1990er
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This article evaluates a variety of recent attempts to conceptualize a historyof innovations from the perspective of social history. Special emphasis is given toapproaches arguing for a paradigm shift from innovation systems to innovationcultures, in particular by focussing on users as co-designers of technology. Theconcept of the co-construction of technology has been implemented especially in thethematic field of the integration and disintegration of Europe. The growing circulationof scientific knowledge and technical goods resulted in the “invention of European-ness” in the long 20th century. This article contributes to the discussion by examiningscientifically constructed user projections in the American and German automobileindustries.
Langfristige Ursprünge und dauerhafte Auswirkungen. Zur historischen Einordnung der siebziger Jahre
(2008)
Wohl keines der Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war derart stark von widerstreitenden Entwicklungen gekennzeichnet wie die siebziger Jahre. Sprach man nach dem Krieg in Deutschland von Stunde Null und Neubeginn, in den fünfziger Jahren dann von Wiederaufbau, in den Sechzigern von Reform und Emanzipation, so löste sich im Verlauf der siebziger Jahre die scheinbare Eindeutigkeit der Zuordnungen auf. Politikwissenschaftler und Historiker nahmen alsbald Zuflucht zum inhaltsleeren Begriff der Krise, als hätte es Krisen zuvor nicht gegeben und als sei man in der Lage, exakt bestimmen zu können, was eine »Krise« denn konkret ausmache.
Um 1990 wurden sie durch erste Ausstellungen allgemein bekannt: afghanische Teppiche mit Motiven aus Krieg und Politik.1 In den anderthalb Jahrzehnten, die seither vergangen sind, hat sich eine Debatte darüber entwickelt, ob die Teppiche als ethnographisch wertvolle Sammlerstücke oder als bloß touristische Souvenirs anzusehen sind.2 Der vorliegende Text schlägt eine andere Lesart vor: Die Teppiche, so meine These, sind als Medien zwischen Handwerk und Technik, zwischen Massenkommunikation und Dialog, zwischen Kunst und Nachrichtenbild zu verstehen.
Staatssymbole sind ein unverzichtbares Attribut souveräner Nationalstaaten. Als visuelle und audiovisuelle Medien geben sie Aufschluss über den Kern staatlichen Selbstverständnisses, was sie zu einer interessanten Quelle für die historische Forschung macht. Symbole wie Flagge, Staatswappen und Nationalhymne repräsentieren den Staat nach außen und unterstreichen seine Souveränität, während sie nach innen der Integration und der Identitätsbildung dienen. Weil Staatssymbolik auf Beständigkeit angelegt ist, wird sie nur selten Modifikationen unterworfen. Meist sind es Systemwechsel, die Veränderungen der symbolischen Ordnung nach sich ziehen. In solchen Umbruchsituationen gilt den üblicherweise kaum bewusst wahrgenommenen Staatssymbolen verstärktes öffentliches Interesse. In der jüngeren Vergangenheit war dies am Beispiel der postsozialistischen Staaten gut zu beobachten. Deren Staatssymbolik lässt wie in einem Brennglas den Wandel des politischen und des Wertesystems erkennen, der seit dem Ende des Staatssozialismus stattgefunden hat.
Der erste „neue Krieg“? Staatszerfall und Radikalisierung der Gewalt im ehemaligen Jugoslawien
(2005)
Der jugoslawische Sukzessionskrieg der 1990er-Jahre ist fälschlich als Prototyp einer in aller Welt beobachtbaren Form des „neuen Krieges" gedeutet worden. Er kann jedoch weder hinsichtlich seiner Ursachen noch in Bezug auf seine äußere Gestalt als „neuartig" bezeichnet werden. Charakteristische Motive, Instrumente und Ausdrucksformen des Konflikts waren bereits während der Balkankriege 1912/13 sowie im Zweiten Weltkrieg gang und gäbe. Jedoch hat die besondere Medialisierung dieses ersten bewaffneten Konflikts auf europäischem Boden nach 1945 die Merkmale „informeller" Kriegsführung stärker in das Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit gerückt. Nicht die Gestalt des Krieges an sich war neu, sondern die Art, wie er von außen wahrgenommen und später interpretiert wurde.
