Krieg
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Zum 70. Jahrestag des Warschauer Aufstands ließ die Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Public History der Universität Hamburg, dem Museum des Warschauer Aufstands in Warschau sowie dem Verlag Leica Fotografie International eine historisch-fotografische Ausstellung unter dem Titel „Auf beiden Seiten der Barrikade. Fotografie und Kriegsberichterstattung im Warschauer Aufstand 1944“ erarbeiten. Die Ausstellung wurde am 1. Oktober 2014 im Mahnmal St. Nikolai in Hamburg eröffnet und ist seitdem an mehreren Orten in Deutschland präsentiert worden.
Ausgangspunkt für dieses Projekt war die Entdeckung, dass neben deutschen Fotografen, die den Aufstand dokumentiert haben – Mitglieder der Propagandakompanien (PK) der Wehrmacht und SS, die seit den 1930er Jahren standardmäßig mit Leica-Kameras ausgestattet wurden –, auch die Mehrzahl der Fotograf*innen unter den polnischen Kriegsberichterstatter*innen (PSW – Prasowi Sprawozdawcy Wojenni) mit einer Leica in Warschau fotografierte.
Die Geister der Bombe. Der Ausstellungskatalog „Nachbilder. Wechselnde Perspektiven auf Hiroshima“
(2021)
Der zweisprachig gehaltene Ausstellungskatalog „Nachbilder. Wechselnde Perspektiven auf Hiroshima“ basiert auf der von dem freien Journalisten und Fotografen David Rojkowski kuratierten gleichnamigen Hiroshima-Ausstellung. Im Sommer 2020 wurde sie im Mahnmal St. Nikolai in Hamburg gezeigt. In Zusammenarbeit zwischen dem Japan-Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München (Gabriele Vogt; Essay) und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg entstand zur Ausstellung der eher schlicht anmutende Begleitband mit über 150 Abbildungen auf 132 Seiten. Seit Anfang des Jahres 2021 gibt es auch eine Website, die einen guten Einblick in die Wanderausstellung ermöglicht.
Kaum einer hat nachdrücklicher, vollmundiger und mit größerem Anspruch gegen die Katastrophe des Zeitalters der Weltkriege angeschrieben als Hans-Ulrich Wehler, der sich - paradoxerweise - bislang aber weitgehend aus der Historiographie dieser deutschen Krisenperiode herausgehalten hat. Der vierte Band seiner „Deutschen Gesellschaftsgeschichte“ ist deshalb Prüfstein für Wehlers vorangegangene Arbeiten über das lange 19. Jahrhundert. Hier muss sich bewähren, was in jenen angelegt ist.
Angesichts der Vielzahl mittlerweile vorliegender Rezensionen zum vierten Band von Wehlers „Deutscher Gesellschaftsgeschichte“ sollen dessen Vorzüge und Nachteile hier nicht mehr im Einzelnen abgewogen werden. Vielmehr geht es mir um einen etwas distanzierteren Blick auf die theoretische und methodische Anlage des Buchs. Seine Veröffentlichung fällt nämlich in eine Zeit, in der es als Test für die Leistungsfähigkeit des gesellschaftsgeschichtlichen Projekts Wehlers überhaupt gelesen werden kann: Bildet es doch nicht nur - trotz des noch angekündigten fünften Bandes - den vorläufigen Abschluss einer historiografischen Lebensleistung, sondern fällt auch in die Endphase einer Epoche der deutschen Geschichtswissenschaft, die mit Fug und Recht als Epoche der Sozialgeschichte bezeichnet werden kann. Drei kritische Punkte möchte ich im Folgenden ansprechen: den Stellenwert der Kulturgeschichte, die bei Wehler weiterhin ein Stiefkind der Gesellschaftsgeschichte bleibt, die damit verbundene sozialstatistische Verkürzung der historischen Wirklichkeit sowie die Grenzen der historischen Selbstreflexivität.
