1950er
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Am 21. Januar 1970 wandte sich der Unterabteilungsleiter Fü S VII des Bundesministers für Verteidigung an dessen Parlamentarischen Staatssekretär mit einer »Anregung« für die neu anstehende Entscheidung über Auftrag und Struktur des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA). Es sei zu berücksichtigen, welche Folgen es zeitigen könne, wenn das MGFA die angelaufene Gesamtdarstellung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges gemäß der Konzeption durchführen sollte, die sein erster, inzwischen aus dem Bundesdienst ausgeschiedener Leitender Historiker, Professor Dr. Andreas Hillgruber, am 11. Oktober 1968 dem Amtschef MGFA vorgelegt und am 25. Juni 1969 seinem Bericht an den Staatssekretär über Erfahrungen im MGFA beigefügt hatte. Seine Konzeption hatte Hillgruber auf den Nenner gebracht: »Leitender Gesichtspunkt [...] ist die Einsicht, daß eine Gesamtdarstellung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges ein Thema der politischen Geschichte ist und daß die militär- und kriegsgeschichtlichen Partien und Aspekte - so wichtig sie sind und welch breiten Raum sie innerhalb der Darstellung auch einnehmen würden - in einen von der politischen Geschichte dieses Krieges vorgezeichneten Rahmen eingefügt werden müssen.«
Die geschichtswissenschaftliche Erforschung des Umgangs mit der NS-Vergangenheit in den beiden Nachfolgestaaten des „Dritten Reiches“ steht erst in ihren Anfängen, aber ihre Tücken zeichnen sich bereits ab. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, daß die Thematik, jedenfalls in der „alten“ Bundesrepublik, über Jahrzehnte hinweg ein zentraler Topos der politischen Essayistik gewesen ist. Der Kern des Problems - definiert nicht als die zu Beginn der sechziger Jahre Dynamik gewinnende „Verdrängungsdebatte“, sondern als die konkrete historisch-politische Auseinandersetzung mit den ererbten Lasten und den alliierten Vorentscheidungen seit Ende der vierziger Jahre und vor allem in den Fünfzigern - ist deshalb überlagert von vielfältigen Meinungsschichten, Deutungen und Kontroversen, durch die hindurchzudringen die Aufgabe entsprechender historiographischer Bemühungen sein muß. Die in letzter Zeit erschienenen Arbeiten zur Geschichte der „Vergangenheitsbewältigung“ in der Bundesrepublik leisten dies jedoch kaum, und einige davon vermitteln im Gegenteil den Eindruck, als ob sie sich von der so lange vorherrschenden meinungsorientierten Betrachtungsweise gar nicht lösen wollten. Eine Geschichtswissenschaft, die diesen Namen verdient, muß aber alles daransetzen, beim Sturm auf tatsächliche oder vermeintliche alte „Legenden“ nicht neue zu produzieren. Das gilt zumal in einem Moment, in dem das für die Westdeutschen von jeher aufregende Thema durch die neugewonnene Möglichkeit des empirischen Vergleichs mit der Entwicklung in der DDR - ganz zu schweigen vom Vergleich mit der hier ausgeklammerten „zweiten Bewältigung“ seit 1989/90 - noch an Brisanz gewinnt.
This article discusses key aspects of the symbolic politics of the British and West German anti-nuclear-weapons movements in the late 1950s and early 1960s. More specifically, it examines the interaction between protest, politics, the media and the public sphere. It proposes two analyses of the protests: first, as the creation of a public sphere by means of "street politics" and, second, as a key to establishing an emotional community of protesters both in a national and transnational context. The media played a crucial role by enabling isolated protests to be perceived as parts of broader movements. The article argues that protests in both countries by and large adhered to, rather than transcended, the dominant national cultural codes. These movements thus exemplify the ways in which international relations, transnational links and national protest traditions interact.
»Hits für das Tonbandgerät, Alben für den Plattenspieler? Die Markteinführung des Tonbandgerätes in Westdeutschland und die Urheberrechtsdebatte über Musikaufnahmen jugendlicher Konsumenten in den 1950er und 1960er Jahren«. Since the late 1950s, tape recorders were increasingly to be found in West German households. This device for the first time gave the consumers the opportunity to record music from records or from the radio. This triggered off discussions between the record industry and the GEMA (Society for musical performing and mechanical reproduction rights) on the one hand and tape recorder producers and users on the other hand. Whereas the former complained about falling record sales and called for the introduction of copyright fees, the latter argued that the tape recorder offered a large range of applications and that therefore a collective charging of producers and/ or users would not be justified. Against the background of the changing legal situation, the article retraces the copyright debate and evaluates the opponents’ arguments. In spite of the manifold functions of the tape recorder, young consumers predominantly employed it to record their favourite light music. But these appropriation practices did not cause an overall decline in record sales but rather a change in music consumption patterns. While the possibility of recording single hits did in fact lead to falling sales figures of 45rpm-discs, sales of longplaying-records rose considerably
Am Anfang des 20. Jahrhunderts stand Mathematikern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren eine Reihe von mathematischen Methoden (numerischen und graphischen Verfahren) sowie technischen Hilfsmitteln (Instrumente, Apparate, Maschinen, Tafelwerke) zur Verfügung, um exakte Lösungen bzw. Näherungslösungen für mathematische Probleme »ausrechnen« zu können, die im Zusammenhang mit ihrer wissenschaftlichen oder praktischen Arbeit auftraten. Ein genauerer Blick zeigt, dass um 1900 ein ganzer »Apparate- und Methoden-Zoo« zur Verfügung stand, dessen Klassifizierung – um im Bild zu bleiben – einen sehr kundigen »Apparate- und Methoden-Zoologen« erforderte, um die »Morphologie« und »Anatomie« der Apparate und deren »Physiologie« (in Bezug auf die informationsverarbeitenden Funktionen) zu überblicken. So gab es z. B. weit verbreitete Apparate und Methoden wie Rechenschieber und Planimeter, mechanische Rechenmaschinen, Multiplikations- und Logarithmentafeln oder das Runge-Kutta-Verfahren zur numerischen Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen, aber auch nur in Einzelexemplaren existierende Geräte, wie die im 19. Jahrhundert verschiedentlich entwickelten Gleichungswaagen.
