1950er
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Kolonialkrieg, Globalstrategie und Kalter Krieg. Die Emergencies in Malaya und Kenya 1948–1960
(2005)
Kein Staat der Welt hat während des Kalten Krieges öfter Krieg geführt als Großbritannien. Obwohl das Königreich ein Hauptakteur des Ost-West-Konfliktes und die größte Kolonialmacht der Erde war, erklären sich diese „heißen Kriege" im Kalten Krieg weder aus der Blockkonfrontation noch aus der Logik eines kolonialen Freiheitskampfes wirklich hinreichend. Man kann diese Kriege nur verstehen, wenn man sie als Resultate einer auf die Weltmachtrolle und das Selbstverständnis als Imperialmacht zentrierten Kollektivmentalität in den politischen und militärischen Eliten des Mutterlandes begreift. Die „heißen Kriege" waren in erster Linie ein Ausfluss globalstrategischen Sicherheitsdenkens. Der Artikel zeigt dies am Beispiel der Emergencies (Ausnahmezustände) in Malaya und Kenya, die für die strategische Verteidigung der Indikregion bedeutsam waren.
In der Diskussion über die Kontinuität von Gesellschaftsstrukturen, die aus der ersten Jahrhunderthälfte in die beiden deutschen Staaten hineinragen und diese, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, prägten, hat die Frage nach den DDR-Eliten jüngst an Gewicht gewonnen. Standen zuvor ausschließlich die unter dem Blickwinkel einer retrospektiven Aufarbeitung des Nationalsozialismus problematisierten Kontinuitätslinien der Eliten in Westdeutschland im Mittelpunkt eines langsam gewachsenen zeitgeschichtlichen Interesses, kann seit 1990 auf ungleich besserer Quellengrundlage gefragt werden, wie es damit in der DDR bestellt war. In der westdeutschen Historiographie bestand schon länger ein Konsens darüber, daß es hier - anders als in der frühen Bundesrepublik - einen vollständigen Bruch für die maßgeblichen Karrieren in der Verwaltung, nicht jedoch in der Wirtschaft gegeben hat. Aber trotz aller Unterschiede gab es auch Parallelentwicklungen. Zu stark ähnelten sich die personellen Ausgangsbedingungen, als daß anzunehmen wäre, die in der Bundesrepublik anzutreffende Kontinuität in den Basisstrukturen der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft hätte keine Entsprechung auf östlicher Seite gefunden.
Brasiliens Moderne 1940-1964
(2014)
Seit dem 27. September 2013 ist im Berliner Museum für Fotografie die Ausstellung Brasiliens Moderne 1940–1964 mit Arbeiten der Fotografen José Medeiros, Thomaz Farkas, Marcel Gautherot und Hans Gunter Flieg zu sehen. Nun ist, etwas verspätet, auch der von Ludger Derenthal und Samuel Titan Jr. herausgegebene Katalog zur Ausstellung im Bielefelder Kerber-Verlag erschienen. Der Band dokumentiert einen Teil der in der Ausstellung gezeigten Fotografien, ergänzt durch einen einleitenden Beitrag, vier werkbiografische Texte über die vorgestellten Fotografen und einen Katalogteil.
Als reale und symbolische Grenze zwischen Ost und West im Kalten Krieg hat die Berliner Mauer internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie ist historisch gut erforscht, und seit 2011 gibt es eine mehrfach prämierte Mauer-App, die Informationen über Bau und Verlauf der Mauer, über Fluchtversuche und das Grenzregime der DDR bietet. Die Jerusalemer Mauer – in weiten Teilen eher ein Stacheldrahtzaun –, erscheint dagegen als Marginalie: Sie markierte keine global bedeutsame Blockgrenze im Kalten Krieg, sondern »nur« die Grenze zwischen dem neuen jüdischen Staat und seinen arabischen Nachbarn. Ihre Lebensdauer war mit 19 Jahren auch kürzer als diejenige ihres Berliner Pendants. Seit die israelische Regierung 2002 mit dem Bau einer Mauer zwischen Jerusalem und dem palästinensisch verwalteten Westjordanland begann, ist diese erste Mauer weitgehend in Vergessenheit geraten.
Walther Hofers Dokumentation über den Nationalsozialismus, erstmals im August 1957 erschienen, war bis zum Jahresende 1957 bereits mit 100.000 Exemplaren verkauft. Mit einer Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren zählt sie bis heute zweifellos zu den Klassikern dieser Gattung. Der aus der Schweiz stammende Herausgeber lehrte damals an der Freien Universität Berlin; 1952 hatte er sich bei Hans Herzfeld mit einer diplomatiegeschichtlichen Studie über die „Entfesselung des Zweiten Weltkrieges“ habilitiert. Auf schmaler Quellengrundlage inmitten der Ruinen einer geteilten Hauptstadt verfasst, war diese Publikation, die 1954 als erster Band in der Schriftenreihe des Münchner Instituts für Zeitgeschichte erschien, ein mutiges Unterfangen, das den Ruf Hofers als eines NS-Experten begründete. 1960 wechselte er an die Universität Bern, wo er bis zu seiner Emeritierung 1988 den Lehrstuhl für Neuere Geschichte innehatte und sich als langjähriger Nationalrat der konservativen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (später: SVP) auch aktiv in der Politik betätigte.
