studiengangs ausgewählt. Wir, Studierende und Dozentin, stehen im Kreis um sie herum und betrachten die 95 dort eingeklebten Fotografien. Eine Woche später sehen wir uns im Seminarraum der Freien Universität Berlin die Fotografien des Albums noch einmal an. Biografische Angaben zur Geschichte der Familie haben wir aus dem Jüdischen Museum erhalten. Sie ermöglichen die Identifikation und familiäre Zuordnung vieler Bilder. Langsam werden uns die auf den Fotografien dargestellten Menschen vertraut, und wir erkennen schließlich die engsten Familienmitglieder auf den ersten Blick.
Skiurlaube (2024)
Won, Junseok
Durch ihre Aufbewahrung und Erhaltung geben die Fotografien einen Einblick in besondere Momente der Familiengeschichte. Die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen die Familie Lindenberger in verschiedenen Lebenslagen, von alltäglichen Szenen bis hin zu ihrer Freizeit. Bemerkenswert im Fotoalbum sind auch die Seiten, die die Bilder der Familie vom Skiurlaub präsentieren. In Deutschland wurde das Skifahren im späten 19. Jahrhundert populär, auch für den Mittelstand. Etwa 35.000-40.000 Deutsche standen auf Skiern. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern war die Zahl sehr hoch, wie eine Münchner Zeitung im Jahr 1912 berichtete. Fotos aus dem Skiurlaub waren daher gleichzeitig auch ein Statussymbol.
Über Ski, Boote und Autos (2024)
Neumeier, Daniel
Auf acht Fotos im Album der Familie Lindenberger fahren die Fotografierten Ski, Schlittschuh oder Schlitten. Auf zwei Bildern sitzen sie auf einer Kutsche und dreimal in einem Boot. Einmal zeigen sie sich mit einem Pferd, zweimal mit einem Fahrrad sowie zehnmal mit einem Auto. Auf 26 der insgesamt 95 Abzüge posieren die Fotografierten mit Fortbewegungsmitteln oder bewegen sich selbst mit ihnen fort.
Was sehen wir? Was sehen wir nicht? (2024)
Harding, Charles
Fotografien sind in ihrer Bildaussage nicht eindeutig. Sie geben nicht „die Realität“ wieder, sondern einen Augenblick, fotografiert aus einer ganz bestimmten Perspektive, mit einer ganz bestimmten Intention. Wir sollten uns Fotografien systematisch nähern, um diese Perspektiven zu erkennen, um den historischen Kontext und den persönlichen Hintergrund des Fotografen/der Fotografin zu verstehen. Dabei hilft es, sich zwei Fragen zu stellen: „Was sehen wir?“ und „Was sehen wir nicht?“
Ist Bleiberecht Menschenrecht? Abschiebungen, Menschenrechte und Freizügigkeit in historischer Perspektive (2023)
Panagiotidis, Jannis
»Es gibt ein Menschenrecht auf Bleiberecht!«, verkündete Sevim Dağdelen, damals Bundestagsabgeordnete für Die Linke, im März 2006. Dabei bezog sie sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall »Sisojeva u.a. gegen Lettland« vom Juni 2005. Es ging dabei um das Ehepaar Svetlana Sisojeva und Arkady Sisojev, die zur Zeit der Sowjetunion Ende der 1960er-Jahre nach Lettland gekommen waren und dort auch eine Tochter bekommen hatten. Ihr Aufenthaltsstatus blieb nach der Unabhängigkeit des baltischen Staates 1991 ungeklärt, da Lettland die Annexion des schon in der Zwischenkriegszeit unabhängigen Landes durch die Sowjetunion 1940 bzw. 1944 nicht anerkannte und die zur Sowjetzeit ins Land gekommenen Personen daher als Ausländer bzw. Staatenlose betrachtete, die gegebenenfalls das Land zu verlassen hätten. Aus einer Binnenmigration wurde somit quasi rückwirkend eine internationale Migration. In ihrer Beschwerde beim EGMR machte die Familie geltend, dass der lettische Staat durch seine Weigerung, ihren Aufenthaltsstatus zu regeln, ihr Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK) verletze. Der EGMR schloss sich mehrheitlich dieser Auffassung an, woraus die Bundestagsabgeordnete Dağdelen folgerte: »Es gibt – unter bestimmten Bedingungen – ein Menschenrecht auf Bleiberecht, das der ausländerrechtlichen Allmacht der Nationalstaaten Grenzen setzt. Dieses Recht steht auch nicht im ›humanitären Ermessen‹ der Behörden. Es gilt absolut!«
Agentin und Gründerin: Maria Eisner (2023)
Hartmann, Reiner
Bis in die 1990er Jahre wurde die Rolle von Maria Eisner als „Secretary and Treasurer“ immer wieder mit Sekretärin und Schatzmeisterin oder Büroleiterin im Gründerkreis der legendären Magnum-Männer übersetzt. Jubiläumsschriften, Dokumentationen und Kurzbiografien weisen Eisner bis heute immer wieder als italienische Fotografin aus, verschweigen dabei aber Teile ihres Werdegangs oder deuten ihren Einfluss auf die von ihr gegründeten Agenturen und der dort arbeitenden Fotografen nur vage an. Infolge ihres frühen Rückzugs aus dem Agenturgeschäft im Jahr 1951 sind ihre Verdienste um Assignments, Editionen und Bildrechte im frühen Bildermarkt sowie ihre Bedeutung als wichtige Mentorin bedeutender Fotograf:innen bis heute wenig beachtet.
Technologie, die verbindet? Informationstechnik und Menschenrechte im digitalen Zeitalter (2018)
Homberg, Michael
Informations- und Kommunikationstechnologien durchdringen gegenwärtig alle Lebens­bereiche. Dabei haben sich mit dem Anbruch des digitalen Zeitalters auch die Vorstellungen von Öffentlichkeit, Privatsphäre und Partizipation stark gewandelt. Techniken des „e-Go­vernments“ steuern politische und soziale Prozesse. Computer regulieren den globalen Finanzmarktkapitalismus, berechnen (und manipulieren) Wahlergebnisse, lenken globale Kommunikationsströme, optimieren industrielle Produktions- und logistische Vertriebsprozesse und speichern überdies das Wissen von Verkehrsbetrieben, Krankenhäusern, Polizeibehörden und Geheimdiensten. Mit dieser Form der „Verdatung der Welt“ sind in den letzten Dekaden neue Wissensräume entstanden. Computer, Suchmaschinen und Datenbanken ordnen unsere moderne Welt.[1] Sie regeln den öffentlichen Raum und stecken zugleich die Sphäre des Privaten ab.
Die UN-Menschenrechtspakte – Ein langer und steiniger Pfad zur Einigkeit (2018)
Ridder, Peter
Im 20. Jahrhundert lässt sich die Geschichte der Menschenrechte in Phasen der Einigkeit zwischen einzelnen Staaten und jenen der Kontroverse erzählen. So gab es Zeiten der Übereinstimmung, in denen sich die Interessen von Staaten und Zivilgesellschaften überschnitten, was die Einführung und Durchsetzung universeller Normen möglich machte, etwa 1945, 1966, 1977 und 1990. Dazwischen gab es aber auch immer wieder Momente, in denen die internationale Gemeinschaft in eben diesen Normen eine Bedrohung sah. Die UNO-Menschenrechtspakte spiegeln diese wechselvolle Geschichte und zeigen, wie die Menschenrechte und das System zum Schutz dieser durch globale Konflikte und transnationale Aushandlungsprozesse geprägt wurden.
