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Der Begriff »Diversität« hat in den letzten Jahrzehnten eine erstaunliche Verbreitung erfahren. Traditionell bezeichnete das Wort nur einen Zustand der Verschiedenheit; in der Gegenwart erscheint es in vielen Kontexten, um dessen Gegenteil zu erreichen: Das Wort meint Verschiedenheit und zielt auf Gleichheit. Schulen und Universitäten regeln Chancengleichheit im Namen von Diversität, Unternehmen formen eine heterogene Belegschaft mittels eines »Diversitätsmanagements«, und Migrationsbewegungen haben die alte Debatte um den Multikulturalismus wieder belebt. Durch seine vielseitige Anschlussfähigkeit ist Diversität zu einem populären und meist positiv besetzten Begriff geworden, der theoretisch jedoch weithin unterbestimmt blieb. Seine Paradoxie besteht in der Kollektivierung von Individuen zu homogenen Gruppen bei gleichzeitiger Pluralisierung dieser Gruppen zu nebeneinanderstehenden Einheiten – ausdrücklich ohne eine umfassende Universalisierung anzustreben.
Die Diskussionen um das Verhältnis von Geschichte und Öffentlichkeit in Deutschland werden zunehmend mit Bezug auf die englischsprachige Begriffsprägung Public History geführt. Im Kontext einer zunehmenden Praxisorientierung der Geisteswissenschaften, der Kommerzialisierung von Geschichtswissen sowie der vielfältigen Praktiken historischer Sinnbildung durch außeruniversitäre Akteure wird neben dem anzutreffenden Begriff des History Marketing auch immer häufiger der Begriff Angewandte Geschichte verwendet.
Version 2.0: Was genau bezeichnet der Diskursbegriff? Mit welchen Inhalten verbindet sich die Diskursgeschichte? Welche Forschungsthemen sind in diesem Bereich relevant, welche Kontroversen haben sich entwickelt und welche zukünftigen Aufgaben stellen sich? – Achim Landwehr nimmt in seinem Beitrag eine Bestimmung des Diskursbegriffs vor, stellt wichtige Forschungsfelder der Diskursgeschichte vor und zeigt, welchen Nutzen die analytische Kategorie des Diskurses für die Geschichtswissenschaften hat.
Version 2.0: In der römischen Republik bezeichnete die Diktatur (lat. dictatura) eine Institution des Staatsrechts: Der Senat verlieh einem Diktator in Zeiten des Notstands temporär außerordentliche Autorität, um die staatliche Ordnung zu verteidigen und wiederherzustellen. Diese klassische Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert vielfach überformt; Diktatur wurde zu einem schillernden Begriff, dessen semantisches Feld sowohl positive Erwartungen als auch moralische Verdammung umfassen konnte.
(Version 1.0, siehe auch Version 2.0) Der Begriff Diktatur stammt aus dem römischen Staatsrecht, wo er die temporäre Herrschaft eines Diktators bezeichnete, der zur Verteidigung der Republik über dem Gesetz stand. Diese klassische Bedeutung wurde im 20. Jahrhundert vielfach überformt; der moderne Diktaturbegriff entstand als Eigen- und Fremdbezeichnung für die kommunistische, faschistische und nationalsozialistische Herrschaft. Der Artikel unseres Autoren Jan C. Behrends rekonstruiert die Geschichte des Begriffs im 20. Jahrhundert mit einem Schwerpunkt auf den russischen und deutschen Fall und blickt abschließend auf die zeithistorische Forschung der Gegenwart.
Digitale Spiele
(2020)
Digitale Spiele sind integraler Teil der „Digitalen Revolution“. Sie dienen nicht nur als Trägermedium von Geschichtsbildern, sondern können als wirtschaftliche und kulturelle Artefakte konkreter menschlicher Gesellschaften begriffen werden. Im Zuge ihrer Verbreitung zum Massenphänomen beeinflussten sie Ästhetik und Narrative anderer Medien – und sind zu einem internationalen Milliardengeschäft geworden. Der Artikel von Eugen Pfister und Tobias Winnerling gibt einen Überblick der unterschiedlichen Begrifflichkeiten und eine Chronologie der Spieleentwicklung, um dann Digitale Spiele aus Sicht der Geschichtswissenschaften zu beleuchten.