Der 9. November gehört zweifellos zu den beziehungsreiehen und symbolträchtigen Daten der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts: 1918 - Ausrufung der Weimarer Republik, 1923 - Hitlerputsch in München, 1938 - „Reichskristallnacht“, 1989 - Öffnung der Grenze der DDR zur Bundesrepublik. Nicht wenige Reden, Analysen, Essays und Kommentare führender deutscher Politiker und Publizisten sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten anläßlich dieser Daten und ihrer Jahrestage ediert worden. Es wäre daher ein wissenschaftlich reiz- und anspruchsvolles Vorhaben, nicht nur den offensichtlichen oder verdeckten inneren Bezügen zwischen den benannten Geschehnissen nachzuspüren, sondern auch den Umgang der jeweiligen politischen Klasse oder machtausübenden Elite mit der Geschichte des 9. November aufzuzeigen. Ideologische Postulate und politischer Pragmatismus bestimmten letztlich in hohem Maße, ob und wie die verschiedenen Bedeutungsinhalte des Tages miteinander in Beziehung gesetzt, gegeneinander gestellt, verdrängt oder gegenseitig aufgehoben wurden.
Design aus der DDR ist heute scheinbar nur ein kunsthistorisches Randgebiet. Doch im Kontext der Dauerausstellung zum »Alltag in der DDR«, die die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nun seit November 2013 am früheren Ort der Sammlung Industrielle Gestaltung in der Berliner Kulturbrauerei zeigt, ist es in den letzten Jahren zu einem kontroversen öffentlichen Thema geworden. Der Konflikt bezieht sich unmittelbar auf diese Sammlung, eine der ältesten zum Design in Deutschland – und mit etwa 160.000 Objekten wohl die umfassendste und vielseitigste zur Produktgestaltung in der DDR, jedoch seit 2005 weder öffentlich sichtbar noch beworben. Aufgrund ihrer wechselhaften Geschichte nach der Wiedervereinigung wurden die Bestände bisher nur überblicksweise erschlossen. Obwohl Forscher sie auf Anfrage einsehen können, wäre eine systematische Katalogisierung, inhaltliche Bewertung und damit bessere Zugänglichkeit nötig.
Die Zeit der weitreichenden antikommunistischen Repression in den USA zwischen 1947 und 1954, verkürzt als McCarthyism bekannt, ist bis heute ein bedeutsamer Bezugspunkt - sowohl in politischen Debatten wie innerhalb der Historiographie. Während ein erster Abschnitt des Beitrags einen Überblick zum McCarthyism gibt und dabei den Stellenwert von Denunziationen diskutiert, widmet sich ein zweiter Teil am Beispiel des Theater- und Filmregisseurs Elia Kazan konkret der Frage, wie Denunziationen in zeitgenössischen Debatten als liberale, staatsbürgerliche Akte gedeutet und gerechtfertigt wurden. Unter Bezugnahme auf Michel Foucaults Theorie der Gouvernementalität wird erkennbar, dass die zur patriotischen Tat umgedeutete Denunziation für den antikommunistischen Liberalismus nach 1945 die Funktion einer maßgeblichen Selbsttechnologie besaß.
Der Entwicklung der Einkommen in den Ostblockländem lag ein Widerspruch zwischen den ideologischen und legitimatorischen Grundlagen des ihnen eigenen staatssozialistischen Systems auf der einen und den wirtschaftlichen Erfordernissen auf der anderen Seite zugrunde. Die in diesen Staaten herrschenden kommunistischen Parteien vertraten den Anspruch, die sozialistische Utopie von materieller Gleichheit und Gerechtigkeit verwirklichen zu können. Jedoch wurde diese Idee von den Führungen jener Parteien auch instrumentalisiert, um ihre Macht zu legitimieren. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit faszinierte an dieser Vision besonders die Annahme, auf der Basis gesellschaftlichen Eigentums und gesamtwirtschaftlicher Planung Vollbeschäftigung garantieren zu können. Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit wurde für den Staatssozialismus zu einem wesentlichen Wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ziel und damit zu einer weiteren legitimatorischen Grundlage. Auf dem sozialisierten Eigentum an den Produktionsmitteln beruhte auch die Vorstellung, daß die Arbeitskraft - im Unterschied zum Kapitalismus, für den das Marx herausgearbeitet hatte - ihren Warencharakter verlieren werde. Da alle Gesellschaftsmitglieder Eigentümer der Produktionsmittel seien, müßten sie ihre Arbeitskraft nicht mehr an die Besitzer der Produktionsmittel verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der damit letztlich zu verwirklichende Gleichheitsanspruch war jedoch nicht absolut, sondern stand latent im Widerspruch zu dem Erfordernis, auch in diesem als Alternative zur liberalen Wettbewerbswirtschaft gedachten System Wirtschaftswachstum inklusive Produktivitätssteigerung zu gewährleisten.
Wie reagieren Menschen auf Katastrophen? Wie lassen sich Bevölkerungen in Extremsituationen führen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren mehrere US-amerikanische, teilweise durch die Armee finanzierte Forschungsgruppen. Sie waren interdisziplinär zusammengesetzt, aber mehrheitlich soziologisch ausgerichtet. Innerhalb wie außerhalb der USA studierten sie das Stressverhalten von Individuen und Gruppen in Tornados, eingeschneiten Autobahnraststätten und »racial riots« sowie ergänzend in Laborsimulationen. Anhand zeitgenössischer Publikationen und interner Akten werden in diesem Aufsatz die Erkenntnisinteressen und Untersuchungsfelder der sozialwissenschaftlichen Katastrophenforschung, ihre Befunde und deren Nutzung dargestellt. Die Tätigkeit der Wissenschaftler/innen stand im Kontext des Kalten Kriegs und eines sich verschiebenden Gefahrensinns. Dabei ließen sich die Forscher/innen keineswegs vollständig politisch vereinnahmen, sondern verfolgten durchaus eigene Interessen und gaben mitunter Antworten, die den Intentionen der Auftraggeber zuwiderliefen.