Grüne Wiesen, graue Wellen. Nationalistische Narrative über den Deich auf nordfriesischen Postkarten, 1930-1936
- Der vorliegende Beitrag zeigt exemplarisch, wie durch die Untersuchung visueller Quellen eine neue Perspektive auf die kultur-, umwelt- und technikgeschichtlichen Dimensionen der Landgewinnung eröffnet werden kann. Anhand ausgewählter Postkarten aus den 1930er Jahren wird dargelegt, dass die Grafiker:innen und Fotograf:innen der lokalen Verlagshäuser die Küstenlandschaft in die zwei klar abgegrenzten Entitäten Meer und Land teilten, die nur durch Deichbau und Landgewinnung voneinander zu trennen waren. Sie zeigten auf den Postkarten aus dem Untersuchungssample stets eine von zwei Perspektiven: erstens den Blick von einem intakten Deich nach Osten auf das ruhige, meist agrarisch genutzte Land; zweitens den Blick nach Westen auf das Meer, das während einer Sturmflut am Deich hinaufsteigt und dem Land gefährlich nahekommt. Die Darstellungen auf den Postkarten konzentrierten sich auf den Deich als Instrument zur Verteidigung des Landes vor den Kräften der Natur, mit dem der Mensch dem Meer neue landwirtschaftliche Flächen abrang. Sie bekräftigten damit das nationalistische Narrativ des „Culturwerke[s] der Landgewinnung“, nach dem „deutsche Ingenieurskunst“ die Marschgesellschaft schützte und dem Staat durch die Erschließung neuer Landwirtschaftsflächen ökonomische Vorteile einbrachte.