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Ausweisungsgrund: »Außereuropäisch«. People of Color und die Entstehung des bundesdeutschen Abschieberegimes

  • Das westdeutsche Abschieberegime entstand im Kontext der Problematisierung von People of Color, die seit 1950 in die Bundesrepublik einreisten, um dort ein Studium oder eine Ausbildung aufzunehmen. Die junge Republik lud Menschen aus sich dekolonisierenden Ländern zunächst ein, um sich von der Rassenideologie des National- sozialismus zu distanzieren und sich gegenüber dem Sozialismus zu profilieren. Dabei bestand jedoch weiterhin die im Kern völkische Prämisse, dass People of Color nicht langfristig bleiben sollten. Die Herstellung ihrer Rückführbarkeit manifestierte sich in der Rechts-, Verwaltungs- und Betreuungspraxis lokaler Behörden und Wohlfahrtsverbände, wodurch diese Prämisse in das Ausländergesetz von 1965 einging. Das Gesetz machte insbesondere »außereuropäische« Migrant*innen abschiebbar, denen es pauschal kriminelle Täuschungsabsichten und extremistische Politisierung unterstellte. Es verrechtlichte zudem eine pseudomoralische Rückkehrpflicht von People of Color unter Verweis auf ihren Entwicklungsauftrag in den Herkunftsländern und auf tradierte Geschlechterrollen. Diese Normen waren in der Bundesrepublik permanent abrufbar und wurden sukzessive auf andere Migrant*innen angewandt. West Germany’s deportation regime emerged in the 1950s and 1960s, when people of color migrated there to graduate from West German universities and receive voca- tional training. Distancing itself from the Nazis’ racial ideology and styling itself a liberal alternative to socialism, the young Federal Republic initially invited people from decolonizing countries. However, the substantially völkisch idea persisted that people of color could never belong to the Federal Republic and should leave the country sooner rather than later. The ensuing construction of their returnability manifested itself in juridical, administrative and aid practices shaped by local authorities and welfare associations, and found its way into the Aliens Act of 1965. This law made ›non-Euro- pean‹ migrants, in particular, deportable by declaring them collectively fraudulent, politically radicalized, and therefore criminal. At the same time, the Aliens Act evoked a pseudo-moral duty of return to develop their countries of origin, and referred to traditional gender roles to deport female partners. These norms remained anchored throughout in West Germany’s history and were successively applied to other migrants.

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Verfasserangaben:Florian WagnerORCiDGND
URL:https://zeithistorische-forschungen.de/1-2023/6103
DOI:https://doi.org/10.14765/zzf.dok-2670
Titel des übergeordneten Werkes (Deutsch):Zeithistorische Forschungen – Studies in Contemporary History
Verlag:ZZF – Centre for Contemporary History: Zeithistorische Forschungen
Verlagsort:Potsdam
Dokumentart:Wissenschaftlicher Artikel (Zeitschrift)
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):02.12.2023
Datum der Erstveröffentlichung:02.12.2023
Datum der Freischaltung:19.12.2023
Jahrgang:20
Ausgabe / Heft:1
Erste Seite:51
Letzte Seite:84
DDC-Klassifikation:9 Geschichte und Geografie / 94 Geschichte Europas / 943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
ZZF-Regionalklassifikation:Europa
Europa / Westeuropa
Europa / Westeuropa / Deutschland
Europa / Westeuropa / Deutschland / Bundesrepublik
ZZF-Themenklassifikation:Gewalt
Migration
Soziales
Politik
Bevölkerung
Transnationale Geschichte
Flucht und Vertreibung
Internationale Beziehungen
Justiz
Menschenrechte
Race
Recht
Soziale Bewegungen
Protest
Verfassung
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21. Jahrhundert
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