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Gegenbilder. Reflexionen zum (Selbst-)Zeugen in der aktuellen Migrationsgeschichte: Das Archivio Memorie Migranti

  • »Man erinnert sich nicht, sondern man schreibt das Gedächtnis um, wie man die Geschichte umschreibt. Wie sollte man sich an den Durst erinnern?«, fragt sich der Schriftsteller, Fotograf und Regisseur Chris Marker (1921–2012) in seinem Filmessay »Sans Soleil« (1983). Damit weist er auf die Kluft zwischen Erfahrung und Erinnerung hin, die stets das Ergebnis reflexiver Prozesse ist. Er deutet des Weiteren einen Aspekt an, der für Historiker*innen von beträchtlicher Relevanz ist: den konstruktiven Charakter des Selbstzeugnisses. Nicht erst die historische Erzählung, sondern schon das Elementarteilchen der Geschichtsschreibung, das (Selbst-)Zeugnis, ist seit jeher das Ergebnis eines kontinuierlichen Prozesses der Neu- bzw. Umschreibung. Denn auf der einen Seite unterliegen Zeugnisse selektiven Wahrnehmungs- und Gedächtnismechanismen, auf der anderen ändern sie sich im Laufe der Zeit durch die Interaktion mit neu eingetretenen Erfahrungen und kollektiven Anstößen. Die negative Kehrseite dieser Verformbarkeit kommt bei der Manipulation und Instrumentalisierung von Zeugen durch Politik und Medien ans Licht, worüber Historiker*innen in den letzten Jahrzehnten intensiv reflektiert haben. Jedes (Selbst-)Zeugnis muss daher als eine Momentaufnahme in einem Prozess der Erinnerungsverarbeitung angesehen und entsprechend kritisch im Kontext seiner Entstehung und späteren Rezeption analysiert werden. Ohne Zeugnisse damit dem Bereich des Fiktiven zuzuordnen, bezweckt diese kritische Auseinandersetzung, ihnen die Qualität der Reinheit, Ursprünglichkeit und Beständigkeit, der Unmittelbarkeit des Zugangs zur Vergangenheit und der Individualität abzusprechen und sie in den Horizont sinnbildender Prozesse zurückzuführen.

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Verfasserangaben:Lisa RegazzoniGND
URL:https://www.zeithistorische-forschungen.de/3-2018/id=5622
DOI:https://doi.org/10.14765/zzf.dok.4.1298
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Zeithistorische Forschungen - Studies in Contemporary History
Verlag:ZZF – Centre for Contemporary History: Zeithistorische Forschungen
Verlagsort:Potsdam
Dokumentart:Wissenschaftlicher Artikel (Zeitschrift)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):03.12.2018
Datum der Erstveröffentlichung:03.12.2018
Datum der Freischaltung:07.12.2018
Jahrgang:15
Ausgabe / Heft:3
Erste Seite:559
Letzte Seite:575
ZZF-Zeitklassifikation:1945-
2010er
21. Jahrhundert
ZZF-Themenklassifikation:Migration
Politik
Medien
Public History
Transnationale Geschichte
Film
Flucht und Vertreibung
Oral History
Wissenschaft
Wissen
Zeitzeugen
ZZF-Regionalklassifikation:regional übergreifend
Europa / Südeuropa / Italien
Online-Portale:Zeithistorische Forschungen
Zeithistorische Forschungen: Originalbeiträge:3 / 2018 Flucht als Handlungszusammenhang
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