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Keywords
Von den Begriffen ging in der Bundesrepublik ein besonderer Zauber aus. Was heute in den Kulturwissenschaften die grassierende Dauerrede vom »Bild« ist, war über lange Jahre der »Begriff« – der akademische Universalschlüssel zum Verstehen der modernen Welt. Nicht nur fielen die Grundbegriffe in der »Sattelzeit« an der Schwelle zur Moderne nach Reinhart Kosellecks Diagnose aus ihrem alten »Erfahrungsraum« und streckten sich nach einem neuen »Erwartungshorizont« – die Begriffsgeschichte selbst bildete in den Sechziger Jahren einen intellektuellen Erwartungshorizont aus. Wer die Begriffe zu lesen verstand – so stand an diesem Horizont geschrieben – der werde ganz neu über die geheimen Bewegungsgesetze der Moderne aufgeklärt.
Geschichtsmagazine machen sich die ungebrochene Faszination des Vergangenen auf unterschiedliche Weise zu nutze. Dabei hat das Prinzip »Je weiter in der Vergangenheit, umso interessanter« zwar nicht uneingeschränkt Gültigkeit; zeitgeschichtliche Themen füllen in den Magazinen jedoch nur einen kleinen, wenn auch festen Platzaus. Im Folgenden möchte ich versuchen, spezifische Inhalte und Darstellungsprinzipien der Zeitgeschichte in den Magazinen näher zu beschreiben und im Hinblick auf die Positionierung der Magazine zu vergleichen. Dazu kommt u.a. das gemeinsam mit den Teilnehmern des Panels »Zeitgeschichte in populären Printmedien« konzipierte Untersuchungsraster zum Einsatz, dessen Nutzen parallel zur Analyse sowie noch einmal abschließend diskutiert werden soll.
Die Darstellung von Geschichte in unterschiedlichsten populären Medienformaten ist kein neues Phänomen, wohl aber eines, das in jüngerer Zeit einen bislang ungekannten Aufschwung erfahren hat, und zwar nicht nur im euro-amerikanischen Raum, sondern weltweit. Geschichtsbewusstsein wird in institutionellen wie in kommerziellen Formen, in Schulbüchern und in Denkmälern, Themenparks, Ausstellungsevents, filmischen Darstellungen und ›Erinnerungsliteratur‹ artikuliert, rezipiert, verhandelt.
Dass Zeitgeschichte wissenschaftliche Aufklärung sei, wissen wir spätestens seit den programmatischen Aufsätzen von Christoph Kleßmann. Aber welche Art von Aufklärung ist damit gemeint? Gewiss, Wissenschaftler belehren immerfort einander, unter ständiger Infragestellung ihrer Theorien und Forschungsprodukte, aber das ist banal und bedürfte keiner Hervorhebung.
„Wir, die Historiker und Biographen“. Zur Gattungspoetik des historischen Sachbuchs (1945–2000)
(2008)
Das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Neuanfang auf dem deutschen Buchmarkt der Nachkriegszeit stellen für eine Gattungsgeschichte des historischen Sachbuchs im 20. Jahrhundert einen doppelten Umbruch dar. Mit dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und dem äußeren Zusammenbruch der bisherigen Ordnung bot sich der für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wichtigste Themenbereich geradezu von selbst an. Darüber hinaus konnte sich die Gattung des historischen Sachbuchs erst jetzt strukturell klarer entwickeln und seit den 60er Jahren auch begrifflich deutlicher in Erscheinung treten. Dennoch beginnt eine Gattungsgeschichte des historischen Sachbuchs nicht erst auf dem entstehenden Buchmarkt der 1950er Jahre. Zwar lassen sich nun wesentliche Veränderungen und Umbrüche feststellen, doch sind gerade bei einem so konservativen Buchmarktsegment wie der Geschichtsschreibung längerfristige Traditionslinien und Kontinuitäten von großer Bedeutung.
Bis vor wenigen Jahren noch konnte der Jurist Raphael Lemkin als ein weitgehend in Vergessenheit geratener Immigrant polnisch-jüdischer Herkunft beschrieben werden. Als Lemkin 1959 in New York City verstarb, war er so mittellos und in Elend geraten, dass das American Jewish Committee sein Begräbnis und seine Bestattung bezahlen musste. Erst 2001 wurde Lemkin der Vergessenheit entrissen, als das Internationale Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien sowie das Ruanda-Tribunal die ersten Urteile für das Verbrechen des Völkermordes fällten.
Zunächst ein Beispiel, an dem sich die Ausgangssituation industriebetrieblichen Ordnungsdenkens und social engineerings vergegenwärtigen lässt: Es geht um einen Besuch Willy Hellpachs im Daimler-Werk in Stuttgart/Untertürkheim. Hellpach besichtigte Daimler auf Einladung Eugen Rosenstock-Huessys, zu dieser Zeit Redakteur der »Daimler Werkzeitung«, um den sozialpsychologischen Folgen und Wirkungsgrenzen von Betriebsreformen im Allgemeinen und der Gruppenfabrikation im Besonderen auf die Spur zu kommen.
Strategien der Sicherung: Welten der Sicherheit und Kulturen des Risikos. Theoretische Perspektiven
(2010)
Auch wenn Sicherheit und Risiko auf den ersten Blick gegensätzliche Dispositionen bezeichnen, haben sie doch einen gemeinsamen Ursprung: die Begrenzung oder Vermeidung von Gefahr und die Abwehr von Bedrohung, bei der sie konkurrierende, mitunter aber auch komplementäre Wege gehen. Das Unverfügbare, das nicht Vorhersehbare, das mit Übermächtigung Drohende wird bearbeitet – im einen Fall unter dem Imperativ der Herstellung von Sicherheit bzw. der Entwicklung von Strategien, die gegen den Einbruch von Gefahren und das Auftauchen von Bedrohungen absichern, diese ›draußen‹ halten und so Räume schaffen, die sich von ihrer Umgebung durch ein deutlich höheres Sicherheitsniveau unterscheiden; im anderen Fall durch die Entwicklung von Arrangements, die Gefahr und Bedrohung berechen- und kalkulierbar machen.
In seiner 1947 erschienenen Darstellung der »Lingua Tertii Imperii«, der Sprache des Dritten Reiches, beschrieb Victor Klemperer die Motive für die Publikation seiner Aufzeichnungen. Nach dem Ende des Krieges, »wo die Gefahr vorüber war und ein neues Leben sich vor mir auftat, da fragte ich mich doch, womit ich es nun zuerst anfüllen sollte, und ob es nicht Eitelkeit und Zeitvergeudung sein würde, wenn ich mich in die angeschwollenen Tagebücher versenkte ... Bis mich ein Wort zum Entschluss brachte.
Die Medialisierung von Politik und Gesellschaft hat zweifellos mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine neue Qualität erfahren. Diese ist mit dem Rundfunk, der in Deutschland zum ersten Mal auf dem Höhepunkt der Inflation, im Oktober 1923, auf Sendung ging, entscheidend befördert worden. Das Radio fungierte für die folgenden dreißig bis vierzig Jahre als Leitmedium, das als Ikone des Modernen und der Moderne galt.