Zu den drängenden Problemen der Historischen Grundwissenschaften gehört es heute, ein erweitertes Instrumentarium für digitale Quellengattungen zu entwickeln. Dabei ist das breite Feld der digitalen Informationstypen der Gegenwart, der sogenannten born digitals (also der genuin digitalen Objekte), noch nicht einmal vollständig in den Blick geraten.1 Dies liegt zum einen daran, dass sich das Quelleninteresse der Zeitgeschichtsforschung in wachsendem Maße auch auf frei im Netz zugängliche Ressourcen richtet.2 Das dort vorhandene Material ist von beachtlicher Vielfalt (und quellenkritischer Brisanz), was eine quellenkundliche Erfassung erschwert. Die mangelnde Durchdringung des digitalen Quellenkanons hat aber auch mit den im Umbruch befindlichen Fachaufgaben der Archive als »traditionellem Ort« der Geschichtsforschung zu tun. Denn die Archive haben in vielen Fällen erst in den letzten Jahren mit systematischen Übernahmen und der Bereitstellung digitaler Unterlagen begonnen. Dementsprechend stehen viele digitale Quellen aus Verwaltungszusammenhängen der Forschung noch gar nicht zur Verfügung. Gleichwohl werden sie für die spätere geschichtswissenschaftliche Erforschung unserer heutigen Gegenwart und jüngsten Vergangenheit von zentraler Bedeutung sein.
Beim Umgang von Historikerinnen und Historikern mit dem Netz können wir einen interessanten Wandel beobachten: Grundsatzkritik an der Verwendung des Netzes in geschichtswissenschaftlicher Lehre und Forschung findet sich kaum mehr. Noch vor gut zehn Jahren war das anders. Da waren die Bedenkenträger nicht zu überhören, die das Netz für die (Geistes-)Wissenschaften als unnütz und unnötig einstuften und entschlossen waren, dieses vermeintlich kurze technische Intermezzo auszusitzen – Vertreter vor allem der älteren Generation, die sich schon mit der Einführung des Personal Computers seit den 1980er-Jahren schwertaten. Heute geht es vielmehr um die Frage, in welchen Bereichen und mit welchen Fragestellungen das Netz in den Forschungs- und Lehralltag zu integrieren ist.
Im 20. Jahrhundert lässt sich die Geschichte der Menschenrechte in Phasen der Einigkeit zwischen einzelnen Staaten und jenen der Kontroverse erzählen. So gab es Zeiten der Übereinstimmung, in denen sich die Interessen von Staaten und Zivilgesellschaften überschnitten, was die Einführung und Durchsetzung universeller Normen möglich machte, etwa 1945, 1966, 1977 und 1990. Dazwischen gab es aber auch immer wieder Momente, in denen die internationale Gemeinschaft in eben diesen Normen eine Bedrohung sah. Die UNO-Menschenrechtspakte spiegeln diese wechselvolle Geschichte und zeigen, wie die Menschenrechte und das System zum Schutz dieser durch globale Konflikte und transnationale Aushandlungsprozesse geprägt wurden.
Archive investieren mittlerweile sehr viel Geld in die Digitalisierung ihrer Bestände, um sie ihren NutzerInnen komfortabel online bereitzustellen. Mit dem Aufbau virtueller Lesesäle geht es nicht mehr um die schon traditionell zu nennende Form der Digitalisierung, bei der exemplarisch besondere Einzelstücke in Form einer Ausstellung online präsentiert werden, sondern es geht tatsächlich um die Bereitstellung von Archivgut zur wissenschaftlichen Auswertung im virtuellen Raum statt im analogen Lesesaal. Doch während Fördermittel in großem Stil beantragt und bewilligt sowie die technischen Rahmenbedingungen geschaffen und ausgebaut werden, finden inhaltlich-methodische Diskussionen in Deutschland bisher kaum statt. In Frankreich hingegen wird in Anlehnung an das vor 30 Jahren erschienene Buch von Arlette Farge der »Geschmack des Archivs« im digitalen Zeitalter debattiert, und in der Schweiz wird das klare Ziel verfolgt, dass der virtuelle Raum den analogen ersetzen soll. In skandinavischen Ländern ist dies sogar schon geschehen. Dabei ist es in Deutschland keine programmatische Festlegung, dass am traditionellen Lesesaal festgehalten wird, oder muss es zumindest nicht sein, weil die schiere Menge an analogem Archivgut noch für lange Zeit auch herkömmliche Lesesäle erforderlich machen wird. Umso schwieriger wird es in dieser Übergangsphase, die Konturen des virtuellen Raumes genauer zu fassen und zu klären, was eigentlich das Ziel der digitalen Bereitstellung sein soll: eine Art Add-on, ein gleichwertiges Nebeneinander oder eine neue Form der Quellennutzung?