Es steht Wehler drauf, und es ist Wehler drin. Das Konzept der vorhergehenden Bände wird beibehalten, wenngleich mit der bereits des Öfteren kritisierten Verschiebung zugunsten des Primats der Politik in einigen Kapiteln. Im Vorwort verteidigt der Autor erneut seinen Ansatz: Gegenüber den eingeforderten Konzessionen an eine neue Kulturgeschichte weist er zum Beispiel darauf hin, dass eine Analyse struktureller Faktoren notwendig sei, bevor an eine mentalitätsgeschichtliche Auswertung gedacht werden könne. Das ist nachzuvollziehen, und Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“ liefert diese Strukturanalyse gesellschaftlicher Existenzbedingungen. Die Bevölkerungsentwicklung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Schichtung und die kulturellen Institutionen ebenso wie das politische System bilden die Grundlagen gesellschaftlichen Zusammenlebens. Der Vorteil und die Tragfähigkeit dieses Ansatzes kommen an vielen Stellen zum Ausdruck und geraten zum analytischen Vorzug dieses Werkes gegenüber anders konzipierten Handbüchern. Mentalitätsgeschichte zu schreiben böte sich auf dieser Grundlage an, erforderte aber zweifellos einen eigenen Band und ist zudem nicht Wehlers Sache.
Zu den in der Geschichtswissenschaft geläufigen Aussagen gehört, dass Hitler ein charismatischer Politiker gewesen sei - allerdings verbirgt sich dahinter, trotz des stets selbstverständlichen Bezugs auf Max Weber, häufig nicht mehr als eine Umschreibung des dämonischen Verführers, dem die Massen willenlos, als bloße Opfer, erlegen seien. Hans-Ulrich Wehler hingegen nimmt Webers Forderung ernst, Charisma nicht als göttliche Gnadengabe, sondern als soziale Beziehung zu untersuchen. Damit rücken weniger die Propaganda und Inszenierung des Charismatikers als vielmehr die Erwartungen und Hoffnungen derjenigen, die an Hitler geglaubt und das NS-Regime unterstützt haben, in den Mittelpunkt - anders als Wehlers Kritiker Ludolf Herbst annimmt, der Charisma unverdrossen für eine Propagandatechnik hält. Was bislang eher Ausgangsüberlegung denn durchgehaltene Reflexionsebene blieb, wird nun bei Wehler zum roten Faden der Darstellung.
Klischee, Klitterei, Geschichtchen ohne Geschichte - so die schärfsten Vorwürfe in der öffentlichen Debatte um den Historienfilm „Rosenstraße“. Er erzählt die Geschichte des Protestes nichtjüdischer Berliner Frauen gegen die tagelange Inhaftierung und befürchtete Deportation ihrer jüdischen Ehemänner durch Gestapo und SS im Frühjahr 1943. Ein Film im Kreuzfeuer eines Historikerstreites: Die Deportation der jüdischen Ehepartner sei geplant gewesen, erst der weibliche Protest habe zur Freilassung der Mehrzahl der rund 1.500 bis 2.000 Inhaftierten geführt - so die einen (Nathan Stoltzfus, Gernot Jochheim). Die Inhaftierung habe ‚nur’ der Auswahl von Ersatzkräften für zu deportierende „Volljuden“ gedient, die folgende Freilassung der „Mischehen-Partner“ sei bereits beschlossen gewesen - so die anderen (Wolf Gruner, Wolfgang Benz).
Die Frage, ob und wie Fotografien als historische Quellen über Ereignisse der letzten rund 150 Jahre genutzt werden können, ist oft gestellt worden.1 Der englische Kulturhistoriker Peter Burke hat in seiner Studie über die „Augenzeugenschaft“ von Bildern allerdings jüngst kritisiert, dass visuelle Darstellungen - seien es Gemälde, Grafiken oder auch Fotos - von Historikern immer noch zu selten dazu verwendet würden, tatsächlich „neue Antworten zu geben oder neue Fragen zu stellen“.2 Es sind zwei bereits häufig reproduzierte Aufnahmen von Robert Capa, dem wohl bekanntesten Kriegsfotografen des 20. Jahrhunderts, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen - nicht als Illustrationen von Geschichte, sondern als eigenständige Bildaussagen. Ihre „Relektüre“ dient weniger dazu, neue Antworten zu geben, als in Kenntnis des Publikationskontextes ihre Geschichte und Bedeutung neu zu entschlüsseln.