Methoden queeren Forschens (2023)
Binder, Beate ; Gammerl, Benno
Queere Methoden – der Begriff ist ebenso unklar wie widersprüchlich. Wie kann so etwas wie Methoden, die für Ordnung und Übersichtlichkeit stehen, mit queer in Verbindung gebracht werden, also mit den damit verbundenen flüchtigen, widerspenstigen Praktiken und Subjektpositionen oder gar mit einem Theoriekorpus, der alle normativen Setzungen zu unterlaufen verspricht? Zunächst ließe sich vermuten, dass queeres Forschen sich mit queeren Themen, Lebensweisen und Selbstverständnissen beschäftigt – so wie sich die historische Forschung mit der Vergangenheit auseinandersetzt. Warum sollten dazu andere als die etablierten Methoden des archivalischen, historischen oder ethnographischen Forschens notwendig sein? So einfach liegen die Dinge jedoch nicht. Genauso wenig wie die Geschichtswissenschaft schlicht Vergangenes erzählt, beschreibt queere Forschung lediglich queere Lebensweisen. Schon lange ist queer nicht mehr nur ein Adjektiv, das im Sinne von LSBTIA* ein Feld von Subjektpositionen bezeichnet. Häufig wird queeren auch als Verb gebraucht, das ein aktives Tun meint – zum Beispiel im Umgang mit Methoden und dem Forschen selbst. Es geht also darum, die Art und Weise zu queeren, wie sich Forscher*innen den Feldern ihres Interesses nähern und ihre Themen erkunden.
Vetorecht der Quellen. Teil 2 (2022)
Arni, Caroline
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Caroline Arni bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie politisch kann, soll und muss Geschichtsschreibung sein?. Teil 3 (2022)
Brauner, Christina
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Christina Brauner bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Eine Geschichte im Singular ?. Teil 4 (2022)
Conrad, Sebastian
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Sebastian Conrad bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie politisch kann, soll und muss Geschichtsschreibung sein?. Teil 3 (2022)
Daniel, Ute
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Ute Daniel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie findet und formuliert man eine gute historische Frage?. Teil 5 (2022)
Frevert, Ute
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Ute Frevert bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie bestimmt die Distanz zum Untersuchungsgegenstand den Forschungsprozess?. Teil 6 (2023)
Gammerl, Benno
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Benno Gammerl bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie bestimmt die Distanz zum Untersuchungsgegenstand den Forschungsprozess?. Teil 6 (2023)
Kalter, Christoph
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Christoph Kalter bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Relevanz der Geschichte. Teil 1 (2022)
Knoch, Habbo
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Habbo Knoch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie findet und formuliert man eine gute historische Frage?. Teil 5 (2022)
Kuchenbuch, David
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von David Kuchenbuch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Eine Geschichte im Singular?. Teil 4 (2022)
Möhring, Maren
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Maren Möhring bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie findet und formuliert man eine gute historische Frage?. Teil 5 (2022)
Neu, Tim
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Tim Neu bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Vetorecht der Quellen?. Teil 2 (2022)
Priemel, Kim Christian
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Kim Christian Priemel bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Eine Geschichte im Singular?. Teil 4 (2022)
Rexroth, Frank
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Frank Rexroth bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie bestimmt die Distanz zum Untersuchungsgegenstand den Forschungsprozess?. Teil 6 (2023)
Roper, Lyndal
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatements von Lyndal Roper bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2022/23 im Online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Relevanz der Geschichte. Teil 1 (2022)
Stollberg-Rilinger, Barbara
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Barbara Stollberg-Rilinger bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Relevanz der Geschichte. Teil 1 (2022)
Trentmann, Frank
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Trentmann bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Wintersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
Wie politisch kann, soll und muss Geschichtsschreibung sein?. Teil 3 (2022)
Bösch, Frank
Dieser Text ist eine Verschriftlichung des Eingangsstatement von Frank Bösch bei der Diskussionsreihe "Geschichtliche Grundfragen". Die von Rüdiger Graf (ZZF), Matthias Pohlig (HUB) und Ulrike Schaper (FU Berlin) initiierte Veranstaltung fand im Winter- und Sommersemester 2021/22 im online-Format statt. Zeitgeschichte|online veröffentlicht die Eingangsstatements der Veranstaltung in einem Dossier. Die Vorträge wurden bis auf wenige Ausnahmen von der Audioaufnahme transkribiert und überarbeitet, dabei wurde Wert darauf gelegt, die rein sprachliche Form der Statements beizubehalten.
African American History (2023)
Knauer, Christine
America’s past and present cannot be understood without taking into account the history of African Americans. Christine Knauer traces the genesis of African American historiography and points out the close link between historiography, the fight for freedom and the civil rights movement in the nineteenth and especially the twentieth century. She describes the current trends and research approaches in African American historiography, ones increasingly being adopted in Europe and Germany in the context of American studies.
In this issue (2023)
Kirsch, Jan-Holger
The Russian war of aggression against Ukraine, now in its second year, has many historical connections and implications – including some which may not immediately spring to mind. The German War Graves Commission estimates that the human remains of more than 800 Wehrmacht soldiers have been uncovered so far over the course of this war, some of them surfacing as new trenches were being dug. Helmets and boots have also been found. Historian Reinhart Koselleck’s (1923–2006) metaphor of Zeitschichten, or temporal layers, acquires here a different meaning and a very concrete materiality. (Koselleck had himself served as a soldier in Ukraine.) In her acceptance speech for the Leipzig Book Award for European Understanding in April 2023, the Russian author Maria Stepanova, who currently lives in Berlin, said: ›Are we condemned to keep reliving the twentieth century with its prisons, concentration camps and propaganda machines, its trench warfare and area bombardments? What can we do when the fabric of language, its texture, suddenly becomes transparent, revealing all the hidden layers of latent and overt violence percolating to the surface?‹
Zu diesem Heft (2023)
Kirsch, Jan-Holger
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, der nun schon seit über einem Jahr andauert, hat vielfältige historische Bezüge und Implikationen – auch solche, an die man vielleicht nicht sofort denkt. Nach Angaben des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge kamen während dieses Krieges bisher menschliche Überreste von über 800 Wehrmachtssoldaten an die Oberfläche, einige davon beim Ausheben neuer Schützengräben. Mitunter werden auch Helme und Stiefel gefunden. Die »Zeit­schichten«-Metapher des Historikers Reinhart Koselleck (1923–2006), der als Soldat selbst in der Ukraine gewesen war, gewinnt hier eine veränderte Bedeutung und sehr konkrete Materialität. In ihrer Dankesrede bei der Verleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung sagte die russische, momentan in Berlin lebende Schriftstellerin Maria Stepanova im April 2023: »Sind wir jetzt dazu verdammt, das zwanzigste Jahrhundert immer wieder neu zu erleben, seine Gefängnisse, Konzentrationslager und Propagandamaschinen, seine Grabenkriege und seine Flächenbombardements? Was tun, wenn das Gewebe der Sprache, ihre Textur, plötzlich durchsichtig wird und man all die verborgenen Schichten latenter und offener Gewalt sieht, die in ihr liegen und nach außen drängen?«
Oral History (2023)
Althaus, Andrea ; Apel, Linde
Seit gut vierzig Jahren bereichert die Oral History die geschichtstheoretischen und methodischen Debatten der deutschsprachigen Zeitgeschichte. Zwar ist die anfängliche Skepsis gegenüber der Oral History längst einer breiten Akzeptanz und (teils unreflektierten) Anwendung gewichen. Doch was diese Methode und Forschungsperspektive genau ist und welchen historiografischen (Quellen-)Wert sie hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Unser Beitrag zu dieser Diskussion fragt danach, welche Entwicklung die Oral History genommen hat, welche internationalen und -disziplinären Einflüsse bedeutsam sind, welche theoretischen und praktischen Konzepte ihr zugrunde liegen und was ihre Zukunft prägt.
Geschichte der Zukunft (2023)
Seefried, Elke
Wie ändert sich unser Blick auf das 20. und 21. Jahrhundert, wenn wir sie durch die „Brille“ der Zukunft betrachten? Welchen Mehrwert an Erkenntnis liefert eine Geschichte der Zukunft? Der Beitrag skizziert die Forschungsgeschichte und Analysekategorien sowie die methodischen Ansätze und Erkenntnispotenziale einer Erschließung des vergangenen Künftigen. Der Fokus liegt auf der deutschen, europäischen und amerikanischen Zeitgeschichte im globalen Rahmen.
