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Sehnsüchte nach genetischer Eindeutigkeit. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (1927–1945) und sein Erbe

  • Ab 2016 wurden in der Bundesrepublik Forderungen von Politiker:innen laut, in der Strafverfolgung erweiterte DNA-Analysen zuzulassen. Würden an einem Tatort DNA-Spuren gefunden, sollten diese nicht mehr allein genutzt werden dürfen, um zu überprüfen, ob sie mit einem Eintrag in der DNA-Datenbank des BKA übereinstimmen oder um das chromosomale Geschlecht der Person zu bestimmen. Durch das neue Verfahren sollten auch Erkenntnisse über die „biogeographische Herkunft“ und über die Augen-, Haar- und Hautfarbe der unbekannten Person (sogenannte „Phänotypisierung“) gewonnen werden können. Gegen diese Forderungen gab es erhebliche Kritik. Wissenschaftsforscher:innen und Minderheitenverbände wiesen u.a. darauf hin, dass mit dem Verfahren keineswegs individuelle äußerliche Merkmale aus der DNA direkt „abgelesen“ würden. Es handelt sich hingegen um ein statistisches Verfahren, das durch den Abgleich vorgefundenen Erbmaterials mit genetischen Datenbanken lediglich Wahrscheinlichkeiten aufstellt. Zudem ergäben sich die ermittelten Herkunftskategorien keineswegs aus genetischen Fakten, sondern seien Ergebnis historisch gewachsener gesellschaftspolitischer Konstruktionen darüber, welche Menschen eine Gruppe bilden. Eindeutige Aussagen über die „Herkunft“ einer Person oder gar über deren Aussehen ließen sich dadurch jedenfalls nur selten machen. Dennoch stimmte der Bundestag im Mai 2019 der Einführung zumindest der Phänotypisierung zu. Was diese verspricht, kommt der alten Sehnsucht entgegen, eine eindeutige Verbindung zwischen Erbgut einerseits und Aussehen und „Herkunft“ von Menschen andererseits herzustellen.

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Verfasserangaben:Manuela BaucheGND
URL:https://zeitgeschichte-online.de/themen/sehnsuechte-nach-genetischer-eindeutigkeit
DOI:https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2209
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Dossier: Restitution und Postkolonialismus. Zeitgeschichtliche Perspektiven auf die Debatten der Gegenwart
Verlag:ZZF - Centre for Contemporary History: Zeitgeschichte online
Dokumentart:Online-Publikation
Sprache:Deutsch
Datum der Erstveröffentlichung:16.02.2021
Datum der Freischaltung:02.06.2021
ZZF-Regionalklassifikation:Europa / Westeuropa / Deutschland
ZZF-Themenklassifikation:Nationalsozialismus
Gewalt
Faschismus
Bevölkerung
Bildung und Universitäten
Dekolonisation
Medizin
Naturwissenschaften
ZZF-Zeitklassifikation:1900-1945
Online-Portale:Zeitgeschichte online
(Themen-)Dossier(s):zeitgeschichte|online / Restitution und Postkolonialismus. Zeitgeschichtliche Perspektiven auf die Debatten der Gegenwart
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