In den über 60 Jahren, die seit den Ereignissen bei Stalingrad von 1942/43 vergangen sind, ist das Geschehen in den Erinnerungskulturen zahlreicher Länder immer wieder neu entworfen, umgewandelt und mit unterschiedlichen Deutungsebenen verknüpft worden. Die Muster der Erinnerung waren und sind eng verbunden mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und Bedürfnissen zum Zeitpunkt ihrer Verbreitung, und sie standen bzw. stehen noch immer in einem gespannten Verhältnis zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über „Stalingrad“: So ging der Krieg für die Deutschen bereits im Winter 1941 verloren, und es folgten für Deutschland verlustreichere Kriegsphasen. Dass „Stalingrad“ in der deutschen und sowjetischen Erinnerungskultur bis heute eine herausragende Bedeutung einnimmt, steht dazu in offensichtlichem Widerspruch und kann nur gedächtnisgeschichtlich erklärt werden.
Vernichtungskrieg und Provenienzforschung. Der nationalsozialistische Kulturgutraub in Osteuropa
(2020)
Mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 begann ein rassistischer Vernichtungskrieg in Osteuropa, der den Tod von Millionen von Zivilisten einkalkulierte. Der Eroberungsfeldzug wurde begleitet von einem systematischen Kunst- und Kulturgutraub durch die deutschen Einheiten in den eingenommenen Gebieten.
„Wir wissen wenig über die Fotografie der Landser“, merkte Bernd Hüppauf noch im Jahr 2015 in seiner Abhandlung über Fotografie im Krieg an. Um diesen Missstand weiter aufzulösen, wird im Folgenden ein Bereich der privaten Fotografien des Zweiten Weltkriegs betrachtet, der neben dem Gestalten von Fotoalben und dem Handel mit Bildern ebenfalls eine große Rolle innerhalb der Landserfotografie spielte: das Verfassen von illustrierten Tagebüchern bzw. von Fotoheften.
Die Website dokumentiert ein überaus ambitioniertes und in dieser Form konkurrenzloses Projekt gleichen Namens, das von sechs Museen bzw. Forschungseinrichtungen aus ebenso vielen Ländern betrieben wird. Es verzeichnet Erinnerungsorte in Europa, die die Geschichte des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie des Spanischen Bürgerkrieges zum Gegenstand haben bzw. von diesen historischen Ereignissen selbst nachhaltig beeinflusst und geprägt wurden. Das Projekt wurde laut Auskunft eines deutschen Mitarbeiters in nur einem Jahr auf die Beine gestellt - diese Information findet sich jedoch nicht in dem überaus knappen Einführungstext. Daraus ergibt sich bereits ein zentraler Kritikpunkt: Wenn der Besucher der Website etwas mehr Informationen zum Projekt und zur Zielgruppe erhielte, ließen sich etliche Fragen und Unzufriedenheiten vermeiden. Eine Website sollte ohne zusätzliche Informationen verständlich und nutzbar sein.
Vor zehn Jahren konnte man des Lobes voll sein: Viele Facetten des „Großen Krieges“ wurden beleuchtet und auch verschiedene Formen des Gedenkens berücksichtigt. Zahlreiche gut erklärte Exponate waren zu sehen, und ein ebenso umfassender wie interessanter Katalog rundete die Ausstellung ab, die das Deutsche Historische Museum (DHM) 1994 unter dem Titel „Die letzten Tage der Menschheit - Bilder des Ersten Weltkrieges“ im Berliner Alten Museum präsentierte. Auch die Ausstellung „Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg 1914-1918“, 1998 ausgerichtet vom Osnabrücker Museum Industriekultur, verdiente höchstes Lob für die Ausstellungskonzeption, die gut präsentierten und erläuterten Exponate sowie den vorzüglichen Katalog.