Fürsorgediktatur (2023)
Jarausch, Konrad H.
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: In seinem Artikel erörtert Konrad H. Jarausch den Neologismus „Fürsorgediktatur“, ein Spannungsbegriff, der den widersprüchlichen Charakter der DDR vor allem unter Honecker auf einen präzisen Nenner bringen sollte. Mit dem Gedanken entworfen, die festgefahrene Auseinandersetzung um die Geschichtspolitik anzustoßen und eine analytische Debatte zu beginnen, beschreibt Jarausch Kritiken und Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs.
Creative Commons-Lizenzen. Zwischen Freiheit, Bewusstsein und Verantwortung (2023)
Kuban, Josephine
Die ständige und schnelle Abrufbarkeit von Informationen ist einer der großen Vorteile des Internets. Doch im Zusammenhang mit Online-Veröffentlichungen entsteht dabei eine Divergenz zwischen dem technisch möglichen Zugang und der entsprechenden (Nach-)Nutzbarkeit von Inhalten einerseits sowie den rechtlichen Zugangsbeschränkungen zum Schutz von geistigem Eigentum andererseits. So begegnet Nutzer:innen beim Surfen schnell der Satzfetzen „Alle Rechte vorbehalten“, der darauf hinweist, dass das publizierte Werk, sei es ein Text, ein Bild, ein Video oder auch ein Musikstück, eben nicht frei nachnutzbar ist. Die Nutzungsrechte liegen bei den Urheber:innen.
Intersektionale Disability History. Genese und Methoden zwischen normativer Kritik und innovativem Potential (2022)
Schlund, Sebastian
Mit dem vorliegenden Essay möchte ich in erster Linie vorstellen, was eine intersektionale Disability History leisten kann, welche neuen Fragen sie generiert und welche (inter-)disziplinären Anschlussmöglichkeiten sie bietet. Dazu ist es zunächst notwendig, einen Blick auf die Genese der Forschungslandschaft zur Geschichte und Gegenwart von Behinderung zu werfen, da bereits seit einigen Jahrzehnten insbesondere das Verhältnis der Ungleichheitskategorien Behinderung und Gender beschrieben und untersucht wird. Anschließend wird der Einfluss der Intersektionalitätsforschung auf die Disability History vorgestellt, um zu diskutieren, welchen analytischen und theoretischen Mehrwert eine dezidiert intersektionale Herangehensweise an die (Zeit-)Geschichte von Behinderung bieten kann. Am Ende des Beitrags wird eine Auseinandersetzung mit den normativen Implikationen stehen, die sowohl die Intersektionalitätsforschung als auch die Disability History kontinuierlich begleiten. Eine intersektional angelegte Erforschung von Behinderung kann – so mein Argument – erstens zur Reflexion normativer Zwischentöne beitragen und zweitens das methodische Instrumentarium der historischen Ungleichheitsforschung insgesamt bereichern.
Critical Ability History. Für eine Zeitgeschichte der Fähigkeitsnormen (2022)
Mackert, Nina
»I Have Diabetes. Am I to Blame?«, fragte Rivers Solomon im Oktober 2016 in der »New York Times«. Der Artikel war von der Redaktion mit »Disability« getaggt worden, und in ihm verschränkten sich die Beschreibungen von erlebten und zugewiesenen körperlichen und mentalen Defiziten. Solomon war 26 Jahre alt, Afroamerikanerin, dick. Sie kritisierte, dass ihre Krankheit anderen deshalb als selbstverschuldet gelte, als Resultat von mangelndem Wissen und Willen. Ein knappes Jahrhundert zuvor wäre Solomons Erkrankung anders verstanden worden, folgt man Arleen Marcia Tuchmans 2020 veröffentlichter Geschichte von Diabetes in den USA. Tuchman zeigt, dass die Krankheit zwar schon am Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer Folge von übermäßigem Essen und mangelnder Bewegung erklärt, gleichzeitig aber mit spezifischen Befähigungen in Verbindung gebracht wurde. Diabetes galt als typische Krankheit der Erfolgreichen und Modernen. 1936 beschrieb ein Artikel im Magazin »Collier’s« Diabetiker*innen als »bessere Bürger«, die besonders selbstständig und intelligent sein mussten, um ihre Krankheit managen und mit ihr überleben zu können. Galten Afroamerikaner*innen noch zu diesem Zeitpunkt als kaum anfällig für Diabetes (weil sie nicht für »zivilisiert« genug gehalten wurden), wurden sie in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu typischen Diabetes-Patienten. Die Krankheit wandelte sich zum Zeichen von Verantwortungslosigkeit und ungesundem Lebensstil. Das Beispiel zeigt, wie historische Phänomene von unterschiedlichen Fähigkeitsnormen durchzogen sind. Im Vordergrund meiner Skizze steht dabei nicht der behinderte oder von Behinderung »bedrohte« Körper. Vielmehr interessiere ich mich für die Geschichte der Normen und Prämissen »fähiger« Körper und Subjekte, die bestimmten Menschen bzw. Menschengruppen zu- oder abgesprochen werden. Die ganz knappe Historisierung von Diabetes steht exemplarisch für den Blickwechsel, der sich mit einer Critical Ability History vornehmen lässt.
Medizingeschichte – Zeitgeschichte der Medizin (2022)
Hüntelmann, Axel C. ; Michl, Susanne ; Prüll, Livia
Je nach Perspektive wird die „Geschichte der Medizin“ als Teildisziplin der Geschichte oder die „Geschichte in der Medizin“ als Prozess der Selbstreflexion und Selbstvergewisserung in der Medizin betrachtet. Nach einer chronologischen Einordnung der Zeitgeschichte der Medizin folgt ein kurzer Abriss zur Geschichte des Fachs sowie zu seinem Wandel und den damit verbundenen Kontroversen. Anschließend stellen die Autor*innen Themen, Methoden und theoretische Zugriffe sowie Akteur*innen vor und fragen nach dem aktuellen Verhältnis von Medizingeschichte und Medizinethik.
"Echtheit und Emotion." Authentizität als Analysekategorie am Beispiel der Serie "14 - Tagebücher des Ersten Weltkriegs" (2021)
Frank, Miriam
Ziel dieses Aufsatzes ist es, Authentizität als medienwissenschaftliche Analysekategorie im geschichtsdokumentarischen Kontext zu konturieren und nach Besprechung der Referenzebenen und dem Umreißen von Authentizität als Textstrategie und Zuschreibungsphänomen diese als interdiskursive Analysekategorie beispielhaft an der Serie »14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs« zu erproben. Die derzeitigen Vorstellungen »authentischer« Geschichtsdarstellung im doku-dramatischen Bereich implizieren demnach sowohl personalisierende als auch depersonalisierende Strategien. Dabei sind die unter den Kategorisierungen zusammengefassten Merkmale, die im Zusammenhang mit der Serie »14« als »authentisch« verhandelt werden, nicht disjunkt, sondern konturieren die Authentizität über wechselseitige Verweisstrukturen. Und da Authentizität nicht über einen Parameter garantiert werden kann, sondern als Verhältnis von Faktoren und in der Synthese des Ensembles im Text zu untersuchen ist, entsteht eine längere Liste von Merkmalen, welche die Zuschreibung des Prädikats »authentisch« anregen, die allerdings selbst nicht als abgeschlossen zu begreifen ist.
