1980er
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Ambivalente Metaphorik. Ein kritischer Rückblick auf Zygmunt Baumans "Dialektik der Ordnung" (1989)
(2017)
Lange vor Baumans »Dialektik der Ordnung« war mir ein Text von Yvonne Hirdman in die Hände gefallen, als ich mich für ein Forschungsprojekt zum »social engineering« in die Forschungsliteratur zur schwedischen Geschichte und Gesellschaftspolitik einzulesen begann. Hirdman, Historikerin, hatte 1989 ein schlankes Buch mit dem aus dem Deutschen abgeleiteten Titel »Att lägga livet tillrätta« publiziert, »Das Leben zurechtlegen«.[1] Die Studie war im Rahmen einer Enquête entstanden, mit deren Hilfe der schwedische Staat sein eigenes Funktionieren untersuchte. Hirdman, die zehn Jahre zuvor eine Geschichte der Sozialdemokratie unter dem selbstsicheren Titel »Wir bauen das Land« verfasst hatte, hielt nun derselben sozialdemokratisch dominierten Gesellschaftspolitik vor, die Menschen systematisch übermächtigt zu haben.
Das im Jahre 1980 entstandene rumänische Brettspiel Bunul Gospodar, oder zu Deutsch „Der gute Wirtschafter“, kann als sozialistischer „Bruder“ eines zutiefst kapitalistischen Brettspiels gesehen werden. Ein einziger Blick auf die Aufmachung verrät, dass es sich um einen Klon des bereits 1930 in den USA veröffentlichten und weltweit bekannten Spiels Monopoly handelt. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gesellschaftsspielen ist allerdings das Ziel des Spiels. Dadurch werden die dem Spiel zugrunde liegenden Wertevorstellungen des jeweiligen Herkunftslandes rasch deutlich.
Bürokratopoly ist ein vom DDR-Museum, gemeinsam mit Playing History herausgegebenes Spiel. Dabei handelt es sich um eine für den Schulunterricht aufbereitete Version eines Brettspiels, das 1983/84 in der DDR von dem Oppositionellen Martin Böttger für den Privatgebrauch entwickelt wurde, sich aber auch im politischen Untergrund verbreitete. Das Ministerium für Staatssicherheit bescheinigte dem Spiel einen „negativ-feindliche[n]“ Charakter und legte eine Stasi-Akte an.
Die Visitenkarte mutet unverfänglich an. Man könnte sie zunächst für die gewöhnliche Karte eines Geschäftsmanns halten. Erst der zweite Blick lässt den Betrachter stutzig werden: War Peter Venkman nicht eine fiktive Gestalt aus dem Kassenschlager Ghostbusters von 1984? Erst das Wissen um die Provenienz des Papier-Artefakts leitet den Betrachter schließlich auf die richtige Fährte: Peter Venkman ist ein Pseudonym und Mega Industries kein größenwahnsinniger Konzern, sondern ein Kollektiv niederländischer Teenager innerhalb einer transnationalen Community, die kommerzielle Computerspiele vom Kopierschutz befreite und an den Verkaufskanälen vorbei zirkulierte.
Unter dem Titel „Landsleute“ hat der Fotojournalist Rudi Meisel Bilder aus Reportagen zusammengestellt, die zwischen 1977 und 1987 in der DDR, im Ruhrgebiet und in West-Berlin entstanden sind. Sie sind als Ausstellung – 2015 in der Fotogalerie C/O Berlin gezeigt – nun im Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung zu sehen: Anlass für Fragen an den Fotografen zwischen Zeitgenossenschaft und Geschichte.
Die Entwicklung der digitalen Telefonie (1960–1985). Die Kosten soziotechnischer Flexibilisierungen
(2017)
Westliche Wachstumgsgesellschaften haben im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Die Veränderungen waren so grundlegend, dass es fast ununmgänglich wurde, dafür eine eigenständige kollektive Umbruchsymbolik zu entwickeln: Ein paar wenige Jahreszahlen und Ereignisse – 1968, 1973/74, 1989/90 – wurden so arrangiert, dass sie das Wichtigste benennbar machten. Der Erinnerungshaushalt konnte damit insofern besser verwaltet werden, als die historische Erzählung ganz selbstverständlich auf bekannte und allen verfügbare Meilensteine zurückgreifen vermochte. Dieselben Meilensteine stabilisieren auch heute noch den Umgang mit unserer Vergangenheit – bis zu dem Masse, in welchem sie gerade den gesellschaftlichen Wandel nicht mehr erklären können, weil die großen Ereignisse fälschlicherweise zu Gründen der gesellschaftlichen Entwicklung gerechnet werden, obwohl sie als Ereignisse vielmehr Effekte des zu erklärenden Wandels gewesen sind.
