Judentum
Refine
Year of publication
Document Type
- Journal Article (22)
- Online Publication (22)
- Book (1)
- Part of a Book (1)
Keywords
- Antisemitismus (1)
- Begriffe (1)
- Forschungsfelder (1)
- Geschichte 1946-1967 (1)
- Juden (1)
- Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (1)
1967 rückte der Palästinakonflikt in den Fokus der politischen Arbeit des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), der diesen Konflikt im Zusammenhang mit den Befreiungsbewegungen der sogenannten Dritten Welt deutete. Politischen Zuspruch erhielt der SDS von palästinensischen wie auch israelischen Studentengruppen, die in Frankfurt am Main ihr Wirkungszentrum hatten. Diese sich als antizionistisch verstehenden Akteure fanden in dem ebenfalls in Frankfurt sitzenden Bundesverband Jüdischer Studenten in Deutschland (BJSD) einen Kontrahenten. Die Präsenz dieser zentralen Protagonisten transformierte das studentische Milieu im Frankfurter Westend zum bundesrepublikanischen Nukleus eines Deutungskampfes um die Geschehnisse im Nahen Osten. Eine sabotierte Veranstaltung mit dem israelischen Botschafter Asher Ben-Natan im Frankfurter Hörsaal VI am 9. Juni 1969 dient dem Aufsatz als Beispiel, um diesen Konflikt zu historisieren. Neben schriftlichen Quellen stützt sich der Beitrag auf Bildmaterial des Frankfurter Fotografen Kurt Weiner.
›1948‹ is a key concept in Israeli identity discourse. A signifier of the violent clashes that took place at the end of the British Mandate in Palestine (between the fall of 1947 and the spring of 1949), it encompasses both the foundation of a democratic Jewish nation-state and the destruction of numerous Palestinian communities during the Israeli ›War of Independence‹ and thereafter. The Nakba, the Palestinian catastrophe, could not be overlooked by Israel’s ›generation of 1948‹ and those that succeeded it: it was present in the deserted fields and houses now occupied by Israelis, in the names of the streams, hills and roads Israelis now visited during military drills or school field trips, and in the frequent encounters with Arab ›infiltrators‹ who sought to return to their abandoned homes and lands.1 The mass expulsion and the killings of Arab civilians by Jewish forces were regularly discussed and debated by Israeli politicians, intellectuals, journalists and artists in the ensuing decades.2 Yet with few exceptions, Israeli historians and politicians have seemingly effortlessly merged these atrocities with a commonly accepted ›narrative‹ by, for example, attributing them to rogue, marginal, right-wing militias; depicting cases of expulsion as sporadic and spontaneous events; or justifying them as ad hoc measures taken against the initiators of the violence during the war.
un.sichtbar – Zur Einführung
(2024)
Studierende des Masterstudiengangs Public History der Freien Universität Berlin haben im Wintersemester 2023/24 mit Unterstützung von Christine Bartlitz (ZZF), Christoph Kreutzmüller (Selma Stern) und Theresia Ziehe (Jüdisches Museum) das Fotoalbum der deutsch-jüdischen Familie Lindenberger als zeitgeschichtliche Quelle im Sinne einer Visual History untersucht und sich dabei auf das Spannungsverhältnis von Sichtbarem und Unsichtbarem im Album und bei den einzelnen Bildern konzentriert. In dem Themendossier „un.sichtbar. Blicke auf das Fotoalbum einer jüdischen Familie 1904-1969“ geben wir Einblicke in unsere Arbeit: In 17 Beiträgen nähern wir uns aus ganz unterschiedlichen Perspektiven den Bildern aus dem Album und stellen das Fotoalbum in Gänze sowie einzelne Fotografien im Detail vor, unter der Fragestellung: Was können uns die Bilder zeigen – und was zeigen sie nicht?
Die Kuratorin des Jüdischen Museums Berlin trägt Handschuhe, während sie die 31 Seiten des Fotoalbums umblättert. Sie hat das Album der Familie Lindenberger für unser Projekt im Rahmen des Public History-Studiengangs ausgewählt. Wir, Studierende und Dozentin, stehen im Kreis um sie herum und betrachten die 95 dort eingeklebten Fotografien. Eine Woche später sehen wir uns im Seminarraum der Freien Universität Berlin die Fotografien des Albums noch einmal an. Biografische Angaben zur Geschichte der Familie haben wir aus dem Jüdischen Museum erhalten. Sie ermöglichen die Identifikation und familiäre Zuordnung vieler Bilder. Langsam werden uns die auf den Fotografien dargestellten Menschen vertraut, und wir erkennen schließlich die engsten Familienmitglieder auf den ersten Blick.
In den 1960er- und 1970er-Jahren führten die Satiren von Ephraim Kishon (1924–2005) die westdeutschen Bestseller-Listen an. Wie erklärt sich diese Resonanz des israelischen Autors gerade in der Bundesrepublik? Während Kishons Beliebtheit von deutschen Leser*innen (und von ihm selbst) vor allem als ironische Wendung der Geschichte bezeichnet wurde, versucht der Beitrag den publizistischen Erfolg im Kontext der frühen deutsch-israelischen Beziehungen genauer zu bestimmen, indem Akteure und Strukturen des literarischen Feldes betrachtet werden. Zum einen wird Kishons Rezeption in der Bundesrepublik vor dem Hintergrund von Versöhnungsrhetoriken und Auseinandersetzungen um den jüdischen Humor interpretiert. Zum anderen beleuchtet der Beitrag die Bedeutung der beteiligten Zeitungs- und Buchverlage. Die Verlagshäuser Langen Müller (Herbert Fleissner) und Ullstein (Axel Cäsar Springer) spielten eine besondere, politisch hochgradig ambivalente Rolle. Während dieses Netzwerk Kishon vor allem als Unterhaltungsautor darstellte, äußerte er sich nach dem Sechstagekrieg 1967 immer wieder auch politisch in deutschen Medien. Kishon trug damit zu einer Politisierung bei, die bis in die Gegenwart die Rezeption israelischer Literatur in der Bundesrepublik prägt.