Urgeschichte als "Paläo-Poesie". Authentisierung in Fernsehdokumentationen zur Ur- und Frühgeschichte (2021)
Koch, Georg
Geschichtsdokumentationen im Fernsehen stehen vor der Herausforderung, dem Publikum aktuelles, relevantes Wissen zu präsentieren und es gleichzeitig emotional anzusprechen. Dazu nutzen sie ein umfangreiches Repertoire an erzählerischen und gestalterischen Strategien, die auf zwei unterschiedliche Sphären des Authentischen verweisen: zum einen Legitimierungsstrategien, die auf eine Objektauthentizität abzielen und das Versprechen einlösen sollen, vergangenes Geschehen nach aktuellem Wissensstand darzustellen; zum anderen Emotionalisierungsstrategien, durch die Subjektauthentizität evoziert werden soll, die dem Publikum eine emotionale Teilhabe an dem Gezeigten ermöglicht. Beide Formen von Authentifizierungsstrategien finden sich in Fernsehdokumentationen zur Urgeschichte besonders deutlich, wie in dem vorliegenden Beitrag herausgearbeitet wird. Dabei zeigt sich auch, dass die Gestaltung der Fernsehbeiträge über das eigentliche Ziel hinausgeht und in einer stark durch gegenwärtige Fragen und Herausforderungen geprägten »Paläo-Poesie« mündet.
Fakt - Affekt - Effekt. Zur medial inszenierten Authentizität der Gladiatoren-Darstellungen von Jean-Léon Gérôme (2021)
Sahler, Brigitte
Der Beitrag beschäftigt sich mit den Gladiatoren-Darstellungen des französischen Salon-Künstlers Jean-Léon Gérôme, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit nahezu fotorealistischen Inszenierungen des antiken Alltagslebens große Berühmtheit erlangte. Herausgearbeitet werden die Authentizitätsstrategien des Künstlers, die als grundlegend für die Popularität seiner Werke bis ins 21. Jahrhundert betrachtet werden. Gérômes Vorgehen ist äußerst medienreflexiv und operiert mit einer Verschränkung von Authentizitätszuschreibungen auf mehreren Ebenen. Ein entscheidender Schritt zur Authentizitätssteigerung ist der Medientransfer von der Malerei zur Skulptur, der abschließend in zeitgenössische Praktiken der Wissensproduktion eingeordnet wird.
Historische Authentizität im Spielfilm. Ein Zusammenspiel von Ähnlichkeits- und Differenzerfahrung (2021)
Schumacher, Julia
Der Beitrag beschäftigt sich mit Diskursen, Konzepten und Konventionen von »historischer Authentizität« in populären fiktionalen Spielfilmen, insbesondere, aber nicht ausschließlich im deutschsprachigen Kontext. Der erste Teil widmet sich einer typisch deutschen Tradition der Verknüpfung von filmischer Geschichtsdarstellung und Realismus, die als notwendige Grundlage für die Forderung nach Authentizität in fiktionalen Ausdrücken begründet wird. Der zweite Teil erläutert ein theoretisches Modell, das die Herstellung des Realismus-Eindrucks als Zusammenspiel von ästhetischer Ähnlichkeits- und Differenzerfahrung begreift. Wie sich dies für die Analyse von historisch situierten Spielfilmen anwenden lässt, erläutert der dritte Teil des Beitrags, der zugleich eine Systematisierung von ästhetischen Strategien der Authentifizierung vorschlägt. Zum Abschluss, im vierten Schritt, wird ein Ausblick auf mögliche Bezugspunkte für eine verstärkt kritische Auseinandersetzung mit dem Thema »historische Authentizität im Spielfilm« gegeben.
Authentizität als filmische Konstruktion (2021)
Keilbach, Judith
Der Beitrag geht der filmischen Konstruktion von Authentizität nach. Hierfür werden zunächst verschiedene filmtheoretische Positionen zum Realitätsgehalt von fotografischen Bildern vorgestellt, um divergierende Konzeptionen von Realität aufzuzeigen. Anschließend werden unterschiedliche filmische Verfahren aus dem Bereich des Dokumentarfilms besprochen, die zum Eindruck von Authentizität beitragen. Um die paradoxale Struktur des Authentischen aufzuzeigen, werden die eingangs vorgestellten filmtheoretischen Überlegungen anhand des Spielfilms »Come Back, Africa« (1959) diskutiert. Abschließend beschäftigt sich der Beitrag mit der Inszenierung der Produktion von dokumentarischen Bildern, mit der die Fernsehserie »Holocaust« (1978) und der Spielfilm »Son of Saul« (2015) die Glaubwürdigkeit ihrer Erzählung unterstreichen.
Authentizität, Medien, Moderne. Eine Beziehungsgeschichte zur Einführung (2021)
Classen, Christoph ; Saupe, Achim ; Wagner, Hans-Ulrich
Wie stellt sich das Verhältnis von Authentizität, Medien und Geschichte unter den Bedingungen der fortgeschrittenen Moderne dar? Der Text führt kursorisch in dieses Dreiecksverhältnis ein und zeigt die Probleme auf, in die das Konzept von Authentizität angesichts der Unvermeidbarkeit von Medien in historischen und generell kommunikativen Zusammenhängen führt. Plädiert wird daher für eine heuristische Perspektive, die solche Widersprüche und Spannungen für die Analyse von Geschichtsbildern sowie in historischer Perspektive produktiv macht.
Kontextualisierung oder Eine Fotografie und ihre Geschichte(n). Entstehung – Verbreitung – Rezeption (2022)
Rudolf, Violetta
Jede Fotografie hat ihre eigene Entstehungsgeschichte. Eine Person drückt mit einer individuellen Intention auf den Auslöser einer Kamera: Die Linse ist dabei auf ein Motiv gerichtet, das für den Bruchteil einer Sekunde abgelichtet und konserviert wird. Vielleicht zeigt es Menschen, Tiere, Landschaften, einen Straßenzug, Gebäude oder den Wimpernschlag eines historischen Ereignisses. Fotografien stehen je nach Fundort oder Publikationsart entweder für sich oder in Sinnstrukturen, die beispielsweise aus weiteren Fotografien, Notizen, Bildunterschriften oder Texten bestehen können. Die Verbreitungswege und Verwendungsweisen von Fotografien sind vielfältig. Jeder Mensch betrachtet eine Fotografie vor dem Hintergrund eigener Lebenserfahrungen und -eindrücke sowie durch eine medial geprägte Bilderwelt. Somit ist Kontextualisierung analytisch auf den drei Ebenen der Produktion, Verbreitung und Rezeption zu denken.
„Todestango“? Über ein Foto aus einem NS-Lager in Lemberg/Lviv (2022)
Dietz, Dirk
Der „Todestango“ gehört zu den bekanntesten und zugleich rätselhaftesten Kompositionen, die in Konzentrations- und Vernichtungslagern der SS gespielt worden sein sollen. Der Legende nach entstand er im Zwangsarbeits- und Durchgangslager Janowska in Lemberg/Lviv, der damaligen Hauptstadt Galiziens, das nach dem Überfall des Hitler-Regimes auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 unter deutsche Besatzung geriet. In einer Bildanalyse führt Dietz aus, dass wesentliche Inhalte, die Rückschlüsse (oder Zweifel) über den Ort der Aufnahme erlauben, im bisherigen Diskurs übergangen wurden. In diesem Zusammenhang wird die Frage zu diskutieren sein, ob die Aufnahme wirklich das Orchester des Janowska-Lagers oder möglicherweise das Orchester des Lemberger Ghettos zeigt.
Die Erforschung der Transformation Ostdeutschlands seit 1989/90. Ansätze, Voraussetzungen, Wandel (2022)
Böick, Marcus
In seinem Beitrag skizziert Marcus Böick gesellschaftswissenschaftliche und insbesondere zeithistorische Forschungen zu Ostdeutschland nach 1990. Er unterscheidet dabei vier Phasen der Transformationsforschung: eine ältere „DDR-Forschung“; die Konjunktur einer stark sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlich dominierten Forschung in den frühen 1990er-Jahren; kultur- und literaturwissenschaftliche Zugriffe „von unten“; und schließlich die Grundzüge der jüngsten, etwa ab Mitte der 2010er-Jahre einsetzenden und zunehmend auch zeithistorisch geprägten Transformationsforschung. Abschließend werden übergreifende (Zukunfts-)Perspektiven angedeutet, die das Forschungsfeld ein Stück weit aus den innerdeutsch-introspektiven Selbstbeschäftigungen herausführen könnten.