Der Aufsatz entwirft eine Zeitgeschichte der Vorsorge, die sich für den hygienepolitischen Übergang von Praktiken der Intervention und Krisenbewältigung zu Praktiken der Prävention interessiert. Am Beispiel der Pestvorsorge in der Sowjetunion wird erstens ein Prozess der Institutionalisierung, Professionalisierung und Verwissenschaftlichung dargestellt. Zweitens werden die Eigenheiten des sowjetischen Falls herausgearbeitet. Die dortige Pestbekämpfung war bis in die 1930er-Jahre von Interventionen geprägt, die aus einem Repertoire repressiver, im Kontext der Zwangskollektivierung etablierter Maßnahmen schöpften. Der Umgang mit der Pest war nicht mit Aufklärung verknüpft, sondern mit Geheimhaltung. Die Einrichtung eines Netzwerks wissenschaftlicher Forschungsstätten führte zu einem Wandel im Umgang mit der Seuche. Dies war eingebettet in parallele Diskurse über administrative Grenzen und geographisches Wissen. Der Aufsatz stützt sich auf Quellen aus Staats- und Partei-Archiven in der Russischen Föderation und der Republik Aserbaidschan.
Walther Hofers Dokumentation über den Nationalsozialismus, erstmals im August 1957 erschienen, war bis zum Jahresende 1957 bereits mit 100.000 Exemplaren verkauft. Mit einer Gesamtauflage von über einer Million Exemplaren zählt sie bis heute zweifellos zu den Klassikern dieser Gattung. Der aus der Schweiz stammende Herausgeber lehrte damals an der Freien Universität Berlin; 1952 hatte er sich bei Hans Herzfeld mit einer diplomatiegeschichtlichen Studie über die „Entfesselung des Zweiten Weltkrieges“ habilitiert. Auf schmaler Quellengrundlage inmitten der Ruinen einer geteilten Hauptstadt verfasst, war diese Publikation, die 1954 als erster Band in der Schriftenreihe des Münchner Instituts für Zeitgeschichte erschien, ein mutiges Unterfangen, das den Ruf Hofers als eines NS-Experten begründete. 1960 wechselte er an die Universität Bern, wo er bis zu seiner Emeritierung 1988 den Lehrstuhl für Neuere Geschichte innehatte und sich als langjähriger Nationalrat der konservativen Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (später: SVP) auch aktiv in der Politik betätigte.
Die Geschichte der Pädagogischen Fakultäten (und damit der einheitlichen universitären Lehrerausbildung) in der SBZ/DDR ist kurz: Sie begann 1946, als an den Universitäten in Berlin, Greifswald, Halle, Jena, Leipzig, Rostock bzw. an der Technischen Hochschule Dresden Pädagogische Fakultäten eingerichtet wurden, und endete 1955 als Folge einer vom Ministerium für Volksbildung 1953 erlassenen Verordnung zur Auflösung derselben.
Wie reagieren Menschen auf Katastrophen? Wie lassen sich Bevölkerungen in Extremsituationen führen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren mehrere US-amerikanische, teilweise durch die Armee finanzierte Forschungsgruppen. Sie waren interdisziplinär zusammengesetzt, aber mehrheitlich soziologisch ausgerichtet. Innerhalb wie außerhalb der USA studierten sie das Stressverhalten von Individuen und Gruppen in Tornados, eingeschneiten Autobahnraststätten und »racial riots« sowie ergänzend in Laborsimulationen. Anhand zeitgenössischer Publikationen und interner Akten werden in diesem Aufsatz die Erkenntnisinteressen und Untersuchungsfelder der sozialwissenschaftlichen Katastrophenforschung, ihre Befunde und deren Nutzung dargestellt. Die Tätigkeit der Wissenschaftler/innen stand im Kontext des Kalten Kriegs und eines sich verschiebenden Gefahrensinns. Dabei ließen sich die Forscher/innen keineswegs vollständig politisch vereinnahmen, sondern verfolgten durchaus eigene Interessen und gaben mitunter Antworten, die den Intentionen der Auftraggeber zuwiderliefen.