The word "anti-Semitism" serves on the one hand as a generic term for every type of hostility towards Jews. More specifically on the other hand, as a term formed in the final third of the 19th century, it characterizes a new, pseudo-scientific anti-Jewish prejudice that no longer argued religiously but employed qualities and characteristics associated with "race". A distinction needs to be drawn between the older religiously-motivated anti-Judaism and modern anti-Semitism.
Zeit seines Lebens hat sich Stanisław Lem (1921–2006) dagegen verwehrt, Science-Fiction-Autor genannt zu werden. Natürlich war er selbst an dieser Etikettierung nicht ganz schuldlos, denn wer einen Großteil seiner literarischen Sujets in außerirdische Welten verlagert, von denen »Robotermärchen« und »Sterntagebücher« künden, dem mag es leicht passieren, dass er im Regal des Buchladens neben Perry Rhodan landet. Doch hat Lem nicht allein futuristische Szenerien entworfen. Sein erster Roman »Das Hospital der Verklärung« war ein überaus realistisches Werk, noch dazu mit dem Blick in einen historischen Abgrund: Beschrieben wird die Konfrontation eines jungen polnischen Arztes mit dem Patientenmord an den Bewohner*innen einer Nervenheilanstalt während des Zweiten Weltkrieges durch die deutschen Besatzungstruppen. Dieser Erstling ist hinter den Spiralnebeln der späteren Bestseller des Autors lange Zeit weitgehend verborgen geblieben. Doch ist die Darstellung nicht allein aufgrund ihrer literarischen Qualität bedeutsam, sondern stellt, 1948 geschrieben, eine der ersten intellektuellen Reflexionen des nationalsozialistischen Krankenmordes dar. Vor allem trägt der Text zur Erhellung einer wesentlichen biographischen Dimension von Stanisław Lem bei: seiner eigenen und familiären Erfahrung von Gewaltherrschaft und Besatzungszeit.
Klischee, Klitterei, Geschichtchen ohne Geschichte - so die schärfsten Vorwürfe in der öffentlichen Debatte um den Historienfilm „Rosenstraße“. Er erzählt die Geschichte des Protestes nichtjüdischer Berliner Frauen gegen die tagelange Inhaftierung und befürchtete Deportation ihrer jüdischen Ehemänner durch Gestapo und SS im Frühjahr 1943. Ein Film im Kreuzfeuer eines Historikerstreites: Die Deportation der jüdischen Ehepartner sei geplant gewesen, erst der weibliche Protest habe zur Freilassung der Mehrzahl der rund 1.500 bis 2.000 Inhaftierten geführt - so die einen (Nathan Stoltzfus, Gernot Jochheim). Die Inhaftierung habe ‚nur’ der Auswahl von Ersatzkräften für zu deportierende „Volljuden“ gedient, die folgende Freilassung der „Mischehen-Partner“ sei bereits beschlossen gewesen - so die anderen (Wolf Gruner, Wolfgang Benz).
Von April 2019 bis März 2022 erschloss das durch die German-Israeli Foundation geförderte Forschungsprojekt „Jewish Photography of Crisis: The German Reality in the Eyes of Jewish Photographers, 1928-1938“ jüdische Perspektiven auf das Ende der Weimarer Republik, den Beginn der NS-Diktatur und die zunehmende Ausgrenzung und Verfolgung von Jüd:innen. Zum Abschluss der dreijährigen Arbeit luden OFER ASHKENAZI (Jerusalem) und ANNETTE VOWINCKEL (Potsdam) zu einem Workshop an der Hebrew University of Jerusalem am 10. und 11. April ein.
Im September 1976 veröffentlichte Heinrich Böll, Literaturnobelpreisträger und einer der meistbeachteten Schriftsteller der Bundesrepublik, die Besprechung eines gerade veröffentlichten Buches, dessen Autor zwar in der DDR lebte, seinen Text jedoch beim kleinen Werner Gebühr Verlag in Stuttgart zum Druck gegeben hatte. Faszination und Anziehung versprach der schmale Band schon wegen seiner Entstehung »im Grenzstreifen zwischen DDR und Bundesrepublik« (so Böll); deshalb wurde er unter einem Pseudonym – Carl-Jacob Danziger – veröffentlicht. Größer noch war das Interesse aber, weil es sich bei dem Buch mit dem ironisch distanzierten und in Anführungszeichen gesetzten Titel »Die Partei hat immer recht« um den autobiographischen Roman eines Schriftstellers handelte, der sich zuerst voll und ganz dem sozialistischen Selbstverständnis der DDR verschrieben, mit seinem Buch nun jedoch die Geschichte seiner Enttäuschungen vorgelegt hatte. »Danzigers schlimmste Sünde aber ist, daß er sich für Realismus und nicht für sozialistischen Realismus entscheidet«, fasste Böll die von Danziger niedergelegte Konfrontation seiner einstigen sozialistischen Utopie mit der Realität des DDR-Sozialismus zusammen. Hier lag die Geschichte einer Entfremdung und Abwendung vor. Auch deshalb wurde Danzigers Roman in der Bundesrepublik schnell große Aufmerksamkeit zuteil; Journalisten würdigten ihn als Ausdruck von »zivilem Ungehorsam«, »Auswurf des Gewissens« und einer persönlichen Abrechnung mit der Partei.