Vom Ausschneidebogen zum Aktualitätenbogen. Bilderbogen als ein hochfunktionales Massenprodukt des 19. Jahrhunderts (2022)
Kanter, Karin
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erschien ein völlig neues Printmedium in den Auslagen der Buchhandlungen. Es handelte sich um meist auf billigem Papier gefertigte farbenfrohe Einblattdrucke. Ihre Größe war mit ungefähr 43 x 34 cm sehr einheitlich. Umso heterogener waren die abgebildeten Motive und ebenso vielfältig ihre Verwendbarkeit. Damit war ein Produkt auf den Markt geworfen, das flexibel genug war, um über ein Jahrhundert als Ware zu überdauern. Dies macht den Bilderbogen zu einem ungemein wertvollen materiellen Zeugnis des 19. Jahrhunderts.
Echt inszeniert. Historische Authentizität und Medien in der Moderne (2021)
Christoph Classen, Achim Saupe, Hans-Ulrich Wagner Wie stellt sich das Verhältnis von Authentizität, Medien und Geschichte unter den Bedingungen der fortgeschrittenen Moderne dar? Der Sammelband führt kursorisch in dieses Dreiecksverhältnis ein und zeigt die Probleme auf, in die das Konzept von Authentizität angesichts der Unvermeidbarkeit von Medien in historischen und generell kommunikativen Zusammenhängen führt. Mit Beiträgen von: Christoph Classen, Miriam Frank, Juliane Hornung, Judith Keilbach, Sylvia Kesper-Biermann, Georg Koch, Helmut Lethen, Michael Ostheimer, Raphael Rauch, Brigitte Sahler, Magdalena Saryusz-Wolska, Achim Saupe, Franziska Schaaf, Julia Schumacher, Daniel Siemens, Katja Stopka, Hans-Ulrich Wagner
Ernst Troeltsch und die Zeitgeschichte (2022)
Hübinger, Gangolf ; Bent, Johannes
Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“. In den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielte er eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers. Gangolf Hübinger und Johannes Bent stellen sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vor und betonen die intellektuelle Bedeutung von Troeltsch sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft, insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.
Rezension: Peter Geimer, Die Farben der Vergangenheit. Wie Geschichte zu Bildern wird (2022)
Tack, Anja
Der Kunsthistoriker Peter Geimer zeichnet in seinem jüngsten Buch mit dem griffigen Titel „Die Farben der Vergangenheit“ die Entwicklungen und Veränderungen der „visuellen Repräsentation von Geschichte“ seit dem 19. Jahrhundert nach. Eröffnet wird die Darstellung mit kenntnisreich und flüssig geschriebenen Kapiteln zur Historienmalerei, die zeigen, wie sich die Malerei im 19. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Idee, Wirklichkeit abzubilden, veränderte. Fortan galt es, detailliert und so genau wie möglich, Ereignisse wiederzugeben, die sich im besten Falle durch Zeitzeugen bzw. Augenzeugen oder originale Objekte belegen ließen. Anja Tack rezensiert im Visual-History-Beitrag das neu erschienene Werk.
Zeitgeschichte neurodivers? Standpunktepistemologie und (geschichts-)wissenschaftliche Kommunikation (2022)
Graf, Rüdiger
In der akademischen wie der breiteren Öffentlichkeit ist der Begriff der Diversität gegenwärtig nahezu universal anschlussfähig. Der Gründungsdirektor des Göttinger Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften Steven Vertovec stimmt gar Loretta Lees zu, die schon 2003 bemerkte, mit Diversität verhalte es sich wie mit Mutterschaft oder Apfelkuchen: Man könne nur mit größeren Schwierigkeiten dagegen sein. In den letzten dreißig Jahren ist Diversität zunächst in den USA und dann auch in Westeuropa sowohl als sozialwissenschaftliche Analysekategorie wie auch als gesellschaftliche Selbstbeschreibung und zur Aushandlung von Teilhabeansprüchen immer bedeutsamer geworden. Diversität ist das normative Leitbild staatlicher und internationaler Antidiskriminierungsprogramme, die, wie etwa das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von 2006 in der Bundesrepublik, »Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität […] verhindern oder […] beseitigen« sollen (§ 1). Das öffentliche Bekenntnis zu Diversität ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit in Unternehmen und Organisationen, die oft Strategien des Diversitätsmanagements entwickeln. Der Ursprung dieser gesellschaftlichen Diversitätsbejahung liegt in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre, der zweiten Frauenbewegung, aber auch der Gay-, Lesbian- und Transgender-Bewegung sowie der Behindertenrechtsbewegung, die vor allem seit den 1970er-Jahren in den USA und in Westeuropa für die Anerkennung ihrer marginalisierten und diskriminierten Subjektpositionen stritten.
Zu diesem Heft (2022)
Kirsch, Jan-Holger
War es in den Jahren 2020/21 vor allem die Corona-Pandemie, die von vielen als gravierende Zäsur wahrgenommen wurde, so ist mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 noch ein ganz anderer Ereigniszusammenhang von existentieller Bedeutung hinzugetreten, dessen mittel- und längerfristige Folgen erst teilweise absehbar sind. Während der Buchtitel »Der 11. September 2001 – (k)eine Zeitenwende?« aus dem Frühjahr 2022 schon klingt wie aus einer längst vergangenen Epoche, wird die Frage »Beginnt jetzt eine neue Zeit?« nun unter veränderten Vorzeichen gestellt oder die »Zeitenwende« und das »Ende der Globalisierung« gleich forsch behauptet. Eine im besten Sinne akademische Tagung über »Epochenwenden und Epochenwandel« erhielt im April 2022 eine so nicht erwartete Aktualität; das Organisationsteam schrieb dazu: »Das Thema hat uns in der Gegenwart eingeholt und vielleicht schon überholt.« Allerdings gehört zur geisteswissenschaftlichen Arbeit immer auch die Skepsis gegenüber eiligen Zeitdiagnosen und Zäsurbehauptungen, wie etwa der aus Indien stammende Politikwissenschaftler Parag Khanna betont hat: »Wir sollten uns vor großspurigen Proklamationen hüten, die unsere Zeiten auf den Punkt bringen wollen. Solche Prägungen erfassen nur den Moment, der gerade vergangen ist, und sind garantiert bald wieder passé.« Nun mag selbst eine derartige »Garantie« des Vorläufigen fragwürdig erscheinen, wenn es doch »überdeutliche Symptome des Umbruchs, der tiefen Zäsur« gibt, wie der Historiker Jörn Leonhard hervorgehoben hat. Mit Rückbezug auf Reinhart Koselleck betont er die grundsätzlich enge Verbindung von »Zäsur und Wiederholung«, von »Einmaligkeit der Geschichte« und ihrer »Rekurrenz«.
In this issue (2022)
Kirsch, Jan-Holger
In 2020/21 it was first and foremost the Covid pandemic that many experienced as a major turning point; now the Russian war of aggression against Ukraine since 24 February 2022 has added a whole new set of events of existential significance, whose medium- and long-term consequences we can only partly foresee. The title of a book published in the spring of 2022, Der 11. September 2001 – (k)eine Zeitenwende? (11 September 2001 – A Historical Turning Point?), has come to sound like something from a bygone age. The question ›Is this the beginning of a new era?‹ is now posed under altered circumstances, and a ›historical turning point‹ and the ›end of globalisation‹ are proclaimed in equally adamant fashion. An academic – in the best sense of the word – conference on ›New Eras and Epochal Change‹ in April 2022 acquired an unanticipated immediacy. The organising team wrote: ›We have been outrun and perhaps even rendered irrelevant by events.‹ But humanities scholarship also entails a certain scepticism towards hasty diagnoses of the times and proclamations of turning points, as scholars including the Indian-born political scientist Parag Khanna have underscored: ›We should avoid grandiloquent proclamations that seek to encapsulate our times. Such characterisations can only capture the moment that has just passed and are guaranteed to quickly be outdated.‹ Of course even such a ›guarantee‹ that any statements can only be provisional may seem questionable when there are ›unmistakable symptoms of upheaval, of profound rupture‹, as the historian Jörn Leonhard has emphasised. With reference to Reinhart Koselleck, he underscores the fundamentally close link between ›rupture and repetition‹, between the ›singularity of history‹ and its ›recurrence‹.