Das Beschreibungs- und Erklärungsmodell der „neuen Kriege“, wie es vor allem der Politologe Herfried Münkler entwickelt und publizistisch äußerst wirkungsvoll vertreten hat, kommt ohne die Berücksichtigung der medialen Faktoren nicht mehr aus. An wesentlichen Stellen seiner scharfsinnigen historischen Phänomenologie des Krieges, die gerade durch die Konfrontation der Aktualität mit den Erscheinungsformen der vormodernen Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts ihre besondere Prägnanz gewinnt, wird immer wieder auf die gewandelte Rolle des Fernsehens verwiesen. In den kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten beiden Jahrzehnte werde der Kampf mit Waffen „zunehmend durch den Kampf mit Bildern konterkariert“. TV-Kamerateams seien für die Kriegsparteien inzwischen ein beliebig handhabbares Instrument der Aufmerksamkeitssteuerung, ja die durch Fernsehbilder erst hergestellte „Weltöffentlichkeit“ sei zur „Ressource“ des Krieges geworden. Münklers Argumentation kulminiert dann in der These, die „Verwandlung der Berichterstattung über den Krieg in ein Mittel seiner Führung“ bedeute den „wahrscheinlich größte[n] Schritt bei der Asymmetrisierung des Krieges“. Ein Hauptbefund der Studie, die Ablösung der staatlich monopolisierten Kriege durch radikal asymmetrische Formen der Auseinandersetzung, wird also am Medium Fernsehen festgemacht - alles deutet darauf hin, dass Münklers Konzept der „neuen Kriege“ eine umfassende Theorie ihrer medialen Repräsentation quasi mitformuliert. Doch dieser Eindruck täuscht. Die medialen Spiegelungen der kriegerischen Ereignisse und vor allem der audiovisuelle Diskurs des Fernsehens werden nur am Rande beachtet; Münkler belässt es bei Anmerkungen und Anfügungen. Nur eingestreut wird der Hinweis, man dürfe den „wachsenden Einfluss der Medien auf die politischen Entscheidungsabläufe“ nicht unterschätzen. Dabei bietet Münklers Konzept der „neuen Kriege“ eigentlich alle Voraussetzungen, um eine solche Beiläufigkeit zu überschreiten, denn optisch-visuelle Begriffe fungieren als Grundkategorien: „Erscheinungsformen“ und „Erscheinungsweisen“ der „neuen“ Realitätsformationen sollen aufgezeigt werden. Alles kreist um die Problematik der Sichtbarkeit; eine unübersichtliche „Gemengelage“ wird als das hervorstechendste Charakteristikum der aktuellen Kriege kenntlich gemacht.
Seit einiger Zeit kursiert das Schlagwort „Ostalgie“. Fernsehshows mit ehemaligen Medaillengewinnern, halb vergessenen Prominenten und ergrauten Medienstars boomen. Thema: die DDR im wehmütigen Rückblick. Man gewinnt den Eindruck, dass sich der Deutsche-Ost seine Vergangenheit angesichts der unsicheren Gegenwart gern verklären lässt. Motto: So schlimm war es ja nicht. Der Deutsche-West steht etwas hilflos vor diesem Kessel Buntem, von dem er kaum etwas gesehen oder miterlebt hat.
Mehr als io Jahre lang haben durchschnittlich etwa einhundert namibische Kinder und ihre Betreuerinnen in dem kleinen mecklenburgischen Dorf Bellin gelebt. Geredet und geschrieben wurde über sie paradoxerweise erst im Zusammenhang mit ihrer Rückkehr nach Namibia im August 1990. Wer zufällig nach Bellin kam oder doch davon gehört hatte, stand vor einem alten Gutshaus, das bis Ende 1989 für ungebetene Besucher verschlossen blieb. In der DDR wußte so gut wie niemand etwas von der Existenz eines SWAPO-Kinderheimes. Abschottung einerseits, andererseits die in der DDR einmalige Situation, daß in einem Ort etwa 25 Prozent Ausländer lebten, die meisten von ihnen Kinder.
Die beiden im Folgenden geschilderten Fälle polizeilicher Gewaltanwendung in Deutschland aus dem ersten und letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts haben eines gemeinsam: Sie wurden für die Zeitgenossen als »Übergriff«, als »Amtsmissbrauch« zum Skandal und zogen die Aufmerksamkeit der Presse auf sich. Daher sind sie auch verhältnismäßig gut überliefert und ragen aus der Masse der vielen, »alltäglich« gebliebenen und noch immer bleibenden Fällen polizeilicher Gewaltanwendung heraus. Das gibt uns die Möglichkeit, sie als Sonden in die öffentlichen Gewaltverhältnisse ihrer Zeit zu nutzen: Anhand der konkreten Umstände und der beteiligten Akteure lässt sich, so die Überlegung, untersuchen, wie sich Legitimation und Ausübung staatlicher Herrschaft, die öffentliche Auseinandersetzung und Konsensbildung über staatliche Gewaltanwendung und die von sozialkulturellen Erfahrungshintergründen abhängigen Standards alltäglich erfahrener Mitmenschen zugefügter Gewalt miteinander verbanden.