Die amerikanische Aggression in Vietnam ist in Europa und Nordamerika als „der Vietnamkrieg" bekannt. Sinnvoller wäre es aber, den Konflikt im Kontext von nationalen Befreiungskriegen als „Indochinakonflikt" zu bezeichnen. Es handelte sich um mehrere Kriege, die miteinander verwoben sowie durch lokale, metropolitane und internationale Faktoren geprägt waren. Der Indochinakonflikt verdeutlicht die Handlungsautonomie von Klientelsystemen im Kalten Krieg; er verweist auf die ideologische und machtpolitische Fragmentierung des so genannten kommunistischen Blocks. Unterhalb der Ebene der globalen Auseinandersetzung war das System des Kalten Krieges multipolar konfiguriert.
Kolonialkrieg, Globalstrategie und Kalter Krieg. Die Emergencies in Malaya und Kenya 1948–1960
(2005)
Kein Staat der Welt hat während des Kalten Krieges öfter Krieg geführt als Großbritannien. Obwohl das Königreich ein Hauptakteur des Ost-West-Konfliktes und die größte Kolonialmacht der Erde war, erklären sich diese „heißen Kriege" im Kalten Krieg weder aus der Blockkonfrontation noch aus der Logik eines kolonialen Freiheitskampfes wirklich hinreichend. Man kann diese Kriege nur verstehen, wenn man sie als Resultate einer auf die Weltmachtrolle und das Selbstverständnis als Imperialmacht zentrierten Kollektivmentalität in den politischen und militärischen Eliten des Mutterlandes begreift. Die „heißen Kriege" waren in erster Linie ein Ausfluss globalstrategischen Sicherheitsdenkens. Der Artikel zeigt dies am Beispiel der Emergencies (Ausnahmezustände) in Malaya und Kenya, die für die strategische Verteidigung der Indikregion bedeutsam waren.
Der erste „neue Krieg“? Staatszerfall und Radikalisierung der Gewalt im ehemaligen Jugoslawien
(2005)
Der jugoslawische Sukzessionskrieg der 1990er-Jahre ist fälschlich als Prototyp einer in aller Welt beobachtbaren Form des „neuen Krieges" gedeutet worden. Er kann jedoch weder hinsichtlich seiner Ursachen noch in Bezug auf seine äußere Gestalt als „neuartig" bezeichnet werden. Charakteristische Motive, Instrumente und Ausdrucksformen des Konflikts waren bereits während der Balkankriege 1912/13 sowie im Zweiten Weltkrieg gang und gäbe. Jedoch hat die besondere Medialisierung dieses ersten bewaffneten Konflikts auf europäischem Boden nach 1945 die Merkmale „informeller" Kriegsführung stärker in das Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit gerückt. Nicht die Gestalt des Krieges an sich war neu, sondern die Art, wie er von außen wahrgenommen und später interpretiert wurde.
In den 1970er- und 1980er-Jahren galt die militärgeschichtliche Forschung in der Bundesrepublik als sehr konservativ. Viele sich als progressiv verstehende Geschichtswissenschaftler und -lehrer betrachteten eine zu intensive Beschäftigung mit Militär und Krieg als politisch verfehlt, pädagogisch gefährlich und wissenschaftlich anachronistisch. Zwar wurde „Militarismus“ als historisches und soziologisches Phänomen erforscht sowie „historische Friedensforschung“ zum Postulat der Geschichtsdidaktik gemacht, doch entfernte man sich in „pazifistischem Affekt“ (Jan Philipp Reemtsma) von der konkreteren Realität des Gewalthandelns und der militärischen Vergesellschaftung. Dies war einerseits verständlich und aus heutiger Sicht dringend geboten, um die preußisch-deutschen Traditionen einer Glorifizierung des Militärs und einer anwendungsorientierten Operationsgeschichtsschreibung zu überwinden. Andererseits wurden durch die dezidierte Abkehr vom Militärischen viele Gegenstandsbereiche ausgegrenzt, die zum Verständnis der deutschen und internationalen Geschichte besonders des 19./20. Jahrhunderts essenziell sind.