Geschlechter ordnen? Männlichkeit als paradoxes Versprechen (2022)
Brink, Cornelia ; Gölz, Olmo
Das ägyptische Körperkultur-Magazin »al-Abṭāl« (»Die Champions« oder »Die Helden«; beide Übersetzungen sind möglich) berichtete im Februar 1933 über eine öffentliche athletische Leistungsschau in Kairo. Angesichts der beeindruckenden Performance ägyptischer Männer und ihrer trainierten Körper feierte es eine »sportliche arabische Renaissance« (an-nahḍa ar-riyāḍiyya). Diese Leistungsschau zu Ehren des Besuchs Viktor Emanuels III., des Königs von Italien, war nur denkbar in einem politischen und gesellschaftlichen Kontext, in dem der männliche Körper zur Projektionsfläche ägyptischer Selbstbehauptung gegenüber dem britischen Kolonialismus auserkoren wurde. Der Historiker Wilson Chacko Jacob hat in seinem Buch »Working Out Egypt« dargelegt, wie sich die Bemühungen einer aufstrebenden Mittelschicht, ein »unverwechselbares modernes und ägyptisches Selbst vom kolonialen Blick (colonial gaze) zu befreien«, in Diskursen über Geschlecht und Sexualität äußerten, bei welchen einer performativen, auf den athletischen Körper bezogenen Männlichkeit ein zentraler Stellenwert zukam. Eine solche Fokussierung auf den virilen männlichen Körper hatte bereits zur Jahrhundertwende eine globale Dimension erreicht. Dies war eng mit den kolonialen Hierarchien und dem Prozess der Nationsbildung verknüpft, wie Sebastian Conrad feststellt. Beide Aspekte sind auch für den ägyptischen Fall in der Zwischenkriegszeit von Bedeutung, wo vergleichbare Prozesse nicht zuletzt als Reaktion auf den Orientalismus zu sehen sind, hier verstanden als eine diskursive Strategie zur Beherrschung des Orients, der das koloniale Ausgreifen Europas auf die islamische Welt und damit die Region immer auch geschlechtlich codierte. Edward Said hatte dies bereits in seiner heute klassischen Studie »Orientalism« von 1978 konstatiert. Zwar ist die Polemik Saids seit ihrem Erscheinen vielfach kritisiert worden; seiner grundsätzlichen Beobachtung aber, der Orientalismus konstruiere einen feminisierten und als passiv verstandenen Orient, dem das maskuline kolonisierende Subjekt gegenüberstehe, wird weitgehend zugestimmt.
Zeitzeugin / Zeitzeuge (2022)
Jong, Steffi de
Zeitzeug*innen sind nicht mehr wegzudenken aus der deutschen und internationalen Erinnerungskultur. Der Artikel von Steffi de Jong beschäftigt sich mit der Frage, wie die Zeitzeug*in zu einer derart populären Figur werden konnte. Der erste Teil behandelt den Begriff der Zeitzeug*in, im zweiten wird eine mögliche Genealogie von der Französischen Revolution bis ins digitale Zeitalter vorgeschlagen, und im dritten Teil geht es um die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zeitzeug*in als Quelle, als Untersuchungsgegenstand und als Geschichtsvermittler*in, um schließlich in einem Ausblick nach der zukünftigen Rolle von Zeitzeugenschaft zu fragen.
Anthropozän (2022)
Tanner, Ariane
Seit der Jahrtausendwende wird das „Anthropozän“ in den Natur- und Geisteswissenschaften sowie in Medien und Kunst breit und kontrovers diskutiert. Ariane Tanner erläutert die Begriffsgeschichte und zeigt auf, wie das Konzept Anthropozän der Zeitgeschichte erlaubt, über Zeitlichkeit und Akteur*innen der Geschichte neu nachzudenken und ihre Forschungsfragen, Methoden und Narrative auszuweiten.
Mobilität/en und Mobilitätsgeschichte (2022)
Liebisch-Gümüş, Carolin
Bewegungsorientierte Themen liegen im Trend. Der Beitrag stellt Mobilitätsgeschichte als heterogenen Querschnittsbereich vor. Dieser erfasst mehrere Forschungsfelder wie die Verkehrs-, Umwelt-, Migrations-, Tourismus- und Globalgeschichte. Im Beitrag werden theoretisch-methodische Überlegungen aus den interdisziplinären Mobility Studies rekapituliert und Schlaglichter auf aktuelle Forschungsthemen, Potenziale und Grenzen der Mobilitätsgeschichte geworfen.
Rezension: „Corona und die journalistische Bildkommunikation. Praktiken und Diskurse des Visuellen“. Ein Sammelband herausgegeben von Felix Koltermann (2022)
Kulig, Marian
Selten ist das Thema eines Sammelbandes so aktuell wie das des vorliegenden: „Corona und die journalistische Bildkommunikation“, herausgegeben von dem Kommunikationswissenschaftler und Journalisten Felix Koltermann. Dass es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handeln kann, ist kaum nötig zu erwähnen. Ein absehbares Ende der Pandemie war zum Redaktionsschluss des Bandes im Mai 2021 ebenso wenig in Sicht wie zur Veröffentlichung dieser Rezension. Folgerichtig beabsichtigen die Autor:innen nicht, die langfristigen Folgen der Pandemie auf den Bildjournalismus zu prognostizieren; vielmehr soll hier eine Art Zwischenfazit nach rund einem Jahr Pandemie gezogen werden. Die einzelnen Beiträge betrachten, wie die Coronakrise die Arbeit von Bildredakteur:innen, Foto- und Datenjournalist:innen bis zu diesem Zeitpunkt eingeschränkt und verändert sowie neue Diskurse geschaffen hat.
Eliten (2022)
Reitmayer, Morten
Neu in einer aktualisierten Version 2.0: Dem Begriff der „Elite“ wohnt eine begriffliche Unschärfe inne, der Morten Reitmayer in seinem Artikel auf den Grund geht. Beginnend bei frühen Elite-Theorien, die die Unterscheidung von Elite und Nicht-Elite als wichtigste gesellschaftliche Trennlinie betrachteten, wendet er sich zentralen Termini zu und grenzt Funktions- und Machteliten voneinander ab. Zentral für Reitmayer sind auch die fruchtbaren kritischen Ansätze von Bourdieu, die für ihn eine potenzielle Bereicherung der Erträge der Eliten-Forschung bereithalten.
Afroamerikanische Geschichte / African American History (2022)
Knauer, Christine
Ohne afroamerikanische Geschichte kann die amerikanische Geschichte und Gegenwart nicht verstanden werden. Christine Knauer zeichnet in ihrem Beitrag die Genese der afroamerikanischen Geschichtsschreibung nach und verweist auf die enge Verknüpfung von Geschichtsschreibung, Freiheitskampf und Bürgerrechtsbewegung im 19. und besonders im 20. Jahrhundert. Sie beschreibt die derzeitigen Forschungsansätze und -trends in der afroamerikanischen Historiografie, die auch in der europäischen sowie deutschen Amerikaforschung zunehmend bearbeitet werden.