Wir sind das Volk ist ein Strategie-Brettspiel, in dem der historische Verlauf der innerdeutschen Teilung spielerisch nacherzählt und erlebbar wird. Entwickelt von Peer Sylvester und Richard Sivélerschien es 2014 im Histogame Verlag. Motiviert wurde die Entwicklung durch das Interesse Sylvesters am Konzept „zwei[er] getrennte[r] Staaten, die sich nebeneinander entwickeln und miteinander konkurrieren.“ [1] Das Spiel ist nicht primär geschichtspolitisch motiviert, kann aber durch das kontrafaktische Spielprinzip einen besonderen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten. Das Spiel erhielt viel positive Resonanz und wurde insbesondere für seine Rahmenhandlung und die Spielmechanik gelobt.
Der vorliegende Aufsatz analysiert, wie die aus damaliger und heutiger Sicht unerwartet große Flüchtlingshilfe gegenüber den vietnamesischen »Boat People« aufkam und ihre starke Dynamik gewann. Untersucht wird, welche Rolle zivilgesellschaftliche Gruppen, die staatliche Bürokratie, politische Parteien sowie Medien dabei spielten und wie diese bei der konkreten Aufnahme von Flüchtlingen interagierten. Dabei wird erstens gezeigt, dass anfangs vor allem öffentlicher Druck die sozialliberale Regierung zu einer Aufnahme der Indochina-Flüchtlinge bewegte, sich dann aber zivilgesellschaftliches und staatliches Handeln wechselseitig ergänzten. Das zweite Argument lautet, dass der öffentliche Druck insbesondere durch mediale Kampagnen und durch christdemokratische Initiativen aufkam, die entschieden für die Aufnahme der Flüchtlinge eintraten. Eine wichtige Rolle spielte dabei, so die dritte These, dass die »Boat People« diskursiv mit der deutschen Nachkriegsgeschichte verbunden wurden – speziell mit der Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Viertens zeigt der Aufsatz, wie Techniken der Flüchtlingsaufnahme und neue Formen humanitärer Hilfe entstanden, die sich als zivilgesellschaftlicher und bürokratischer Wandel interpretieren lassen.
Die 1980er Jahre können als eine Zeit zunehmender Turbulenzen und Unsicherheiten angesehen werden. Etliche politische Initiativen und soziale Bewegungen entstanden direkt aus den sozialpolitischen Konflikten dieser Zeit. Andere jedoch, die in den 1980er Jahren besonders aktiv waren, bestanden bereits seit Längerem, aber im unruhigen politischen Klima der damaligen Zeit erlebten selbst deren Aktivitäten wesentliche Veränderungen. Eine der langlebigsten dieser Bewegungen war die weltweite Bewegung gegen die Rassentrennung und Diskriminierungspolitik des südafrikanischen Apartheid-Regimes. Ausgehend von den diplomatischen Anstrengungen der südafrikanischen nationalen Befreiungsbewegungen hat sie sich in ein globales Phänomen entwickelt, welches die politischen Erfahrungen vieler unterschiedlicher politischer Kulturen und sozialer Bewegungen nutzen konnte. Nach einem Höhepunkt der Mobilisierung in den späten 1980er Jahren endete das ununterbrochene Bestehen dieser Bewegung mit den allgemeinen Wahlen in Südafrika im April 1994, zu denen erstmals alle erwachsenen Bürger der Republik zugelassen waren.
Von den Nürnberger Wirtschaftsprozessen bis zu den Verhandlungen um Zwangsarbeiterentschädigungen - deutsche Konzerne haben stets versucht, das öffentliche Bild von ihrer NS-Vergangenheit selbst zu prägen. Sebastian Brünger untersucht nun erstmals die Kontinuitäten und Brüche dieser Vergangenheitsbearbeitung seit 1945. An vier Beispielen (Bayer, Deutsche Bank, Daimler und Degussa) erörtert er Strategien und Formen unternehmerischer Vergangenheitsbearbeitung und analysiert sie im Kontext von Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft ihrer jeweiligen Zeit.
Brünger zeigt, wie Unternehmen die Veränderungen der deutschen Geschichtskultur nachvollzogen bzw. mitbestimmten, während konkrete Rollenbilder wie etwa das vom »anständigen Kaufmann« weiter tradiert und Forschungsaufträge an Historiker zunehmend zu einem wichtigen Imagefaktor wurden. Damit erweitert Brünger den gedächtnisgeschichtlichen Blickwinkel auf die deutsche Geschichtskultur um die Dimension der Unternehmensgeschichte und begreift Unternehmen als Akteure des kulturellen Gedächtnisses.