DDR
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Für alle modernen Gesellschaften stellt die aus transnationaler Migration resultierende interkulturelle Begegnung eine fundamentale Herausforderung dar. Obwohl die DDR eindeutig als Ausreise- und nicht als Einwanderungsgesellschaft charakterisiert werden kann, galt dies auch für den SED-Staat. In der historischen DDR-Forschung ist jedoch dem Umgang mit Fremden und den Bedingungen des Fremd-Seins in der staatssozialistischen Diktatur bislang eher geringe Aufmerksamkeit gewidmet worden. Der vorliegende Band setzt - wie das ihm zugrunde liegende Forschungsprojekt „Fremde und Fremd-Sein in der DDR“ - an diesem Desiderat an.
Die Gesellschaft sozialistischer Staaten wird oft als „arbeiterlich“ bezeichnet. Unabhängig davon, ob man dieser Pointierung folgt oder nicht, ist wohl sicher, daß diese Gesellschaften in hohem Maße von Arbeit geprägt waren. Mit dem Themenkreis „Arbeitsbeziehungen, Arbeitsverhältnisse, Arbeiterexistenzen“ wird also ein Bereich berührt, der eins der wichtigsten Laboratorien staatssozialistischer Politik war. Die besondere Bedeutung der Arbeitswelt sozialistischer Staaten betont auch Peter Hübner in seinem Beitrag. Er weist darauf hin, daß diese Sphäre seit 1989 eine nachträgliche, überwiegend positive Bewertung durch die ehemalige Bevölkerung erfahren habe und sie darum heute einen zentralen Bezugspunkt sentimentaler Rückschau darstelle.
Der in der DDR seit 1945 propagierte Bereich der „kulturellen Massenarbeit“ mit seinem Erziehungs-, Demokratisierungs- und „Hebungs“-Anspruch bildet immer noch ein weitgehend unbearbeitetes Feld in der neueren sozialhistorischen Forschungslandschaft. Die Existenz betrieblicher Kulturarbeit wird als Phänomen zwar erwähnt, bildet jedoch ein Forschungsdesiderat, das lediglich ein Aufsatz der französischen Historikerin Sandrine Kott aus dem Jahr 1999 thematisiert. Auch der Kulturwissenschaftler Horst Groschopp befaßte sich in den neunziger Jahren eingehend mit dem Phänomen der Breitenkultur in der DDR. Das beinhaltet die aus der Geschichte der Arbeiterbewegung übernommenen Kulturvorstellungen, die Idee der Kulturhäuser und die Professionalisierung der „Kulturarbeiter“. Die von der Einheitsgewerkschaft organisierte Kulturarbeit findet in Groschopps Aufsätzen jedoch kaum Eingang. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß selbst in den neueren Monographien zur Geschichte des FDGB Kulturarbeit keine Beachtung findet, obwohl in dessen Organisationsstruktur gewerkschaftliche Kulturarbeit (von der Ebene des Bundesvorstandes bis in die Betriebe) seit 1946 institutionell verankert war.
Der Entwicklung der Einkommen in den Ostblockländem lag ein Widerspruch zwischen den ideologischen und legitimatorischen Grundlagen des ihnen eigenen staatssozialistischen Systems auf der einen und den wirtschaftlichen Erfordernissen auf der anderen Seite zugrunde. Die in diesen Staaten herrschenden kommunistischen Parteien vertraten den Anspruch, die sozialistische Utopie von materieller Gleichheit und Gerechtigkeit verwirklichen zu können. Jedoch wurde diese Idee von den Führungen jener Parteien auch instrumentalisiert, um ihre Macht zu legitimieren. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit faszinierte an dieser Vision besonders die Annahme, auf der Basis gesellschaftlichen Eigentums und gesamtwirtschaftlicher Planung Vollbeschäftigung garantieren zu können. Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit wurde für den Staatssozialismus zu einem wesentlichen Wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ziel und damit zu einer weiteren legitimatorischen Grundlage. Auf dem sozialisierten Eigentum an den Produktionsmitteln beruhte auch die Vorstellung, daß die Arbeitskraft - im Unterschied zum Kapitalismus, für den das Marx herausgearbeitet hatte - ihren Warencharakter verlieren werde. Da alle Gesellschaftsmitglieder Eigentümer der Produktionsmittel seien, müßten sie ihre Arbeitskraft nicht mehr an die Besitzer der Produktionsmittel verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der damit letztlich zu verwirklichende Gleichheitsanspruch war jedoch nicht absolut, sondern stand latent im Widerspruch zu dem Erfordernis, auch in diesem als Alternative zur liberalen Wettbewerbswirtschaft gedachten System Wirtschaftswachstum inklusive Produktivitätssteigerung zu gewährleisten.