Juristische Zeitgeschichte (2021)
Vormbaum, Thomas
Die „Juristische Zeitgeschichte“ bezeichnet den jüngsten Zeitabschnitt im Bereich der Rechtsgeschichte, also die der gegenwärtigen Rechtsepoche. Welchen Zeitraum diese Epoche einnimmt, erörtert Thomas Vormbaum in seinem Artikel und geht auf die Kritik an der herkömmlichen Rechtsgeschichte ein, die sich überwiegend auf Dogmen- und Theoriegeschichte stützt. Unter Berücksichtigung der Geschichts- sowie Rechtswissenschaft beschreibt er aufkommende Methodenfragen des Forschungsfelds.
Von Streichhölzern und gebeugten Menschen. Sinnbilder des Ausnahmezustands im populären Burnout-Diskurs des frühen 21. Jahrhunderts (2017)
Bernhardt, Sarah C.
In der Ratgeber-Rubrik der prämierten Online-Jobbörse Jobware, die sich selbst als »Stellenmarkt der Erfolgreichen« vorstellt, rät Stefan Buchner, der Geschäftsführer einer Unternehmensberatung für betriebliches Gesundheitsmanagement, Führungskräften, die dazu angehalten werden, ihre Mitarbeiter vor Stress und Burnout zu schützen, das Folgende: »Loben Sie. Sie dürfen nicht nur defizitorientiert schauen, wie Sie die Leistung Ihrer Mitarbeiter optimieren können«. Des Weiteren schlägt er ihnen als quasi-präventive Maßnahme vor, etwa einmal in der Woche durch die Abteilungen zu gehen, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu reden und »ihnen auf die Schulter [zu] klopfen«, da dies »wirkungsvoller [ist] für die persönliche Wertschätzung als jeder Euro, der mehr bezahlt wird«.
Ist Stress westlich? Zum zeitgeschichtlichen Ort der Belastungssorge (2019)
Arend, Jan
When does stress – understood as a bodily and psychological condition connected to rapid social change and the pressure to perform – become a social concern? Previous historical research has situated the topic exclusively in the West: stress as a characteristic condition of what is understood to be Western capitalism. Using the examples of the state socialist GDR and Czechoslovakia in the 1960s – 1980s, this contribution demonstrates how stress became a broad social concern in a non-liberal, noncapitalist context. It thereby challenges the notion that stress is a Western phenomenon, proposing instead to see it in the context of developed and “multiple” modernities.
Von der Geschichte der Zukunftsvorstellungen zur Geschichte ihrer Generierung. Probleme und Herausforderungen des Zukunftsbezugs im 20. Jahrhundert (2016)
Graf, Rüdiger ; Herzog, Benjamin
This paper conceptualizes the history of the future in the twentieth century. The present future is always multi-faceted: produced by diverse actors, it concerns different aspects of the world, and is articulated in many ways. We suggest a divergence from the Koselleckian notion of a unified horizon of expectation. Rather than concentrating on the contents of visions of the future, we focus on the processes by which the future is generated. Distinguishing between futures of expectation, creation, risk, and conservation, we offer both a systematic account and a heuristic to analyze the pluralization of the future in the twentieth century.
Zukunft in der Altersforschung des 20. Jahrhunderts (2017)
Jordheim, Helge
In diesem Aufsatz soll es indessen weniger um den relativen, in der Gerontologie ausgehandelten Stellenwert von der Länge des Lebens einerseits und seiner Qualität und Sinnhaftigkeit andererseits gehen. Was uns beschäftigen soll, ist stattdessen die besondere Form der Zukunft oder, wenn man so will, der besondere Zukunftsbegriff, der sich in Baltes' Text sowie in wissenschaftlichen Studien wie der »Berliner Altersstudie« zu Wort meldet. Dem Aufsatz liegt die Vermutung zugrunde, dass »Alter« und »Altersforschung« zu den wichtigsten »gesellschaftliche Zukunftsformen« des 20. Jahrhunderts gehören, deren Generierungs-, Wirkungs- und Entwertungsmechanismen unbedingt identifiziert und analysiert werden müssen.
„Neu Sehen“ im Frankfurter Städel und als Katalog ist ein kleines Juwel. Eine Ausstellung über die Fotografie der 1920er und 30er Jahre (2021)
Stoll, Mareike
In Frankfurt am Main ist noch bis zum 24. Oktober 2021 eine ganz besonders lohnenswerte Ausstellung zur Fotografie der deutschen Zwischenkriegszeit zu sehen. Sie macht durch Ausstellungsgestaltung und fundiert aufbereitete Hintergrundinformationen große Lust, die fotografischen Schmuckstücke „neu zu sehen“ und den Sammlungsbestand (unter Ergänzung einzelner Leihgaben) näher in den Blick zu nehmen. Der Kuratorin Kristina Lemke ist mit dieser Ausstellung etwas Wunderbares gelungen. Ein Besuch lohnt sich sehr – mit Zeit zum genauen Hinsehen erschließt diese Ausstellung neues Terrain, denn selten wird dem fotografischen Abzug an sich so viel Aufmerksamkeit und Hinwendung zuteil. Es handelt sich um ein kleines Ausstellungsjuwel; insbesondere in der Zusammenschau mit dem im Kerber Verlag erschienenen Katalog offenbart sich die fundierte Recherche.
Herrschaft und Macht (2021)
Maurer, Andrea ; Lau, Christoph
In ihrem Artikel geben Andrea Maurer und Christoph Lau einen Überblick über die Begriffe „Herrschaft“ und „Macht“, wobei sie zunächst wichtige Charakteristika von Herrschaft in Abgrenzung zu Macht und anderen Formen der Über- und Unterordnung (Gewalt) erläutern. Daran anschließend werden Forschungsperspektiven und -desiderata besprochen und die Potenziale einer wissenschaftlich fundierten Herrschaftsdiskussion ausgewiesen.
Vergangenheitssehnsucht und Rechtspopulismus. Drei disziplinäre Perspektiven auf die politischen Effekte von Nostalgie. Einleitung (2021)
Becker, Tobias ; Stach, Sabine
Nostalgie wird oft in kulturellen und, mehr noch, popkulturellen Kontexten diskutiert. Gelegentlich – und gerade in den letzten Jahren wieder – findet sich der Begriff jedoch auch in politischen Zusammenhängen. So wird er dazu verwendet, politische Entwicklungen zu erklären: etwa das britische EU-Referendum, die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA, das Erstarken der AfD in Deutschland oder den Aufstieg neuer Autoritarismen im östlichen Europa. Viele Beobachter*innen stellen einen in ihren Augen alarmierenden Zusammenhang zwischen Politik und Vergangenheitssehnsucht her. Aus ihrer Sicht resultieren die Effekte einer ungebremsten Globalisierung in einer gefährlichen Rückwärtsgewandtheit. Statt über sozioökonomische Konstellationen und Interessen erklären sie Politik emotional und psychologisch, wobei sie Nostalgie repathologisieren.
Gewerkschaftsgeschichte (2021)
Andresen, Knud
Gewerkschaften sind bis heute als Selbstorganisationen und Interessenvertretungen der Arbeiterschaft ein wichtiger Teil des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Sie waren vor allem im 19. und 20. Jahrhundert bedeutende historische Akteure der Vorgeschichte der Gegenwart. Knud Andresen bietet in seinem Artikel einen Überblick zur Entwicklung der Gewerkschaften mit Schwerpunkt auf Deutschland, besonders der Bundesrepublik ab 1945, aber auch mit Seitenblicken auf die Gewerkschaftsgeschichte der DDR, und der internationalen Verbünde. Verschiedene sozialwissenschaftliche und historiografische Deutungen werden dargestellt und damit das Forschungsfeld skizziert. Auch nach systematischen Potenzialen der zeitgeschichtlichen Gewerkschaftsgeschichte wird gefragt.
