Mit den Augen der Statistiker. Deutsche Kategorisierungspraktiken von Migration im historischen Wandel
- Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie Migration durch Statistik sozial relevant wird. Welche Kategorien kommen dabei zum Einsatz? Zuerst wird die historische und wissenssoziologische Perspektive erläutert. Im zweiten und dritten Teil werden historische Umbrüche in der Kategorisierung von Migration am Beispiel der amtlichen Statistik im Deutschen Kaiserreich und in der Bundesrepublik Deutschland skizziert. Der Fokus verschob sich von Migration als Ein- und Ausreisebewegung zu Migration als Alteritätszuschreibung (gestützt auf die Kategorie »Migrationshintergrund« ab 2005). Vor diesem Hintergrund wird im letzten Teil gezeigt, wie sich vergangene und aktuelle Kategorisierungen von Geflüchteten mit der Migrations- und Integrationssemantik verbanden bzw. verbinden. Über die Rekonstruktion der semantischen Brüche und Kontinuitäten hinaus dient die historische Kontextualisierung dem Ziel, heute gängige Kategorien für Migration und Flucht besser reflektieren zu können, die in der Wissenschaft, Politik und Verwaltung verwendet werden.
- How do statistics contribute to the social making of migration? What categories are involved in this process? The first part of the article outlines the historical and sociological perspective on knowledge adopted here. In the second and third parts, historical ruptures and continuities in migration categorisation are traced, looking at official statistics in the German Empire and the Federal Republic of Germany. In the German Empire, migration was used in official statistics as a category describing the movement and mobility of people. Since 2005, the term ›migration background‹ (Migrationshintergrund) has been used in Germany as a category for the description of people themselves. The final part of the article therefore analyses the connections between this semantics of migration and integration on the one hand and past and present categorisations for refugees on the other. Besides reconstructing historical and semantic shifts, the paper aims to historically contextualise and thus reflect on the categories that are used to speak about migration and flight in research, administration and politics today.