Auch gut zehn Jahre nach dem militärgeschichtlichen Paradigmenwechsel, den John Keegan 1993 eingeleitet hatte, fällt es schwer, Chancen und Fallstricke des schwerbewaffneten „cultural turn“ gegeneinander abzuwägen. In seinem Werk „A History of Warfare“ - das zwei Jahre später ebenso programmatisch wie problematisch unter dem deutschen Titel „Die Kultur des Krieges“ erschien - hatte Keegan zu einer radikalen Abkehr von den traditionellen Perspektiven der Militärgeschichtsschreibung aufgerufen. In der Nachfolge von Clausewitz habe die Forschung das Phänomen Krieg falsch kontextualisiert und irrtümlich dem Beziehungsgeflecht von Staat und Politik zugeordnet. Anstatt den Krieg als „Fortführung der Politik mit anderen Mitteln“ zu definieren, sei es angebrachter, ihn als „Fortführung der Kultur mit ihren eigenen Mitteln“ zu analysieren.
Das Beschreibungs- und Erklärungsmodell der „neuen Kriege“, wie es vor allem der Politologe Herfried Münkler entwickelt und publizistisch äußerst wirkungsvoll vertreten hat, kommt ohne die Berücksichtigung der medialen Faktoren nicht mehr aus. An wesentlichen Stellen seiner scharfsinnigen historischen Phänomenologie des Krieges, die gerade durch die Konfrontation der Aktualität mit den Erscheinungsformen der vormodernen Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts ihre besondere Prägnanz gewinnt, wird immer wieder auf die gewandelte Rolle des Fernsehens verwiesen. In den kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten beiden Jahrzehnte werde der Kampf mit Waffen „zunehmend durch den Kampf mit Bildern konterkariert“. TV-Kamerateams seien für die Kriegsparteien inzwischen ein beliebig handhabbares Instrument der Aufmerksamkeitssteuerung, ja die durch Fernsehbilder erst hergestellte „Weltöffentlichkeit“ sei zur „Ressource“ des Krieges geworden. Münklers Argumentation kulminiert dann in der These, die „Verwandlung der Berichterstattung über den Krieg in ein Mittel seiner Führung“ bedeute den „wahrscheinlich größte[n] Schritt bei der Asymmetrisierung des Krieges“. Ein Hauptbefund der Studie, die Ablösung der staatlich monopolisierten Kriege durch radikal asymmetrische Formen der Auseinandersetzung, wird also am Medium Fernsehen festgemacht - alles deutet darauf hin, dass Münklers Konzept der „neuen Kriege“ eine umfassende Theorie ihrer medialen Repräsentation quasi mitformuliert. Doch dieser Eindruck täuscht. Die medialen Spiegelungen der kriegerischen Ereignisse und vor allem der audiovisuelle Diskurs des Fernsehens werden nur am Rande beachtet; Münkler belässt es bei Anmerkungen und Anfügungen. Nur eingestreut wird der Hinweis, man dürfe den „wachsenden Einfluss der Medien auf die politischen Entscheidungsabläufe“ nicht unterschätzen. Dabei bietet Münklers Konzept der „neuen Kriege“ eigentlich alle Voraussetzungen, um eine solche Beiläufigkeit zu überschreiten, denn optisch-visuelle Begriffe fungieren als Grundkategorien: „Erscheinungsformen“ und „Erscheinungsweisen“ der „neuen“ Realitätsformationen sollen aufgezeigt werden. Alles kreist um die Problematik der Sichtbarkeit; eine unübersichtliche „Gemengelage“ wird als das hervorstechendste Charakteristikum der aktuellen Kriege kenntlich gemacht.