Intelligence History (2021)
Bergien, Rüdiger
From the perspective of the history of intelligence, intelligence services are no longer primarily twilight agent headquarters that operated "dead letter boxes" and developed secret ink. They are foreign policy actors and producers of knowledge for decision-makers. In his contribution, Rüdiger Bergien develops a definition of this field of research. He traces how the academic study of intelligence services has developed since World War II, focusing on the question of how insights into the black box of intelligence services could be gained at different times. Finally, he presents the focal points of previous research and identifies desiderata.
Globale Daten in lokalen Speichern. Ethnographische infrastrukturelle Zugänge zum World Wide Web (2015)
Vonderau, Asta
Wie in anderen Kultur- und Sozialwissenschaften so ist auch in der Europäischen Ethnologie das Interesse an den materiellen Dimensionen des sozialen und kulturellen Lebens im letzten Jahrzehnt gestiegen. So wurde zum einen im Sinne der bereits vor Jahren im Fach angestoßenen Diskussion die Betrachtung von Dingen als bloßen Repräsentationen und Symbolen gesellschaftlicher Prozesse und Phänomene als unzureichend kritisiert und die Eigenständigkeit von materiellen Objekten sowie die wissens- und realitätsstiftenden Funktionen ihrer Materialität hervorgehoben. Zum anderen erstarkte in der Fachdiskussion das Bewusstsein, dass die Betrachtung von einzelnen Dingen in lokalen Kontexten nicht immer ausreicht, um soziokulturelle Prozesse in der globalisierten Welt zu verstehen und ethnographisch zu greifen. Diese verengte Perspektive muss durch ein breiteres, relationales Verständnis von Materialität und um die Untersuchung komplexer, grenzüberschreitender sozio-materieller Konstellationen ergänzt werden.
Digitalgeschichte Deutschlands. Ein Forschungsbericht (2016)
Schmitt, Martin ; Erdogan, Julia Gül ; Kasper, Thomas ; Funke, Janine
Die Digitalgeschichte ist in der deutschen Geschichtswissenschaft angekommen. Unter Digitalgeschichte verstehen wir eine neue historische Perspektive auf die fundamentale Umwälzung klassischer historischer Kategorien wie beispielsweise Raum, Zeit, Identität, Arbeit oder Nationalstaat seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch Informations- und Kommunikationstechnologien. Digitalgeschichte beschränkt sich nicht nur auf die Computergeschichte als Geschichte eines spezifischen Artefaktes, sondern umfasst alle auf binärdigitaler Codierung basierenden, elektronischen Technologien, beispielsweise auch Kommunikationsnetzwerke oder Mensch-Maschine-Hybride. Sie ist das deutsche Pendant zur englischen history of computing, hingegen mit dezidiertem Schwerpunkt auf die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart.
Wege in die digitale Gesellschaft. Computer als Gegenstand der Zeitgeschichtsforschung (2018)
Bösch, Frank
Die Etablierung des Computers zählt zu den wichtigsten gesellschaftlichen Veränderungen der jüngeren globalen Zeitgeschichte. Bereits seit den 1950er Jahren setzten auch in Deutschland große Unternehmen, Behörden und ebenso das Militär Computer ein, bevor in den 1980er Jahren die flächendeckende Ausbreitung der Personal Computer (PCs) begann. Die Zeitgenossen diskutierten von Beginn an die Folgen der Computerisierung und bewerteten sie als einen tiefgreifenden Umbruch, etwa als Beginn der »Informationsgesellschaft« oder »dritte industrielle Revolution«. Rasch galt die Verbreitung von Computern als ein ambivalent gedeuteter Wandel: Sie galten als Motor eines ökonomischen und gesellschaftlichen Aufbruchs und als Ursache für eine krisenverstärkende Rationalisierung und Überwachung. Jenseits der Diskurse wurde in vielen gesellschaftlichen Bereichen rasch spürbar, dass der Computereinsatz soziale Realitäten veränderte.
Der vergessene »Brotkasten«. Neue Forschungen zur Sozial- und Kulturgeschichte des Heimcomputers (2019)
Albert, Gleb J.
Kaum eine Technologie prägt unseren Alltag so sehr wie der Mikrocomputer. Die Historisierung dieses technischen Mediums, der Umstände und Folgen seiner sozialen Implementierung sowie seiner Nutzungsarten ist überfällig. Der Computer in Privatbesitz ist fester Teil nicht nur unserer Gegenwart, sondern auch jener Epochen, die schon längst »historisch« geworden sind und deren Analyse zum Standardrepertoire der Zeitgeschichte gehört. Es ist schon über 40 Jahre her, dass in den USA in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre Computerbausätze für Bastler kursierten, darunter der erste Computer aus dem Hause Apple, und bald darauf auch die ersten Fertiggeräte fürs Zuhause. In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre, während der letzten Eskalationsetappe des Kalten Kriegs, lagen erschwingliche Heimcomputer unter Hunderttausenden von westeuropäischen Weihnachtsbäumen und prägten das Leben zahlloser Jugendlicher. Auch im Ostblock waren Heimcomputer schon Jahre vor dessen Zusammenbruch präsent. Kurzum: Der Computer als technisches Medium, als Konsumgut und als Alltagsobjekt prägte bereits jene Epochen, bei denen ein Konsens darüber herrscht, dass sie ein legitimer Gegenstand der historischen Forschung sind.
Überwachungsgeschichte(n). Facetten eines Forschungsfeldes (2016)
Reichardt, Sven
The introduction to this issue on historical surveillance studies argues for an integrated understanding of surveillance that focuses on the interconnectedness of the state, economy and sciences within the context of different forms of technological revolution. It suggests reading contemporary diagnoses of ‘total surveillance’ from a long-term historical perspective beginning in the seventeenth century. In this light, surveillance is not limited to intelligence history or state control. Rather, it produces patterns of order and data that can be deployed for political processes like urban planning, welfare policy, crime prevention, or the persecution of political opponents. Furthermore, surveillance is also part of the economy, encompassing market and consumption research, advertising, and workplace monitoring. Research into the political and the economic aspects of surveillance should be combined. After defining the term ‘surveillance’ and differentiating between security and surveillance studies, the article provides an overview of different empirical studies in this new historiographical field. It concludes with short summaries of the articles collected in this issue.
Sicherheitsräume. Bausteine zu einem interdisziplinären Modell (2018)
Haslinger, Peter ; Laak, Dirk van
Es liegt gleichsam auf der Hand, dass Sicherheit immer auch eine räumliche Dimension aufweist – „Territorialisierungsdynamiken“, so stellte der Historiker Eckart Conze fest, „sind über weite Strecken Sicherheitsdynamiken.“ Schon der Geograph Robert Sack fasste Territorialität als ein Bestreben von Individuen oder Gruppen, im Raum auf Personen, Phänomene und Beziehungen ordnend einzuwirken. Durch die Begrenzung eines geographischen Gebiets werde versucht, eine regulative Kontrolle durchzusetzen. Umso mehr erstaunt daher, wie wenig dieser offensichtliche Wechselbezug zwischen Räumlichkeit und Sicherheit in der Theoriediskussion bislang reflektiert worden ist. Dieser Beitrag möchte aus historischer Perspektive einzelne Ansätze systematisch aufeinander beziehen. Er wird zunächst einen kurzen Überblick über die fragmentierte Theorielandschaft geben, um dann am Beispiel zentraler interdisziplinärer Forschungsfelder neue Perspektiven für einen integrierten Gesamtansatz zu erschließen.
Visuelle Kommunikation in antisemitischen Diskursen (2021)
Ebbrecht-Hartmann, Tobias
Es ist notwendig, ein kritisches Bewusstsein über die Rolle und Funktion von Bildern in antisemitischen Diskursen zu schaffen und durch die Vermittlung von Medienkompetenz antisemitische Kommunikation durchschaubar zu machen. Außerdem sollten durch historisierende Bildanalysen solche Elemente herausgearbeitet werden, durch die antisemitische Bilder von anderen visuellen Aussagen unterschieden und abgegrenzt werden können.
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